
Seine ersten Computer hat Manfred Schwiebert damals noch mit Lochkarten programmiert. Und als der Frankfurter IT-Berater 1980 anfing, professionelle Projekte für Unternehmen umzusetzen, war er eine Ausnahmeerscheinung. „Da wurden Computerspezialisten in den Fachabteilungen mit leuchtenden Augen empfangen“, sagt der heute 67-Jährige. Schließlich liefen fast alle Prozesse manuell, Rechner waren groß, langsam, leistungsschwach und nur von wenigen Experten bedienbar.
Das ist heute anders. Beschäftigte sind mit Computern aufgewachsen, die Informationstechnik dominiert das Tagesgeschäft der Banken. Trotzdem geht erfahrenen Experten wie Schwiebert die Arbeit nicht aus. Er beherrscht Cobol, eine schon vor mehr als einem halben Jahrhundert entwickelte Programmiersprache, die jüngere Experten kaum kennen.
Vor allem bei Banken verrichten auf ihr basierende und über Jahrzehnte immer wieder ergänzte Programme weiter ihren Dienst. „Irgendwer muss die alten Systeme ja pflegen“, sagt Schwiebert. Gerade erst hat er für ein großes Frankfurter Institut sichergestellt, dass sich Daten neuer Kundendepots in die vorhandene IT-Struktur der Bank einfügen.





Was Schwiebert und andere IT-Leihopas auch im Rentenalter gut ernährt, wird für Banken zunehmend zum Problem. Die veraltete EDV macht sie anfällig für Pannen, erschwert den Aufbruch in die viel beschworene digitale Zukunft und frustriert Kunden. Vor allem aber macht sie die Banken verletzbar gegenüber Angriffen professioneller Hacker und Cyberkrimineller. Bankenaufseher widmen sich dem Thema verstärkt: Schließlich drohen gewaltige Schäden bis hin zum zeitweiligen Zusammenbruch eines Instituts oder des Zahlungsverkehrs.
Verglichen damit, was passieren könnte, sind die jüngsten Pannenmeldungen aus der Branche Randnotizen, wenn auch peinliche: Die KfW überwies versehentlich Milliarden an andere Institute, bei der Commerzbank-Tochter Comdirect landeten Kunden nach dem Einloggen auf fremden Konten, und bei der Deutschen Bank buchte ein System Ende März wegen eines technischen Fehlers Überweisungen von rund 175 000 Kunden doppelt. Bleibende Schäden sind in keinem Fall entstanden.
Über Jahre wild gewuchert
John Cryan, Chef der Deutschen Bank, hatte sich schon kurz nach seinem Amtsantritt 2015 über die „lousy IT“ des Instituts ausgelassen. Damit meinte er aber vor allem die interne Struktur. Die ist über Jahre wild gewuchert, in der Spitze liefen rund 45 Systeme parallel. Standardsoftware sei in vier unterschiedlichen Versionen im Einsatz, mit den Programmen zum Einkauf und der Abrechnung von Reisekosten verplemperten Beschäftigte oft viele Stunden, berichten Insider. Nun soll die Komplexität deutlich sinken, einige Programme sind bereits abgeschaltet, und im Jahr 2020 soll es nur noch vier statt 45 Systeme geben.
Das Ziel halten Insider für ausgesprochen ehrgeizig. Denn auch bei der Deutschen Bank basieren große Teile der EDV noch auf Programmen in antiquierten Sprachen wie Cobol und Assembler. Junge Fachkräfte müssen sich erst mal in die Archäologie der Systeme einarbeiten, erfahrene Experten und Ruheständler immer wieder aushelfen. Insider berichten von einem freundlichen Herren, der auch im gesegneten Alter von fast 80 Jahren noch regelmäßig in einem IT-Zentrum vorbeikam, um dort nach dem Rechten zu sehen.