
Vor der Mehrzweckhalle in Düren wehen um kurz vor 19 Uhr zwei Sparkassen-Fahnen müde im März-Wind. Die meisten der 2200 Gäste sind bereits drinnen im rot beleuchteten Innenraum und rutschen auf den Sitzflächen ihrer roten Tribünen-Stühle mit dem Sparkassenlogo herum. „Wann kommt denn der Howie?“, ist die meistgestellte Frage an diesem bodenständigen Abend – ob am Getränkestand oder an der Frikadellenbude.
Die Sparkasse Düren hat Schlagersänger Howard Carpendale in den 90.000-Seelen-Ort zwischen Aachen und Köln geladen. Eine Gruppe Mittvierzigerinnen drängelt sich am Absperrgitter, als ihr Idol die Bühne betritt. „Howie, Howie“, tönt es. „Sind Sie alle Kunden der Sparkasse?“, fragt der 67-Jährige. „Welche Sparkasse ist es noch mal? Zypern? Düren? So wie Sie alle lächeln, muss es Düren sein.“
Sparkassenchef Herbert Schmidt kann zufrieden sein. Er hat seine Kundinnen mit Howard Carpendale glücklich gemacht und stellvertretend für alle 422 deutschen Institute deren Botschaften unters Volk gebracht. Nämlich: Auch wenn Europa taumelt, ist das Geld bei den Sparkassen sicher. Sie sind nicht abgehoben, sondern nah bei den Menschen. Sie betreiben kein Bonibankertum, sondern ehrliches Handwerk. Das Image hat die Kunden gerade nach der Finanzkrise 2008 überzeugt. Da trugen sie ihr Geld am liebsten in die Geldhäuser mit dem roten S. Die Kundeneinlagen kletterten von 742 Milliarden Euro 2008 auf 799 Milliarden Euro 2012.
Die zehn kleinsten Sparkassen in Deutschland
Auf Rang 420 von insgesamt 429 Sparkassen kommt die Sparkasse Hohenwestedt. In der kleinen Gemeinde im Herzen Schleswig-Holsteins (rund 5.000 Einwohner) arbeiten 52 Menschen in einer der vier Filialen der örtlichen Sparkasse. Im Jahr 2010 sind sie auf eine Bilanzsumme von 261 Millionen Euro gekommen.
Platz 421 geht an die Sparkasse Geseke im Kreis Soest (Nordrhein-Westfalen). In der 20.000-Einwohner-Stadt arbeiten 80 Angestellte bei der Sparkasse. Die Sparkasse Geseke kam 2010 auf eine Bilanzsumme von 251 Millionen Euro.
Noch etwas weniger ist es bei der Sparkasse Laubach-Hungen, sie konnte 244 Millionen Euro in der Bilanz von 2010 ausweisen. Im hessischen Laubach leben aber auch nur rund halb so viele Menschen wie in Geseke.
Rang 423 geht wieder nach Nordrhein-Westfalen, genauer gesagt nach Fröndenberg im Kreis Unna. Die Bilanzsumme der Sparkasse Fröndenberg belief sich 2010 auf 240 Millionen Euro.
Auf den Rängen 424 bis 428 liegen nur Mitglieder des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen (SGVHT). Den Anfang macht die nordhessische Stadtsparkasse Schwalmstadt mit einer Bilanzsumme von 182 Millionen Euro.
Platz 425 geht auch nach Nordhessen, genauer gesagt in den Landkreis Waldeck-Frankenberg. Dort ist die Sparkasse Battenberg (Eder) ansässig, die auf eine Bilanzsumme von 178 Millionen Euro kommt.
Auf Platz 426 liegt in Nordhessen, dieses Mal im Kreis Kassel. Die Sparkasse Grebenstein muss sich der in Battenberg aber nur um läppische 639.000 Euro geschlagen geben (178.420.000 Euro zu 177.781.000 Euro).
Im selben Landkreis wie die Stadtsparkasse Schwalmstadt (Schwalm-Eder-Kreis) liegt die Stadtsparkasse Borken. Sie kommt noch auf eine Bilanzsumme von 169 Millionen Euro - mit 47 Mitarbeitern in fünf Filialen.
Und noch einmal der Schwalm-Eder-Kreis, dieses Mal aber die Stadtsparkasse Felsberg. in der Stadt mit 10.000 Einwohnern arbeiten 42 Bank-Mitarbeiter in zwei Filialen - macht eine Bilanzsumme von 167 Millionen Euro.
Die kleinste Sparkasse liegt im Süden Niedersachsens. In der 7.500-Einwohner-Kleinstadt Bad Sachsa gibt es nur eine Sparkassen-Filiale. Mit dieser kommt die Stadtsparkasse Bad Sachsa auf eine Bilanzsumme von 129 Millionen Euro.
Sparkassen und EZB
Doch mit den guten Jahren ist es vorbei, auf die Sparkassen rollt eine Krise zu. Schuld daran ist vor allem die Europäische Zentralbank. Seit sie Geld quasi zum Nulltarif verleiht, sind die Zinsen für langfristige Anlagen in den Keller gerauscht. Weder Unternehmens- noch Staatsanleihen bringen bei akzeptablem Risiko noch annehmbare Renditen. Die Sparkassen trifft das besonders hart. Sie nehmen viel mehr Kundeneinlagen an, als sie Kredite unters Volk bringen können. Den Überschuss legen sie an. Immer mehr alte, hoch verzinste Anleihen laufen aus und können nur durch neue, schlecht verzinste ersetzt werden. Experten erwarten den Knall für 2016.
