Blick in die Bankengeschichte Warum die Deutschen die Sparkasse so schätzen

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Bei dir mischen sich öffentliche und private Sphäre

Langweilig, aber kann nicht pleitegehen: Das Logo einer Sparkasse in München wird gereinigt Quelle: dpa

Damit wären wir wieder bei der Finanz- und Schuldenkrise, die uns seit Jahren plagt. Kurz gesagt, lässt sich die Ursache für beide Krisensymptome - den Beinahezusammenbruch des Finanzsystems 2008 und die heute drohende Auflösung der Euro-Zone - auf eine Formel bringen: „Im Kern geht es um zu hohe Verschuldung und zu wenig Ersparnisse.“

Dieser Satz, den ich beim amerikanischen Historiker Sheldon Garon gelesen habe, lässt mich nicht mehr los. Garon hat das Buch „Beyond Our Means“ - „Über unsere Verhältnisse“ - geschrieben. Riesige Kreditüberhänge finden ihr Spiegelbild in undurchschaubaren, spekulativen Anlageinstrumenten, die vom Volumen her das solide Sparen, mit dem solide Investitionen finanziert werden, in den Schatten stellen.

Auch aus diesem Blickwinkel bildest Du, liebe Sparkasse, das Gegenbild zu den großen privaten Instituten, die darauf ausgelegt sind, möglichst große Gewinne einzufahren und deshalb schnell das Maß zu verlieren drohen.

Du gehörst zu einem besonderen Reich, meine Sparkasse. Einem Reich, in dem sich auf eigentümliche Weise die öffentliche und die private Sphäre mischen. Du bist damit eine deutsche Besonderheit. Anders als die Geschäftsbanken wolltest Du von Anfang an sein.

Anders als die Geschäftbanken

Jahrhundertelang hatten die feinen Bankiers fast ausschließlich mit Kaufleuten, Händlern oder Herrschern Geschäfte gemacht. Der einfache Mensch von nebenan, die breite Bevölkerung, Menschen wie ich, bekamen keinen Zugang zu Banken und nicht die Möglichkeit, Geld anzulegen oder auszuleihen. Das änderte sich dank Dir.

Wie ich nachgelesen habe, waren es im 17. Jahrhundert französische und britische Intellektuelle wie der Schriftsteller Daniel Defoe, die erstmals dafür eintraten, auch ärmeren Bürgern die Möglichkeit zu geben, für schlechte Zeiten vorzusorgen. Richtig durchgesetzt hat sich der Gedanke aber erst in Deutschland - und hier ist er auch noch stärker in seiner ursprünglichen Form erhalten geblieben.

Eine der ersten Geldhäuser Deiner Art war die Bezirkssparkasse Salem in Baden-Württemberg. Abt Anselm II vom Zisterzienserkloster Salem gründete sie 1749 als „Ordentliche Waisenkassa“. Der Abt wollte verhindern, dass Waisengelder verschwendet oder zu falschen Zwecken ausgegeben wurden. Die bei der Verwaltung dieser Gelder erwirtschafteten Überschüsse wurden für gemeinnützige Zwecke verwendet. So, wie Du das auch heute noch machst.

Dieser Grundgedanke zog Kreise. Die „Ersparungscasse“ der „Hamburgischen Allgemeinen Versorgungsanstalt“ entstand, gegründet 1778 von Geistlichen, Gelehrten und wohlhabenden Kaufleuten, um die Verbreitung von Armut zu bekämpfen. Dass sich die sozialen Probleme verschärften und Armut zu einem Massenphänomen wurde, gab der Idee zusätzlichen Auftrieb.

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