Chef der Société Générale "Russland bleibt ein besonders wichtiger Markt"

Seite 3/3

"Unser Deutschlandziel ist Wachstum im hohen einstelligen Prozentbereich."

Die Baustellen des Commerzbank-Chefs
Stellenabbau auf der FührungsebeneDer Streichung von 5200 Stellen quer durch die Bank und in den Filialen folgt nun der radikale Abbau von Führungspersonal: Personalvorstand Ulrich Sieber muss gehen. Der Aufsichtsrat beschloss am 6. November, ihn zum Jahresende von seinem Posten abzuberufen. Verfehlungen wirft sie dem auch für die interne Abbaubank NCA zuständigen Manager nicht vor. Hintergrund ist ein Streit darüber, wie viel Abfindung ihm zusteht. Sieber will gegen die Entscheidung des Aufsichtsrats juristisch vorgehen. Siebers Vorstandskollege Jochen Klösges entgeht seiner drohenden Abberufung durch einen Wechsel zur Hamburger Reederei Erck Rickmers. Nicht nur die beiden Posten im derzeit neunköpfigen Vorstand der Bank will Blessing abschaffen. Auch auf Ebene der zahlreichen Bereichsvorstände sollen Manager wegfallen. Eine Stufe tiefer hat die Bank bereits zahlreiche Posten von Bereichsvorständen gestrichen und will auch die Ebene der Bereichsleiter ausdünnen. Quelle: dpa
Umbau der PrivatkundensparteSie ist Blessings wohl wichtigstes Projekt. 1.200 Filialen und elf Millionen Kunden hat die Sparte. Martin Blessing und sein Privatkundenvorstand Martin Zielke vergleichen die Herausforderungen im Filialgeschäft gern mit der Situation der Printverlage, die ihr Geschäftsmodell für die digitale mediale Zukunft wappnen müssen. Auch Bankfilialen sehen sich mit Kundenschwund konfrontiert, seit Bankgeschäfte über das Internet von zuhause aus oder mit Mobilgeräten sogar unterwegs erledigt werden können. Die Commerzbank will reagieren, indem sie ihre Filialen onlineaffin macht. Quelle: dpa
Besserer ServiceDie Filialen sollen zwar beibehalten werden, doch deren Service soll unabhängiger von den Öffnungszeiten werden. Kunden sollen Standardprodukte wie Girokonten oder Konsumentenkredite auch online abschließen können, ohne dafür eine Filiale aufsuchen zu müssen. Das gilt auch für Baufinanzierungen. Mit einer Servicehotline will die Commerzbank 24 Stunden täglich und sieben Tage die Woche erreichbar sein. Quelle: dpa
Altlasten der EurohypoNeben den aktuellen Umbauaktionen darf der noch ausstehende Rückbau von Altlasten vor allem aus der untergegangenen Ex-Tochter Eurohypo (jetzt Hypothekenbank Frankfurt) nicht in Vergessenheit geraten. Blessing und seine Mannschaft können Erfolge beim Schrumpfen notleidender gewerblicher Immobilienfinanzierungen verzeichnen. Im Juli verkaufte sie gewerbliche Immobilienkredite von fünf Milliarden Euro, sowie das gesamte operative Geschäft der Eurohypo an die US-Großbank Wells Fargo und den Finanzinvestor Lone Star. Doch damit ist es noch nicht getan. Griechische Staatsanleihen hat die Commerzbank zwar aus ihrer Bilanz verbannt, muss aber noch Finanzierungen anderer europäischer Krisenstaaten loswerden. Quelle: dpa
Sorgenkind SchiffsfinanzierungDie Commerzbank sitzt noch auf einem Berg milliardenschwerer Schiffs- und Staatsfinanzierungen. Die wackligen Schiffskredite stehen noch mit einem Betrag von 17 Milliarden Euro in den Büchern (Stand, 8. August 2013). Das Portfolio an Schiffskrediten soll bis 2016 um 40 Prozent reduziert werden. Um hohe Abschläge bei einem Verkauf zu vermeiden, hat sich die Bank dazu entschlossen, einige Schiffe selbst zu betreiben und hierzu die Hanseatic Ship Asset Management gegründet. Quelle: dpa

...der im Zweifel doch wieder für ihre Rettung einspringen muss.

Die Gefahr ist deutlich geringer als vor der Krise. Das System ist sicherer geworden. Die Kapitalausstattung der Banken hat sich verdoppelt. Und wenn das nicht reicht, müssen sich nach den Regeln des europäischen Abwicklungsmechanismus zunächst Anleihegläubiger und dann Anleger mit Einlagen von mehr als 100.000 Euro beteiligen. Und es gibt den europäischen Abwicklungsfonds. Diese Polster hätten in der vergangenen Krise ausgereicht.

Wie groß muss eine Bank heute sein?

Größe ist kein Selbstzweck. Je größer eine Bank ist, desto mehr Kapital braucht sie und desto strenger wird sie überwacht. Es kommt auf eine wettbewerbsfähige Größe an in den für das eigene Geschäft relevanten Segmenten und bei den Kunden. Wir sind im Investmentbanking vor allem im Aktiengeschäft stark und wollen uns auch darauf konzentrieren. Das gilt ebenso für die Finanzierung von Energie und Infrastruktur. Unser Private Banking in Asien haben wir verkauft, weil wir mittelfristig nicht auf die erforderliche Größe gekommen wären. Unsere Vermögensverwaltung haben wir mit Crédit Agricole zusammengelegt. Wir fokussieren uns auf Kerngeschäfte.

Würde der Kauf der deutschen Commerzbank dazu passen?

Nein. Der deutsche Markt für Privatkunden ist wenig profitabel. Wir sind nicht daran interessiert, unserem Geschäft nur Größe ohne ausreichende Synergien hinzuzufügen. Unsere Priorität liegt klar auf organischem Wachstum.

Welche Ziele haben Sie in Deutschland?

Wir sind in Segmenten wie zum Beispiel Leasing, Handelsfinanzierung und Investmentbanking gut vertreten und wollen weiter investieren. Unser Ziel ist Wachstum im hohen einstelligen Prozentbereich.

Welche Renditen sind für Banken künftig noch realistisch?

Bis Ende 2015 wollen wir eine Eigenkapitalrendite von zehn Prozent erreichen. Das ist weniger als bei den meisten Industrieunternehmen, aber höher als unsere Kapitalkosten. Das scheint mir eine angemessene Profitabilität zu sein.

Früher waren die Zeile ehrgeiziger, heute redet die Branche vom Kulturwandel.

Das tun wir auch und zu Recht. Wir wollen verhindern, dass Leute bei uns arbeiten, die nur darauf aus sind, ihren persönlichen Profit zu maximieren.

Der Händler Jérôme Kerviel, der mit Spekulationsgeschäften einen Milliardenverlust auslöste, arbeitete bei der Société Générale. Wäre ein solcher Fall heute noch möglich?

Fehlverhalten eines Einzelnen können wir nie komplett ausschließen. Der Oberste Gerichtshof hat Kerviel strafrechtlich in allen Punkten schuldig gesprochen, aber auch auf Schwächen der bankinternen Kontrollsysteme hingewiesen. Wir haben Hunderte von Millionen Euro in neue Systeme investiert und viele Handlungsabläufe geändert. Wenn die Geschäfte von heute in einigen Jahren nicht zu Altlasten geworden sind, waren wir erfolgreich.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%