Schon jetzt lasten Beteiligungen auf den Sparkassenbilanzen. Als Milliardenflop hat sich die 2007 gemeinsam übernommene Landesbank Berlin entpuppt. Auf ihre Beteiligung mussten die Institute 2,2 Milliarden Euro abschreiben. Hinzu kommen die Schieflagen von Landesbanken. An den Desastern sind die Sparkassen mit schuld: Ihre Vertreter in den Aufsichtsgremien hatten die Käufe von US-Schrottpapieren geduldet. Die Sparkassen in Baden-Württemberg haben die LBBW mit 1,8 Milliarden Euro gestützt, die bayrischen Institute halfen ihrer Landesbank mit 1,7 Milliarden. Um was die Institute ihre Beteiligungen abschreiben müssen, ist nicht transparent. Der Wert der HSH Nordbank dürfte sich um etwa 500 Millionen reduziert haben. Und die Abwicklung der WestLB dürfte die nordrhein-westfälischen Institute bis zu sechs Milliarden Euro kosten.
Der demografische Trend ist auch nicht ihr Freund. Kunden werden älter, andere ziehen in Städte, wo die Sparkasse nur eine Bank von vielen ist. Ihr großes, einzigartiges Filialnetz können sie sich so kaum noch leisten.
Die zehn größten Sparkassen in Deutschland
Mit einer Bilanzsumme von 10,8 Milliarden Euro (2010) ist die Sparkasse Bremen die zehntgrößte Sparkasse in Deutschland. In dem kleinen Bundesland arbeiten 1.580 Menschen bei der Sparkasse.
Die Sparkasse in der sächsischen Landeshauptstadt kam im Jahr 2010 auf eine Bilanzsumme von 11,4 Milliarden Euro. Bei der Ostsächsischen Sparkasse Dresden arbeiten 1.782 Angestellte in 143 Filialen.
Mit einer Bilanzsumme von etwas weniger als 11,9 Milliarden Euro liegt die Stadtsparkasse Düsseldorf rund eine halbe Milliarden Euro vor dem Dresdner Sparkassenableger.
2010 kam die Nassauische Sparkasse mit Sitz in Wiesbaden auf eine Bilanzsumme von 11,9 Milliarden Euro. Sie kommt auf 234 Filialen - so viele wie keine andere Sparkasse.
Die Sparkasse Hannover ist die sechstgrößte Sparkasse in Deutschland. Das Geldhaus in der niedersächsischen Landeshauptstadt hat in der Bilanz 2010 eine Summe von 12,6 Milliarden Euro ausgewiesen.
Die Stadtsparkasse München ist - wenig überraschend - das größte Mitglied des Sparkassenverbands Bayern. Deutschlandweit reicht es mit einer Bilanzsumme von 15,5 Milliarden Euro für Rang fünf.
Die viertgrößte Deutsche Sparkasse liegt in Hessen. Die Frankfurter Sparkasse kommt auf eine Bilanzsumme von rund 17,3 Milliarden Euro - mit 1.835 Mitarbeitern. In München sind es zum Vergleich 3.170 Angestellte.
Die Kreissparkasse Köln auf Rang drei knackt als erste die Marke von 20 Milliarden Euro. Im Jahr 2010 hat sie eine Bilanzsumme von rund 25 Milliarden Euro ausgewiesen.
Auch Rang zwei geht nach Köln. Die Sparkasse KölnBonn ist mit 29,7 Milliarden Euro (2010) noch ein bisschen größer als die Kreissparkasse Köln.
Mit Abstand die größte Sparkasse in Deutschland ist die Hamburger Sparkasse. Die Haspa kam im Jahr 2010 auf eine Bilanzsumme von 38,7 Milliarden Euro. Sie hat auch die meisten Angestellten aller Sparkassen - 5.625 Mitarbeiter.
Merkel und Weidmann auf dem Sparkassentag
Solche Misstöne werden kaum zu hören sein, wenn sich an diesem Mittwoch rund 2500 Gesandte zum Sparkassentag in Dresden treffen. Kanzlerin Angela Merkel wird ebenso da sein wie Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Das Treffen wird der bisher größte Auftritt in der einjährigen Amtszeit von Georg Fahrenschon an der Spitze des Sparkassenverbandes DSGV. Schon Wochen zuvor ist der ehemalige bayrische Finanzminister viel unterwegs. Früh ist er aus München nach Berlin geflogen, hastet in die DSGV-Zentrale in der Charlottenstraße, an der ein rotes S prangt, und fährt mit dem Glasaufzug nach ganz oben. Er hat sich perfekt in seine Rolle als Lobbyist eingefunden, bei Terminen trägt er rote Krawatte, die typischen Floskeln sprudeln nur so aus ihm heraus. „Wir wollen vor Ort und unseren Kunden nahe sein“, sagt er. „Wir sehen die Zukunft nicht darin, Kunden in eine menschenleere Technikhalle zu schicken.“ Und: „Die Kunden vertrauen den Sparkassen.“