Blick in die Bankengeschichte Warum die Deutschen die Sparkasse so schätzen

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Die neue gesichtslose Konkurrenz

So erfreue ich mich an Deinen deutschen Tugenden, etwa daran, dass bei Dir die Sicherheit an erster Stelle steht. Bei privaten Banken, da sind die Einlagen nur bis zu einem gewissen Grad abgesichert. Bei den öffentlich-rechtlichen Banken aber gilt das Prinzip der Institutssicherung: Wenn eines der Geldhäuser in Probleme gerät, fängt die Organisation es komplett auf und saniert es.

Zwar sind auch Deine Mittel begrenzt, und irgendwann, bei einer Krise vergleichbar wie in Spanien, wären sie wohl auch erschöpft. Aber bisher hat dieses Prinzip sehr gut funktioniert: Meine Sparkasse ist der Tresor meines Lebens.

Die Kanzlerin und ihr damaliger Finanzminister, Angela Merkel und Peer Steinbrück, ich erinnere mich noch gut, stellten sich in der Krise vor das Publikum und sagten, die Spareinlagen der Deutschen seien sicher. Sie beruhigten den deutschen Sparer mit dem Geld des deutschen Steuerzahlers.

Dabei stimmt diese Gruppe ja weitgehend überein. Als ich jetzt den Sparkassenpräsidenten Georg Fahrenschon traf, regte der sich daher zu Recht auf: „Banken, die schon dem Untergang geweiht waren und mit Steuergeldern gestützt wurden, machen uns heute beim Tagesgeld Konkurrenz. Das empfinde ich als ungerecht und wettbewerbsfeindlich.“

So viel Sicherheit Du also auch ausstrahlen magst - unantastbar bist Du nicht. Es gibt eine neue Konkurrenz, die ist gesichtslos. Das Internet war in Deiner Lebensgeschichte nicht vorgesehen. Dass Computer die Arbeit von Menschen erledigen, macht Dir sichtlich zu schaffen. Deine neue, elektronische Konkurrenz, die weitgehend mit Websites und elektronischen „Tools“ auskommt, will den Schalterbeamten überflüssig machen.

Du musst Dich diesem Wettbewerb stellen, dem Wettlauf der realen gegen die virtuelle Welt. Der realen gehören zwar meine Sympathien, doch die virtuelle ist schneller und kommt mit niedrigeren Kosten aus. Vor allem jüngere Leute stehen auf Onlinebanking - so drücken sie sich aus - und finden Menschen wie mich altmodisch.

Ich finde mich auch altmodisch. Aber ich glaube, es würde uns allen besser gehen, wenn wir ein wenig altmodischer würden. Eine langweilige Bank scheint mir eine gute Bank zu sein. Wir alle waren zu schnell, zu tollkühn, zu betrunken von den Versprechungen einer Zeit, die als neue Zeit angekündigt war. Den Kulturwandel, den die Deutsche Bank jetzt angekündigt hat, den hast Du in den Genen.

Wenn's um Geld geht, Sparkasse. So hieß früher Deine Werbung. Heute kommt sie mir gar nicht wie eine Werbung vor, sondern wie ein Keuschheitsgelübde in Zeiten der Finanzakrobatik, dem sich die anderen anschließen sollten, bevor es zu spät ist.

Wenn Du mich wieder in Deine Arme aufnehmen würdest, wäre ich Dir dankbar. Ich würde auch gern meine beiden Kinder mitbringen. Ich habe Ihnen erzählt, das es früher bei Dir zur Kontoeröffnung ein Sparschwein gab. Ich hoffe, ich habe nicht zu viel versprochen.

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