Boom der vergangenen Jahre ist vorbei Jetzt kämpfen auch Sparkassen ums Überleben

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Mehr Geld

Das Image von Banken ist nicht das Beste, trotzdem gehören ihre Aktien zu den Gewinnern. Wie viel dran ist am aktuellen Hype um die Papiere und wo Einstiegsmöglichkeiten bestehen.
von Saskia Littmann

„Mitarbeiter einer öffentlich-rechtlichen Sparkasse sind nur schwer kündbar“, klagt zudem der Chef einer westfälischen Sparkasse. „Ich habe da keinerlei Spielraum.“ Entlassungen sind teuer, „so teuer, dass es sich in meiner Amtszeit nicht mehr rentiert“, sagt ein anderer Sparkassenvorstand. Also vererbt man das Problem an den Nachfolger. Wie lange lässt sich dieser Kurs noch durchhalten? Zwei Jahre noch, sagt der westfälische Sparkassenchef. Und wenn die Zinsen dann nicht wieder steigen? „Dann haben wir ein Problem.“

Das haben bereits die 14 Sparkassen in Schleswig-Holstein. Drei von ihnen mussten in jüngerer Zeit gerettet werden. Drei weitere sollen schwer angeschlagen sein. Die Sparkasse Südholstein brauchte 2009 110 Millionen Euro. Die soll sie bis 2019 an die Stützungsfonds der Sparkassen in Land und Bund zurückzahlen. Ob sie das schafft, ist offen. Derzeit sieht es eher danach aus, als würde sie noch mehr Geld brauchen. Grund waren Abschreibungen auf die Beteiligung an der maroden HSH Nordbank.

Bürgerstiftung

Im nördlichsten Bundesland zeigt sich die Schwäche des so offensiv beworbenen Sicherungssystems, bei dem in Schieflage geratene Sparkassen möglichst von anderen aufgenommen werden. Zwar hat so noch nie ein Sparkassenkunde Geld verloren. Ein Krisenhaus kann aber gesunde anstecken. So schluckte die Nordostseesparkasse (Nospa) 2008 die Sparkasse Flensburg, die sich unter anderem mit Krediten an das Erotikunternehmen Beate Uhse verhoben hatte. Doch die Nospa war selbst zu schwach und brauchte 2010 180 Millionen Euro aus dem Rettungsfonds.

Obwohl sie selbst ein Sanierungsfall ist, muss sie erneut als Retter in der Not antreten und die kleine Spar- und Leihkasse zu Bredstedt, deren Geschäftsgebiet von dem der Nospa umschlossen ist, auffangen.

Das Institut in Bredstedt gehört mehrheitlich nicht der Kommune, sondern einer Bürgerstiftung. Und die wollte viel Gutes tun. Unter ihrer Anweisung gab die Sparkasse schließlich 45 Prozent aller Kredite für erneuerbare Energien, für Biomasse und Windräder aus. Sie avancierte sogar außerhalb der Landesgrenzen zum Konsortialführer bei Finanzierungen. Dabei fehlte es an Kapital, um die Kredite ausreichend zu decken mit der Folge, dass nun laut Geschäftsbericht die „Risikotragfähigkeit nicht mehr gegeben ist“. Zunächst retteten die Hamburger Sparkasse und der Verband in Schleswig Holstein die Bredstedter vor der Pleite.

Innovative Ideen

Dass die Sparkassen zuletzt überzeugende Ergebnisse lieferten, liegt daran, dass die Wirtschaft läuft und sie weniger Geld als üblich für Kreditausfälle zurückstellen mussten. Trübt sich die Lage ein, drohen Belastungen. Die Sparkassen müssen sich also wandeln, um sich erhalten zu können. Sie können ihr solides Image und die Nähe zu den Bürgern nutzen, um die mit innovativen Ideen an sich zu binden. Es gibt auf den unterschiedlichen Ebenen der Organisation auch einige vielversprechende Pilotprojekte.

Eins steht jedenfalls fest: Wenn es die Sparkassen nicht mehr gäbe, würde den Bürgern etwas fehlen. Auch in Düren. In der Arena steht nach dem Konzert noch eine alte Dame herum. Als ein Sparkassenmitarbeiter vorbeigeht, drückt sie ihm einen Brief für Howard Carpendale in die Hand. „Na klar. Ich gebe das weiter“, versichert er. Das ist Sparkasse in Reinkultur.

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