
Jürgen Hambrecht hatte viel gesucht, aber wenig gefunden. Als Leiter einer von der Deutschen Bank eingerichteten Kommission sollte der Ex-BASF-Chef das System der Vergütung bei Deutschlands größtem Geldhaus überprüfen. Schließlich stand es – wie bei anderen Investmentbanken auch – im Verdacht, Angestellte zu gleichermaßen bonusträchtigen wie riskanten Geschäften zu verleiten. Zu Unrecht, wie Hambrecht im März 2013 bei der Vorstellung seiner Erkenntnisse erklärte: Das überarbeitete Vergütungsprogramm sei „vollständig regelkonform“, teilweise gehe es gar „über die regulatorischen Anforderungen hinaus“. Zwar gebe es hier und da noch etwas zu verbessern, aber insgesamt sei die Bank ein gelehriger Schüler: Sie habe eher zu viel als zu wenig geändert, um Fehlanreize auszuschließen.
Harsche Rüffel
Das kann man auch ganz anders sehen. Jedenfalls, wenn man Frauke Menke heißt und bei der Finanzaufsicht BaFin die Abteilung zur Kontrolle von Großbanken leitet. Vor einigen Wochen schickte die resolute Dame einen ihrer für ihren bissigen Ton gefürchteten Briefe in die Frankfurter Zwillingstürme. Das Schreiben, so heißt es, listete zahlreiche, zum Teil gravierende Mängel bei der Entlohnung auf. Der Aufsichtsrat, so Menkes Forderung, solle bitte dringend seiner Pflicht nachkommen und dafür sorgen, dass alles künftig so laufe, wie es sich die Behörde wünsche. Die Deutsche Bank wollte das nicht kommentieren.





Ähnlich harsche Rüffel trudelten etwa zeitgleich bei einer ganzen Reihe von Instituten ein. Sie sind das Ergebnis einer Sonderprüfung, mit der die Aufseher im vergangenen Jahr nachhakten, inwieweit die Banken ihre Gehaltsstrukturen an die überarbeiteten gesetzlichen Vorgaben angepasst haben. Das Ergebnis wird die BaFin an diesem Montag vorstellen. In Finanzkreisen ist allerdings bereits zu hören, dass es „schlecht“ bis „desolat“ ausgefallen sei. Kaum eine Bank habe den Test ohne Beanstandungen gemeistert.
Haben die Banker bewusst getrickst, um ihren Leuten weiter fette Boni zu sichern? Oder haben Aufseher und Regierung die Vorschriften so schludrig formuliert, dass sie kaum umsetzbar waren? Fünf Jahre nach der Finanzkrise ist die Regulierung der Gehälter eine Baustelle. Statt klarer Regeln gibt es ein immer komplexer werdendes System von Definitionen, Vermutungen und Ausnahmen. Daran zeigt sich, wie schwer sich ein auf den ersten Blick nicht allzu komplexes Thema regeln lässt, wie der Teufel im Detail steckt, ein gelöstes Problem neue nach sich zieht, sich deutsche und internationale Regeln oft nicht ergänzen, sondern überlappen und am Ende vor allem Bürokratie und neue Unklarheiten stehen.
Davon profitieren spezialisierte Anwälte und Vergütungsberater wie Towers Watson und McLagan. Gemeinsam mit den aufgestockten Personalabteilungen mühen sie sich um eine wettbewerbsfähige und regelkonforme Praxis. „Bei den Unternehmen gibt es viel Unsicherheit, weil die aufsichtsrechtlichen Vorgaben oft nicht ausreichend klar sind“, sagt Werner Klein, Partner bei der Beratung Hostettler Kramarsch und Partner in Frankfurt.
Und die Vorschriftenproduktionsmaschinerie steht nicht still: Mitte Dezember spuckte sie eine neue Version der deutschen Vergütungsverordnung aus, mit 29 Paragrafen doppelt so lang wie ihre Vorgängerin von 2010. „Die neue Version enthält vor allem Anpassungen und Detailregelungen, weniger grundlegende Neuerungen“, sagt Berater Klein.