
Der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, hat die Politik vor einer Verteufelung großer Finanzinstitute gewarnt und gleiche weltweite Wettbewerbsregeln angemahnt. Es müsse endlich damit aufgehört werden, „systemrelevante“ Banken automatisch als schlecht einzustufen und als großes Problem zu betrachten, sagte Fitschen am Montag in Berlin auf einer Veranstaltung der Unionsfraktion im Bundestag: „Nichts ist dämlicher, als eine solche Schlussfolgerung in den Raum zu stellen.“
Systemrelevante Banken seien von den Kunden gewollt. Banken müssten grenzüberschreitend eine kritische Masse aufbauen können, um eine günstige Kreditversorgung sichern zu können. „Das geht in nationalen Märkten nicht“, sagte Fitschen. Er warnte vor strengeren Regeln allein in Europa. Global aufgestellte Banken hätten so Wettbewerbsnachteile. „Natürlich müssen die Kunden die Zeche zahlen“, sagte Fitschen. Zu den jüngsten EU-Vorgaben etwa für die Vergütung von Managern sagte er, die Deutsche Bank sei in einem Maße getroffen, wie kein anderes Institut außerhalb der EU.





Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) räumte ein, dass bei der Regulierung immer abgewogen werden müsse. Global aufgestellte Unternehmen könnten bestimmte Regeln aber auch umgehen durch Verschiebungen ins Ausland. Es müssten Grenzen gezogen werden. Die jüngsten EU-Beschlüsse etwa zu Vergütungen („CRD IV“) seien angemessen. „Ich vertraue global aufgestellten Unternehmen, dass sie auch mit dieser Regulierung nicht untergehen“, sagte Schäuble.
Die Kernpunkte der neuen Deutsche-Bank-Strategie
Bis 2015 sollen die jährlichen Kosten um 4,5 Milliarden Euro sinken - das ist rund ein Sechstel der Kostenbasis für 2012 von gut 27 Milliarden Euro. Von den Einsparungen sollen 2,8 Milliarden aus dem operativen Geschäft kommen, 1,9 Milliarden allein aus der Investmentbank. Das heißt: 1500 gestrichene Investmentbanker-Stellen, drastisch sinkende Boni und eine noch unbekannte Zahl von Arbeitsplätzen, die in der Vermögensverwaltung wegfallen. 1,7 Milliarden Euro soll die "Infrastruktur" der Bank beisteuern. Zunächst wird das Sparprogramm allerdings erst einmal vier Milliarden Euro kosten.
Der deutsche Branchenprimus will Risikopapiere im Wert von 135 Milliarden Euro und nicht zum Kerngeschäft zählende Anlagen in eine Art konzerninterne „Bad Bank“ schieben, wo sie möglichst ohne Verluste abgewickelt werden sollen. So soll die risikogewichtete Bilanzsumme (RWA) der Bank um mehr als ein Drittel schrumpfen, und die Eigenkapitalquote steigt auch ohne Kapitalerhöhung. 100 Milliarden Euro der Summe kommen allein aus der Investmentbank. 45 Milliarden - ein Drittel - sollen schon Ende März aus der Bilanz verschwunden sein, Ende 2013 schon 80 Milliarden Euro.
Bis 2015 wird eine Eigenkapitalrendite nach Steuern von 12 Prozent angestrebt. Im ersten Halbjahr 2012 lag sie bei 7,4 Prozent. Unter Führung von Josef Ackermann hatte die Bank sich 25 Rendite vorgenommen - vor Steuern. Die Erwartungen des neuen Vorstands entsprechen einer Vorsteuerrendite von 17 bis 18 Prozent.
Die Boni für Führungskräfte sollen sinken - und sie werden später ausbezahlt. Anstatt sie über drei Jahre in Raten ausgeschüttet zu bekommen, müssen die Banker nun fünf Jahre warten. Und nur wenn sich der Erfolg, der mit den Bonus belohnt wurde, dann als dauerhaft herausstellt, sollen die Bonus-Aktien fließen. Ein Gremium externer Experten soll regelmäßig das allgemeine Gehaltsniveau überprüfen.
Die meisten Analysten halten die Kapitalausstattung der Bank für zu niedrig. Auf 7,2 Prozent kommt sie nur, wenn Anfang 2013 die schärferen Eigenkapitalvorschriften von Basel III in Kraft treten. Bis März 2013 sollen daraus acht Prozent werden, zwei Jahre später soll das Kapitalpolster in Form von Aktien und Gewinnrücklagen auf zehn Prozent wachsen. Das wäre mehr als die rund neun Prozent, die die Deutsche Bank langfristig nach dem Willen der Aufseher haben muss. Auf Kapitalerhöhungen will das Institut weiterhin verzichten.
Wachsen will die Deutsche Bank künftig vor allem in Asien. Dort seien jährliche Zuwachsraten von mehr als 20 Prozent beim operativen Gewinn möglich, in Deutschland und Amerika immerhin noch 10 bis 20 Prozent. In Deutschland will die Bank bis 2015 zehn Milliarden Euro mehr Kredite vergeben. Dagegen rechnet die Deutsche Bank damit, dass ihr Ergebnis im Rest von Europa in den nächsten drei Jahren schrumpft.
Die Deutsche Bank will künftig nicht mehr alle Geschäfte machen, nur weil juristisch nichts dagegen einzuwenden ist. Sie war unter anderem wegen Spekulationen mit Nahrungsmittel-Rohstoffen und Rüstungsunternehmen in die Kritik geraten.
Zwei Sparten sollen kräftig zulegen: Die Sparte Asset & Wealth Management (AWM) soll den Gewinn vor Steuern bis 2015 auf 1,7 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Ein Verkauf großer Teile der Sparte war gescheitert. Das Global Transaction Banking (GTB) soll bis 2015 einen Gewinn von 2,4 (2011: 1,0) Milliarden Euro vor Steuern abliefern. Die Privatkundensparte (PBC) hat für einen Gewinn vor Steuern von drei Milliarden Euro nun ebenfalls bis 2015 Zeit. Für die Investmentbank gilt nun das Ziel einer Eigenkapitalrendite von 15 Prozent nach Steuern - etwas mehr als im Konzern.
Der Finanzminister stellte klar, dass Deutschland bei der Regulierung notfalls weiter mit Alleingängen vorangehen werde, um auf europäischer und globaler Ebene Duck zu machen. Man habe mit einer nationalen Regulierung im Vorgriff zu EU-Vorgaben keine schlechten Erfahrungen gemacht. „Wenn der Langsamste das Tempo bestimmt, werden wir nie das Ziel erreichen“, sagte Schäuble. Seit 2008 sei eine Menge erreicht worden. Aber man sei noch nicht am Ende: „Die größte Gefahr wäre, in unseren Bemühungen nachzulassen.“
Auch die Chefin der obersten deutschen Finanzaufsicht Bafin, Elke König, mahnte gleiche Spielregeln auf amerikanischer und europäischer Ebene an. Hintergrund sind unter anderem die Verzögerungen bei den strengeren Eigenkapitalregeln für Banken („Basel III“) in den USA. Die Bafin-Präsidentin sprach sich ferner für internationale Regeln zur Abwicklung großer Banken aus.