Der letzte Tanz Österreich stolpert in die Krise

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Unsaubere Geschäfte bringen Vorstände hinter Gitter

Bank of America muss 17 Milliarden Dollar Strafe zahlen
Bank of AmericaWankende Großbanken brachten das Weltfinanzsystem 2008 an den Rand des Zusammenbruchs. Dubiose Hypotheken-Deals hatten den Weg dafür bereitet. Doch die Vergangenheit holt die Geldhäuser ein - der Bank of America (BoA) droht nun gar die höchste Strafe aller Zeiten. Dem „Wall Street Journal“ zufolge steht das Finanzinstitut kurz vor einem Vergleich mit dem US-Justizministerium über knapp 17 Milliarden US-Dollar (rund zwölf Milliarden Euro), davon neun Milliarden Dollar in bar. Das wäre der höchste jemals bezahlte Betrag in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen der US-Regierung und einem Unternehmen. Bereits im März musste BoA 9,5 Milliarden Dollar nach einer Klage der Aufsichtsbehörde Federal Housing Finance Agency zahlen. Die US-Behörden sind bei der Bestrafung von Großbanken nicht eben zimperlich - zumindest, wenn es um Geldstrafen geht. Welche Banken ebenfalls Rekordgeldbußen zahlen mussten, erfahren sie auf den folgenden Seiten. Quelle: REUTERS
Goldman SachsDie US-Großbank hat die Finanzkrise trotz viel Kritik an ihren Geschäftsmethoden vergleichsweise gut überstanden. Ende August 2014 handelte das Geldhaus mit den US-Aufsichtsbehörden und den Immobilienfinanzierern Fannie Mae und Freddie Mac, die im Zuge der Immobilien- und Finanzkrise von der US-Regierung mit insgesamt 187 Milliarden Dollar gerettet werden mussten, einen Vergleich aus. 2005 und 2007 hatte Goldman Sachs den beiden Gesellschaften zusammengeschnürte minderwertige Immobilienkredite verkauft. Laut Einigung muss Goldman diese Papiere für 3,15 Milliarden Dollar zurückkaufen. Damit zahlt die Bank 1,2 Milliarden Dollar mehr, als die Kreditportfolios derzeit wert sind. Quelle: REUTERS
CitigroupDie Citigroup leistet für fragwürdige Hypothekengeschäfte eine sieben Milliarden Dollar schwere Abbitte. Nach Ansicht der US-Justiz hatte die Bank den Käufern verschwiegen, wie schlecht es um die in verbrieften Wertpapieren enthaltenen Hauskredite gestanden habe. Wie die US-Großbank mitteilte, zahlt sie 4,5 Milliarden Dollar an US-Behörden und gewährt zudem Finanzierungshilfen und -erleichterungen für Hausbauer im Wert von 2,5 Milliarden Dollar. Der Vergleich verhagelt der Citigroup das zweite Quartal. In dem Zeitraum verbucht die Bank eine Vorsteuerbelastung von 3,8 Milliarden Dollar. Mit dem Vergleich hätten sich alle anhängigen zivilrechtlichen Hypothekenermittlungen erledigt, erklärte Bankchef Michael Corbat. Der Vergleich erlaube der Bank, sich „auf die Zukunft zu fokussieren, nicht auf die Vergangenheit“. Quelle: dpa
CommerzbankWie die "New York Times" berichtet, droht der Commerzbank wegen mutmaßlicher Verstöße gegen US-Sanktionen eine Geldstrafe von mindestens 500 Millionen Dollar (370 Millionen Euro). Die Commerzbank hatte bereits eingeräumt, dass sie wegen ihrer Geschäfte mit Ländern wie dem Iran im Visier der US-Behörden steht. Wann die Verhandlungen mit den US-Behörden abgeschlossen sein werden, ist noch unklar. Quelle: dpa
Die französische Großbank BNP Paribas steht wegen Sanktionsbruch und Geldwäschevorwürfen im Fokus der US- Justizbehörden. Laut einem Bericht des Wall Street Journal drohen der Bank Bußgelder bis zu einer Höhe von zehn Milliarden Dollar. Die Bank soll Wirtschaftssanktionen gegen den Iran, Sudan, Kuba und andere Länder umgangen haben. Es wäre die zweithöchste Strafe, die je gegen eine Großbank verhängt wurde, die Höchststrafe wegen Geldwäsche lag bislang bei 1,9 Milliarden Dollar. Nachfolgend eine Reihe von Banken, die für verschiedene Vergehen schon Milliarden an Geldbußen zahlen mussten. Quelle: REUTERS
Gegen die britische Großbank Barclays verhängte die britische Finanzaufsicht die erste Geldstrafe wegen Manipulation des Goldpreises. Barclay zahlt 26 Millionen Pfund, überführte Barclays-Händler muss 96.000 Pfund Strafe zahlen und erhielt Berufsverbot. Wegen der Manipulation des Interbankenzinssatzes Libor musste Barclays bereits im Sommer 2012 stolze 290 Millionen Pfund zahlen, umgerechnet 350 Millionen Euro. Der damalige Barclays-Chef Bob Diamond nahm kurz danach seinen Hut. Quelle: REUTERS
Die größte Schweizer Bank UBS zahlt rund 1,4 Milliarden Franken (1,16 Milliarden Euro) und damit die zweithöchste Geldstrafe, zu der eine Schweizer Bank jemals verdonnert wurde. Die UBS hatte zudem im Jahr 2009 wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung von US-Bürgern der Zahlung von 780 Millionen Dollar zugestimmt, dabei aber keine Schuld zugegeben. In Deutschland soll die UBS wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung 200 Millionen Euro Strafe zahlen. Ende 2012 musste die UBS wegen des sogenannten Zockerskandals eine Strafe von 36,7 Millionen Euro zahlen und erhebliche Kontrollauflagen erfüllen. Die Bank wird damit für "System-und Kontrollfehler" bestraft. Zugleich wurden der UBS durch die Schweizer Finanzmarktbehörde FINMA scharfe Kontrollen im Investmentbanking auferlegt. Ohne diese Mängel wären die betrügerischen Transaktionen des Händlers Kweku Adoboli früher entdeckt worden. Quelle: REUTERS

