Commerzbank-Aufsichtsratschef Müller "Ich würde die Dresdner Bank wieder kaufen"

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Große Nähe zu Mitarbeitern

Die Mitarbeiter mögen Sie, denn Sie pflegen als Fußballfan, Karnevalist und Bundeswehr-Reservist einen bodenständigen und volksnahen Stil. Martin Blessing dagegen, der ehemalige Unternehmensberater von McKinsey, wirkt manchmal kühl und technokratisch.

Müller: Es wäre doch erschreckend, wenn wir bei der Commerzbank Generation für Generation im einheitlichen Mao-Look auftreten würden. Außerdem bin ich vielleicht nicht ganz so volkstümlich, wie Sie es schildern – und ganz sicher ist Martin Blessing kein Technokrat. Aber er ist ein anderer Typ als ich und das ist auch gut so. Was er zum Beispiel viel besser als ich beherrscht, ist der Umgang mit den neuen Medien...

… also Blessing twittert lieber, während Sie gerade ein klassisches Interview geben?

Müller: ...ja, vielleicht. Aber Spaß bei Seite. Ich bin seit 42 Jahren bei der Commerzbank aktiv und konnte daher zahlreiche persönliche Kontakte in der Belegschaft knüpfen und eine große Nähe zu den Mitarbeitern aufbauen. In dieser Zeit haben wir viele Projekte auf den Weg gebracht, von denen Bank und Mitarbeiter profitieren. Ich denke da etwa an die Beurteilung von Vorgesetzten durch die Mitarbeiter, den Betriebskindergarten oder die Frauenförderung – schon als diese noch nicht in Mode war.

Jetzt sollen bis zu 6000 Stellen wegfallen, nachdem Sie wegen der Integration der Dresdner Bank bereits 9000 Jobs abgebaut haben. Können Sie das Ihren Mitarbeitern nicht ersparen?

Müller: Wir haben in bestimmten Bereichen für unsere Mitarbeiter keine Arbeit mehr und können nicht vernachlässigen, was sich auf dem Markt abspielt. Die Kunden suchen immer seltener Filialen auf, was für alle Banken gilt. Der technische Fortschritt ermöglicht den Kunden mobiles Banking zu jeder Tageszeit und den Banken effizienteres Arbeiten. In unserem Frankfurter Postzentrum etwa versenden wir täglich bis zu 60.000 Briefe, was mittlerweile nur eine Hand voll Mitarbeiter bewerkstelligt, statt zuvor knapp 80 Beschäftigte. Die Nachfrage nach Wertpapieren und Verbraucherkrediten ist auf einem Tiefstand, unsere Zins- und Provisionseinnahmen sind eingebrochen. Wenn ein Autohersteller keine Autos mehr verkauft, versteht jeder, dass Kapazität abgebaut werden muss. Bei Bankdienstleistungen ist das im Moment genauso.

Wie verhält sich eigentlich der Staat als großer Anteilseigner angesichts des Stellenabbaus?

Müller: Der Bund verhält sich wie ein professioneller institutioneller Investor.

Das heißt?

Müller: Der Bund ist mit zwei Mitgliedern im Aufsichtsrat vertreten, die genau hinschauen, was strategisch bei der Bank passiert. Aus der Geschäftsführung hält sich der Staat wie alle anderen Aktionäre aber ganz im Sinn guter Unternehmensführung heraus, obwohl er Großaktionär ist. Er beeinflusst nicht, wie viel Kredit wir an wen vergeben oder welche Personalpolitik wir betreiben. Nach dem Staatseinstieg hat sich für meine Arbeit als Aufsichtsrat nichts geändert. Übrigens ist auch der Politik klar, dass Beamte nicht die besseren Banker sind.

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