Deutsche Bank Am Seidenen Faden

Aufseher und Ministerien spielen einen mehrstufigen Plan zur Zukunft des Instituts durch.

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Das sagten Experten zur drohenden US-Strafe für die Deutsche Bank (vor der Entscheidung)

Wer war es? Und vor allem: warum? Detektivische Fragen treiben den Vorstand der Deutschen Bank um, seit durch Indiskretion bekannt wurde, dass das US-Justizministerium von ihr 14 Milliarden Dollar wegen dubioser Immobiliendeals eintreiben will. Weit mehr als erwartet. Mehr, als die Bank zahlen kann. „Alle sind beunruhigt“, sagt ein Insider. Mit Recht.

Die US-Forderung hat eine Lawine losgetreten. Jetzt geht es nicht mehr um die Strategie, Image oder Bedeutungsverlust. Es geht um die Existenz.

Prämien für Papiere zur Absicherung von Deutsche-Bank-Schulden sind auf Rekordstände geklettert. In Finanzforen diskutieren Banker, ob die Deutsche eher mit Lehman Brothers oder der ebenfalls untergegangenen Investmentbank Bear Stearns vergleichbar sei. Es sind nicht die einzigen Reminiszenzen an die Zeit der großen Krise. Mittlerweile steht eine Frage im Raum, die längst erledigt sein sollte. Soll, ja muss die Politik die Bank auffangen, wenn alle Stricke reißen? „Nie wieder“, hatte Angela Merkel beim Treffen der größten Industrienationen Ende 2014 in Brisbane verkündet.

Wo die meisten Filialen geschlossen werden
Deutsche Bank Quelle: dpa
Dresden Quelle: dpa
Rathaus in Saarbrücken Quelle: dpa
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Erfurt Quelle: dpa
Schloss Sanssouci in Potsdam Quelle: dpa
Mainz Quelle: dpa

Bank und Politik bemühen sich, die Debatte in den Griff zu bekommen. Am Mittwoch wandte sich Vorstandschef John Cryan via „Bild“-Zeitung an die größtmögliche Öffentlichkeit. „Die Situation ist besser, als sie von außen wahrgenommen wird“, erklärte er. „Ich habe die Bundeskanzlerin zu keinem Zeitpunkt um Hilfe gebeten“, sagte Cryan.

Dass Merkel mit Cryan bereits vor Wochen über eine mögliche Rettung gesprochen hat, wird allseits bestritten. Ein Treffen gab es, so heißt es im Umfeld der Bank, aber dabei sei es um Folgen des Brexit gegangen. Für die Kanzlerin kommt die Debatte zur Unzeit. Einerseits hätte eine Pleite unabsehbare Folgen nicht nur für die deutsche Wirtschaft. Es droht eine globale Kettenreaktion. Andererseits würde eine staatliche Rettung das Ansehen Berlins beschädigen. Die Gesetze sehen diese nur in sehr engen Ausnahmen vor. Und gerade Deutschland hat vor wenigen Wochen darauf bestanden, dass italienische Banken ihre Probleme ohne Staatshilfen lösen. Auch beim Wähler kämen Milliarden für Banker nicht gut an.

„Wir sind heilfroh, dass das Thema in den Beritt von CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble fällt“, sagt ein ranghoher SPD-Politiker. „Dass wir der Deutschen Bank mit Steuergeldern helfen, ist nicht vorstellbar“, sagt der CDU/CSU-Obmann des Finanzausschusses des Bundestags, Hans Michelbach. Fest geschlossen sind die Reihen nicht. „Es würde alles unternommen werden, um den Laden am Laufen zu halten“, sagt der frühere Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU).

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Energisch dementieren Finanzministerium und Aufsichtsbehörden, dass sie an konkreten Plänen für den Notfall arbeiten. Sie können auch nicht anders. Die Spirale des Misstrauens würde sich sonst weiter drehen, die Gefahr wachsen, dass Kunden nur noch eingeschränkt oder gar keine Geschäfte mehr mit der Bank machen. „Wenn genügend Leute denken, dass die Deutsche Bank ein Problem hat, hat sie ein Problem“, sagt ein Londoner Branchenkenner.

Tatsächlich herrscht bei Aufsehern und Ministerialbeamten hektische Betriebsamkeit. Alle hoffen, dass es gut geht. Aber sie wollen vorbereitet sein. „Alles andere wäre auch fahrlässig“, sagt ein Insider.

Das schlimmste Szenario sieht vor, dass die US-Strafe die Kraft der Bank übersteigt. Sehr wahrscheinlich ist das nicht, doch die Finanzministerialen stimmen sich eng mit der Europäischen Zentralbank (EZB), der Finanzaufsicht BaFin und der Bundesbank ab, zudem sind die für Finanzmärkte zuständige Generaldirektion der EU-Kommission und die Bankenabwicklungsbehörde SRB involviert. Den Einstieg des Staates wollen sie verhindern. Dafür würden verschiedene Szenarien „ergebnisoffen“ durchgespielt, sagt ein Insider. „Es geht um einen mehrstufigen Plan“, sagt ein anderer. Nur als „allerletztes“ Mittel, so die Vermutung, könnte der Staat einspringen. Und auch dann dürfte seine Beteiligung nicht mehr als 25 Prozent betragen.

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