Die Hypo Alpe Adria ist dafür ein Musterbeispiel. In der vergangenen Woche hat das Klagenfurter Landesgericht gleich drei Hypo-Vorstände hinter Gitter gebracht, weil sie unsaubere Geschäfte um Vorzugsaktien betrieben haben. Ex-Vorstandschef Wolfgang Kulterer erhielt zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr. Der geständige Finanzmanager war bereits in anderen Hypo-Prozessen zu fünfeinhalb Jahren verurteilt worden. Ex-Hypo-Vorstand Siegfried Grigg muss für dreieinhalb Jahre hinter Gitter. Der ehemalige Hypo-Vorstand Josef Kircher, der durch sein umfangreiches Geständnis die unsauberen Geschäfte um Vorzugsaktien aufgeklärt hatte, erhält eine Haftstrafe von drei Jahren, davon zwei auf Bewährung.

Die früheren Hypo-Manager haben die ohnehin schwierige Situation der Bank zwischen 2006 und 2008 noch verschlechtert. Denn die Vorzugsaktien waren nach Meinung des Gerichts aufgrund geheim gehaltener Verkaufsoptionen nicht dem Eigenkapital der Kärntner Bank zuzurechnen. Aufgrund der Rückkaufgarantien für die neuen Gesellschafter wie der Flick-Privatstiftung ist die Bank nach Auffassung des Gerichts geschädigt worden. Wie verantwortungslos die Hypo-Manager agierten, zeigt eine Episode zur Fußball-Europa-Meisterschaft im Jahr 2008.

Im Juni 2008 ließ es sich die frühere Bayern LB-Tochter knapp 1,2 Millionen Euro kosten, Hunderte von Gästen zu EM-Spielen nach Klagenfurt einzuladen. Auch ein „Saujagd“ in Baden-Württemberg schlug mit 18.000 Euro zu Buche. Im gleichen Jahr brauchte die Bank 900 Millionen an staatlicher Hilfe aus Österreich und 700 Millionen von der Bayern LB, um nicht Pleite zu gehen.

Die Klagenfurter Bank ist bis heute ein Fass ohne Boden. Im vergangenen Jahr soll die Hypo Alpe Adria einen Verlust von 1,3 Milliarden Euro gemacht haben. Die Zahl wurde von einem Hypo-Sprecher auf Handelsblatt-Anfrage nicht dementiert. Mehr als eine Milliarde Euro an Steuergeldern flossen zuletzt in die Hypo, mit der der inzwischen verstorbene Rechtspopulist und Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider am großen Rad des internationalen Geldgeschäfts drehen wollte. Das ausgerechnet die FPÖ mit anderen Oppositionsparteien nun einen Untersuchungsausschuss im österreichischen Parlament fordert, ist auch Teil der historischen Verantwortungslosigkeit.

Österreich driftet beinahe unbemerkt nach rechts ab. Bereits bei den Wahlen zum Nationalrat wählt jeder dritte Österreicher eine Partei, die dem Euro und der europäischen Einigung ablehnend oder sehr kritisch gegenüber steht. Bei den kommenden Europa-Wahlen im Mai droht den beiden Volksparteien SPÖ und ÖVP eine schmerzliche Niederlage. Erstmals in der österreichischen Geschichte könnten die Rechtspopulisten unter Führung des FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zur stärksten politischen Kraft aufsteigen. Die FPÖ hat sich auf Europa-Ebene schon mit Rechtsaußen anderer EU-Länder wie der französischen Front National oder der italienischen Lega Nord verbündet.

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