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Commerzbank Blessings Rückzug verdient Respekt

Der Chef der Commerzbank Martin Blessing lehnt die Verlängerung seines Vertrages über Oktober 2016 hinaus überraschend ab. Er hat gute Gründe dafür.

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Martin Blessing verlässt im Oktober 2016 die Commerzbank. Quelle: dpa

Wer in den vergangenen Wochen mit Martin Blessing sprach, traf auf einen Bankchef, der endlich wieder Oberwasser zu haben schien. Verflogen waren all der Gram, die Sorgen, die Gereiztheit, es schien, als habe der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank nach sieben schweren Jahren endlich den Spaß an der Arbeit wieder gefunden. Wie sich nun zeigt hatte seine Gelöstheit andere Gründe. Überraschend teilte die Commerzbank mit, dass ihr Chef seinen im kommenden Oktober auslaufenden Vertrag nicht verlängert.

Blessing hört nicht auf, wenn es am schönsten  ist. Aber er tritt zurück, obwohl es keinen Grund gibt zurückzutreten. Das sah über den größten Teil seiner siebeneinhalbjährigen Amtszeit anders aus. Kurz nach der Übernahme der Dresdner Bank musste die Commerzbank wegen Milliardenverlusten mit in der Spitze 18 Milliarden Euro gestützt und zum Teil verstaatlicht werden, später verfehlte sie selbstgesteckte Ziele zum Teil spektakulär. Immer wieder wurde Blessing als Totengräber des Instituts beschimpft. Aber er blieb, er sah sich in der Pflicht, er wollte die Bank nicht im Stich lassen, solange sie in höchster Bedrängnis steckte und das feste Fundament fehlte. 

Das ist mittlerweile wieder vorhanden. Blessings Mission ist erfüllt, wenn auch anders als er es sich ursprünglich mal gedacht hatte. Den angedachten zweiten nationalen Champion hat er nicht aus der Commerzbank gemacht, aber nach den turbulenten und kräftezehrenden Jahren ist es ruhig um die Bank geworden. Der größte Teil der Staatshilfen ist zurückgezahlt, die Altlasten sind nicht mehr existenzgefährdend, der Umbau ist abgeschlossen, das Geschäftsmodell funktioniert leidlich. Blessing kann zwar wahrlich keine erfolgreiche Amtszeit für sich reklamieren, aber er kann erhobenen Hauptes gehen. Das ist viel mehr, als die allermeisten noch vor zwei Jahren erwartet hätten. Sein Schritt verdient Respekt.

Spekulationen über Nachfolger

Der Rückzug schafft viel Raum für personelle Spekulationen. Blessing sucht eine neue Herausforderung, was er künftig machen will, ist offen. In der Vergangenheit war er locker mit der Schweizer UBS in Verbindung gebracht worden. Die Diskussion um seine Nachfolge ist ab sofort eröffnet. Ein möglicher Kandidat wäre Rainer Neske. Der ist im Streit über die künftige Strategie als Privatkundenvorstand bei der Deutschen Bank ausgeschieden, in einem Jahr dürfte ein Wettbewerbsverbot ausgelaufen sein, Neske wäre frei. Auch Theodor Weimer, Chef der HypoVereinsbank, wäre eine Option. Beide Namen wurden bereits vor gut zwei Jahren genannt, als wegen einmal mehr überraschend schlechter Ergebnisse über Blessings Ablösung diskutiert wurde.

Ein möglicher interner Nachfolger wäre Markus Beumer. Der leitet das für die Bank besonders wichtige Mittelstandsgeschäft, dem auch Blessing vorgestanden hatte, bevor er auf den Chefposten wechselte.

Auch wenn die Commerzbank zuletzt fast langweilig dahin dümpelte, steht ein neuer Chef vor großen Herausforderungen. Niedrigzinsen, Regulierung und der Trend zu digitalen Bankgeschäften setzen alle Institute unter Druck, sie müssen gleichzeitig sparen und in großem Stil in ihre veraltete IT investieren.

Die größte Unsicherheit für den nächsten Commerzbankchef besteht aber darin, wie und wann sich der Bund von seinen verbliebenen Anteilen an der Bank trennt. Gibt er sie einfach irgendwann im Block über die Börse ab oder verkauft er sie doch an einen möglichen Wettbewerber aus dem Ausland? Mit der fast schon gespenstischen Ruhe um die Commerzbank ist es jedenfalls vorbei.

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