Der letzte Tanz Österreich stolpert in die Krise

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Schmerzliche Folgen

Europa hat in Österreich noch nie Konjunktur gehabt, obwohl die Alpenrepublik seit rund zwei Dekaden in der EU von der europäischen Einigung  profitiert hat wie kaum ein zweites Land. Österreich rückte vor 25 Jahren von der Peripherie wieder ins Zentrum Europas. Während in anderen Ländern bei Großprojekten große Schautafeln mit europäischer Flagge und der Summe der Subventionen aus Brüssel aufgestellt wurden, sucht man zwischen Salzburg und Neusiedler See vergeblich nach solchen Schildern. Österreichische Politiker schieben traditionell gerne die Verantwortung in Richtung EU, wenn es unangenehm wird. Spricht man österreichische EU-Kommissare darauf an, zucken sie hilflos mit den Schultern. Mit einer Haltung pro Europa lässt sich in dem Alpenland seit jeher kein Blumenstrauß gewinnen.

Unangenehm könnte es vor allem für die österreichische Banken werden. Sie haben sich in Osteuropa ordentlich verhoben. Die Folgen sind schmerzlich. Die Raiffeisen Bank International (RBI) legte den Verkauf ihrer ukrainischen Tochter Aval auf Eis. Die Suche nach einem neuen Eigentümer für Aval sei bereits seit mehreren Wochen unterbrochen, bekannte Bankchef Karl Sevelda. Grund dafür sei neben den politischen Umwälzungen die 2,8 Milliarden Euro schwere Kapitalerhöhung von RBI im Januar.

Die Krise in der Ukraine könnte für die ohnehin geschwächten österreichischen Banken böse Folgen haben. Die jüngsten Entwicklungen bezeichnete Die Erste, die sich 2013 aus der Ukraine zurückgezogen hatte, in einer Studie zu den Finanzmärkten in Osteuropa als „furchteinflößende Nachrichten“. Neben der Raiffeisen ist in dem Krisenland auch die Bank Austria präsent. Nach Angaben von Moody’s haben die beiden Banken Kredite von acht Milliarden Euro ausstehen. Besonders gefährlich: es handelt sich um Fremdwährungskredite.

Wien wird schon länger als einer der Zentren der Geldwäsche für osteuropäische Oligarchen und zwielichtige Politiker genannt. Das ist auch im Fall vermögender Ukrainer der Fall. Österreich hat auf Bitten der neuen ukrainischen Regierung österreichische Konten von 18 Ukrainern sperren lassen. Ein gutes Licht auf den österreichischen Finanzplatz werfen Kunden wie der ehemalige ukrainische Regierungschef Viktor Janukowitsch und sein Sohn Oleksander nicht.

Doch um Image geht es schon lange nicht. In Österreich geht es immer häufiger um Sein oder Nicht-Sein. Denn wenn es die beiden Volksparteien nicht schaffen, dass Finanz-Desaster unter Kontrolle zu kriegen, dann könnte das tektonische Machtverschiebungen zur Folge haben. Bereits im Nachbarland Ungarn sind derartige politische Folgen zu spüren. Dort regiert der Rechtspopulist Viktor Orban, der mit seiner Renationalisierung des Finanzwesens und der Landwirtschaft zwar ausländische Investoren verschreckt und dennoch Wahlen gewinnt.

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