Bankenrettungen Wie der JP-Morgan-Chase-Chef die Rettung der First Republic Bank befördern könnte

Jamie Dimon führt bereits seit 2005 JP Morgan Chase. Quelle: REUTERS

Wenn die First Republic Bank gerettet werden kann, kann sich das Management bei Jamie Dimon bedanken. Es ist nicht das erste Mal, dass der JP-Morgan-Chase-Chef seinen Einfluss nutzt, um das Bankensystem zu schützen.

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Die Stimmung im Konferenzraum des Finanzministers war angespannt. Die CEOs der neun größten Banken der USA hatten an einem sechs Meter langen Mahagoni-Tisch platzgenommen und warteten. Sie wussten nicht, worauf. Nur wenige Stunden zuvor waren sie nach Washington zitiert worden. Ohne Begründung. Trotzdem kamen sie, denn dass der Grund für das Meeting ernst sein dürfte, war allen Beteiligten klar gewesen. Es war der 13. Oktober 2008. Und das weltweite Finanzsystem stand vor dem Zusammenbruch.

Um kurz nach 15 Uhr eröffnete Finanzminister Hank Paulson den Bankern, was die US-Regierung für sie geplant hatte. Die Administration würde sich mit Milliardenbeträgen in die wichtigsten Wall-Street-Institutionen einkaufen, um das Vertrauen in den Bankensektor zurückzubringen. Der Politik schwebte eine faktische Zwangskapitalisierung der wichtigsten Kreditinstitute des Landes vor. Zur Not gegen deren Willen.

Es war ein Plan, der nur funktionieren konnte, wenn alle CEOs mitzögen. Doch ob sich die vermeintlichen Masters of the Universe dem Willen des Staates beugen würden, war alles andere als sicher. Doch dann erhob Jamie Dimon, CEO von JP Morgan Chase, das Wort. „Wo soll ich unterschreiben?“, fragte er. Kurz darauf hatten alle anderen Bankenlenker nachgezogen. Die Maßnahme wirkte. Die staatlichen Zwangshilfen brachten das Vertrauen zurück ins globale Finanzsystem.

Die US-Regionalbanken drängen darauf, sämtliche ihrer Einlagen zu versichern. Doch der Fonds, der im Zweifelsfall einspringen müsste, ist schon jetzt nicht ausreichend gefüllt.
von Julian Heißler

Ob der Plan ohne Dimons Unterstützung aufgegangen wäre, ist offen. Doch der CEO wusste seinen Einfluss zu nutzen, um seine Branche insgesamt zu schützen. Heute, da sich die Verunsicherung erneut im Bankensystem eingenistet hat, ist es wieder der Chef von Amerikas größtem Kreditinstitut, der versucht eine Lösung herbeizuführen.

Dimon ist eine einmalige Figur in der Finanzwelt. Bereits seit 2005 führt er JP Morgan Chase. Er ist heute der einzige CEO einer Großbank, der schon zu Zeiten der Lehman-Krise auf seinem Posten saß. Vielleicht bringt er sich deshalb derzeit wieder besonders ein. Aktuell, so meldet das „Wall Street Journal“, arbeitet Dimon daran, gemeinsam mit anderen Banken eine Lösung für die wackelnde First Republic Bank zu finden. Die Regionalbank aus San Francisco kommt aus den Problemen nicht heraus. Seit der Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) befindet sich ihr Kurs im Sinkflug. Ihre Kreditwürdigkeit wurde längst auf Ramschniveau herabgestuft. Trotzdem bemüht sich Dimon, das Institut zu stützen. Zu groß wäre die Gefahr einer weiteren Bankenpleite für das ganze System.

Bereits am Sonntag nach dem SVB-Crash versuchte die First Republic, ihre Kunden zu beruhigen. Man habe Zugriff auf frisches Geld, verkündete das Institut. Bereitgestellt hatten die Mittel die Zentralbank Fed – und JP Morgan Chase. Als das nicht ausreichte, um die Sorgen zu zerstreuen, platzierte eine Gruppe von Banken 30 Milliarden Dollar an Einlagen bei den Kaliforniern. Wieder hatte Dimon die Führung übernommen. Auch bei den jetzigen Gesprächen soll er federführend sein.




Dass der 67-Jährige im Bankensektor die Rolle des Klassensprechers übernommen hat, hängt mit seinem Standing in der Branche zusammen. Dimon kommt aus einer Banker-Familie, gilt als „Wall Street Royalty“. Doch es ist nicht allein seine Herkunft, die seinen Ruf begründet. Dimon hatte vor der Finanzkrise früher als andere gesehen, was auf den Sektor zukommt und JP Morgan Chase entsprechend vorbereitet – unter anderem mit einem drakonischen Sparkurs. Doch das zahlte sich aus. Während andere Banken sich gegen den Zusammenbruch stemmen mussten, galt seine Bank plötzlich als die stärkste an der Wall Street. Als im Frühjahr 2008 die Investmentbank Bear Stearns in Schwierigkeiten kam, drängte die US-Regierung deshalb Dimon, das strauchelnde Institut zu übernehmen. Sein Haus wurde als Feuerwand gegen die aufziehende Katastrophe angesehen. Dimon griff zu, allerdings nicht ohne sich üppige staatliche Unterstützung zusichern zu lassen.

Der Schritt verwandelte den Bankenchef in der öffentlichen Wahrnehmung über Nacht vom grauen Kostensenker in einen genialen Finanzvisionär. Seitdem ist sein Ruhm nur gewachsen. Dimon gilt als brillanter CEO, als jemand, der das Ohr von Staatenlenkern und Präsidenten hat. Zeitweise führte er neben seinem Bank-Job noch den Business Roundtable, die mächtige Lobbyorganisation der amerikanischen Großunternehmen. Auf seine Meinung wird gehört. Auch deshalb hat er die Glaubwürdigkeit, eine Rettung für die Krisenbank First Republic anzugehen.

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Wie diese allerdings aussehen wird, ist derzeit noch unklar. Laut „Wall Street Journal“ könnten die 30 Milliarden in Einlagen in eine direkte Kapitalinfusion umgewandelt werden, doch ob es so kommt, ist offen. Derzeit arbeitet eine Gruppe Investment Banker daran, eine Lösung für das Institut zu finden. Das Team gehört – natürlich – zu JP Morgan Chase.

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