Bankenpleite Dero Bank strauchelt über Steuerhinterziehung

Finanzamt-Schild Quelle: dpa

Die Münchner Investmentbank Dero ist insolvent. Schuld daran sind wahrscheinlich auch dubiose Geschäfte eines Kunden. Dem Staat ist dabei ein Schaden in Millionenhöhe entstanden.

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Das Unheil hat sich bereits Anfang Februar angedeutet. Damals verhängte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) ein Moratorium über die Dero Bank. Das kleine Münchner Institut durfte wegen Zahlungsschwierigkeiten seitdem keine Gelder mehr auszahlen oder von Kunden annehmen. Einzige Ausnahme waren Zahlungen von Kunden, die ihre Schulden bei der Bank tilgen wollten.

Keine zwei Wochen später ist die Investmentbank nun pleite. Wie die WirtschaftsWoche berichtet, hat das Amtsgericht München ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Antrag kam von der Bafin mit Zustimmung der Geschäftsleitung der Dero Bank. Die Bafin begründet ihren Antrag mit der „drohenden Zahlungsunfähigkeit“ der Bank.

Was genau der Auslöser für die Schieflage der Bank ist, die sich auf die Betreuung von mittelständischen Unternehmen spezialisiert hat, ist unklar. Sicherlich dürften dabei aber dubiose Geschäfte eines Kunden eine Rolle gespielt haben. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ermittelt wegen „schwerer Steuerhinterziehung“ gegen drei ehemalige und aktuelle Mitarbeiter der Bank. Darunter befindet sich auch Andreas Grosjean, bis Mitte Dezember noch Vorstand der Dero Bank. Dann berief ihn die Bank „aus wichtigem Grund“ ab. Das Institut bestreitet, dass es dabei einen Zusammenhang zu den Ermittlungen gegen Grosjean gibt, doch der Verdacht liegt nahe.

Ein Kunde der Bank, die „gemeinnützige Unternehmergesellschaft“ Kunstraum, soll zwischen April und August 2016 etwa 30 Millionen Euro an Steuern hinterzogen haben. Die drei Banker ignorierten laut Staatsanwaltschaft sämtliche Hinweise auf die Steuerhinterziehung und ließen Kunstraum gewähren. Der Zweck des Unternehmens ist laut Satzung „die selbstlose Förderung von Kunst und Kultur“. Doch ganz so selbstlos hat Kunstraum wohl nicht agiert. Statt um Kunst ging es der Gesellschaft laut Staatsanwaltschaft Frankfurt um Profit.

Probleme mit Kunde, Kunst und Kapitalertragssteuer

Kunstraum handelte über die Dero Bank in großem Stil mit Aktien. Alleine zwischen April und August 2016 sind dabei laut Staatsanwaltschaft Dividenden in Höhe von 117 Millionen Euro angefallen. Auf die hätte Kunstraum eigentlich Kapitalertragssteuer zahlen müssen. Doch das Unternehmen ließ sich als gemeinnützig einstufen und umging so die Steuer. Die Staatsanwaltschaft wirft der Bank nun vor, dass es anhand des regen Aktienhandels hätte erkennen müssen, dass Kunstraum keineswegs gemeinnützig unterwegs war. Die Bank weist die Vorwürfe zurück. Sie habe lediglich ihre Dienste als Depotbank angeboten und den Kunden nicht beraten. Außerdem habe Kunstraum eine Nichtveranlagungsbescheinigung seines Finanzamtes vorgelegt. Damit sei man von Gesetz wegen her verpflichtet, keine Kapitalertragssteuer abzuführen.

In wieweit die Ermittlungen der Auslöser für die Insolvenz der Dero Bank waren, möchte die Bafin nicht kommentieren. Auf die Frage reagiert sie mit Schweigen. Der alleinige Grund für die Insolvenz sind sie aber nicht. Bereits in den Geschäftsjahren 2015 und 2016 schrieb die Bank rote Zahlen. Dabei bereiteten dem Geldhaus die sinkenden Zinsüberschüsse Probleme. Haupteinnahmequelle waren die Provisionserträge der Kunden.

Nicht zum ersten Mal wird die Dero Bank mit Steuerhinterziehung in Verbindung gebracht. 2015 wurde bekannt, dass die Bank mehrheitlich über Mittelsmänner im Besitz von Sanjay Shah war. Gegen den Londoner Investor laufen gleich in mehreren Ländern Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung, darunter auch in Deutschland. Bis März 2016 saß er auch im Aufsichtsrat der Dero Bank. Mittlerweile hat er sich nach Dubai zurückgezogen.

Die Vorkommnisse bei der Bank haben auch die Politik auf den Plan gerufen. So fordert Gerhard Schick, Grünen-Politiker und Mitglied des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, dass die Politik die Lehren aus dem Fall der Dero Bank zieht. „Es wäre völlig merkwürdig, wenn dies der einzige Fall wäre.“ Er befürchtet, dass es auch bei anderen Banken ähnliche Vorfälle gibt. Die Gemeinnützigkeit von Stiftungen werde nicht genau genug von den Bundesländern überprüft.

Schick spricht sich deshalb für mehr Transparenz aus. Es solle öffentlich einsehbar sein, wer als gemeinnützig anerkannt werde. Dann könne die Öffentlichkeit bei der Überprüfung mithelfen. Des Weiteren fordert Schick eine systematische anonymisierte Auswertung von Steuerdaten nach Mustern, welche auf Steuerhinterziehung hindeuten.

Für die Kunden der Dero Bank kommen solche möglichen Gesetzesänderungen zu spät. Ihr einziger Trost: Guthaben bis zu 100.000 Euro sind durch die gesetzliche Einlagensicherung geschützt.

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