Commerzbank Sollen doch andere das Geld verleihen

Die Commerzbank startet eine Plattform, auf der Kunden und Kreditgeber privat zusammen finden. Für das Bankhaus ein kluger Schachzug: Es muss kein eigenes Geld mehr verleihen. Doch wozu braucht man dann noch eine Bank?

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„Das ist Unternehmensfinanzierung in Zeiten des digitalen Wandels“, heißt es aus der Mittelstandsbank. Quelle: REUTERS

Als wären Niedrigzinsen, schwindende Margen und härtere Regulierungsauflagen nicht schon genug an Herausforderungen für die Bankenbranche. Auch das Modell des „Social Lending“ – Kreditgeber und -nehmer finden privat zusammen – macht den Banken ihr Kerngeschäft streitig. Der europäische Markt wächst gewaltig: 2015 betrug das Gesamttransaktionsvolumen über das Segment Business-Kreditplattformen 2,38 Milliarden Euro. 2016 sollen schon über 6 Milliarden sein - und im Jahr 2020 70,5 Milliarden. Ein riesiges Potenzial. Und ein riesiges Problem.

In Deutschland gibt es Online-Plattformen wie Smava, Funding Circle oder Auxmoney. In diesen Bereich will jetzt auch die Commerzbank miteinsteigen. „Das ist Unternehmensfinanzierung in Zeiten des digitalen Wandels“, heißt es aus der Mittelstandsbank.

„Main Funders“ nennt sich die Kreditplattform, die am kommenden Montag starten soll. Dabei stehen keine Start-Ups im Fokus, sondern klassische Mittelstandsunternehmen. Kunden der Commerzbank, die ein Darlehen suchen, und Kunden, die auf der Suche nach Investitionsmöglichkeiten sind, sollen dort zusammenfinden. Die Commerzbank kümmert sich um das Vertragswesen – und kassiert dafür Nutzungsgebühr und Provision. Kreditvolumina in Höhe von 200.000 bis 10 Millionen Euro sind möglich.

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Damit ist die Commerzbank nach eigenen Angaben die erste Bank im europäischen Raum, die in den Markt der Kreditplattformen miteinsteigt. Einzig die Sparda-Bank Berlin hat ein Peer-to-Peer-Lending im Angebot, allerdings in Kooperation mit der eigenständigen Kreditportal Funding Circle – über eine eigene Plattform verfügt die Sparda-Bank also nicht.

„Wir reagieren auf Marktentwicklungen“, erklärt Birgit Storz, Bereichsleiterin des Segments Management & Development, den Vorstoß der Commerzbank. Kunden wollen viele Investoren haben, damit ihre Finanzierung unabhängig sei, außerdem würden Investoren ständig Anlagemöglichkeiten suchen, heißt es weiter. Die Commerzbank wolle nicht zuschauen, wie andere diesen Bedarf bedienen. „Mit 'Main Funders' verteidigen wir unsere Wettbewerbsposition“, so Storz.

„Main Funders“ ist auch eine mögliche Antwort auf die Frage: Wie kann man sich als Bank unabhängig von Zinserträgen machen? Die Commerzbank muss bei diesem Geschäft selbst kein Geld aufbringen. Auch das Risiko des Kreditausfalls gibt sie komplett an den Investoren weiter. Ein weiterer Punkt: Einem Kunden, den man selbst keinen Kredit geben möchte, muss man nicht verprellen und gegebenenfalls an die Konkurrenz verlieren. So wird die Bank zum reinen risikolosen Vermittler und Berater.

Doch macht sich die Bank damit nicht selbst überflüssig? „Wir werden sehen, ob Kannibalisierungseffekte auftreten“, sagt Michael Kotzbauer, Bereichsvorstand Corporate Banking. „Aber wir sehen das Thema entspannt.“ Bei den Investoren handele es sich um ausgewählten, professionellen Kreis. Damit nicht jeder Bescheid wisse, dass ein Unternehmen ein Kredit benötige. Denn alle zugelassenen Investoren können die Informationen der Darlehensnehmer einsehen.

Doch der Zeitpunkt ist schwierig: Die Online-Kreditportale haben ein Vertrauensproblem. Anlass sind strafrechtliche Untersuchungen bei der US-Kreditplattform Lending Club. Aus Sicht der Commerzbank ist das ihr Wettbewerbsvorteil: Als etabliertes Bankhaus sei ihre Plattform vertrauenswürdiger als die der Konkurrenten.

Doch eins ist klar: „Finanzierung ist und bleibt unser Kerngeschäft“, sagt Kotzbauer. Denn im Gegenzug zum klassischen Bankgeschäft ist Fintech eine Nische. Im letzten Jahr vermittelten Auxmoney und Funding Circle Kredite in Höhe von 100 und 29 Millionen Euro, Banken dagegen Privatdarlehen in Höhe von 1,6 Billionen Euro. Da sprechen die Zahlen für sich.

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