
Auf den ersten Blick gibt es mal wieder Grund zur Sorge. Die Deutsche Bank hat im Jahr 2016 einen Milliardenverlust gemacht, das ist mehr als erwartet und vor allem liegt das nicht nur an Abschreibungen und Prozessen. Auch das Tagesgeschäft ist schlechter gelaufen als gedacht, die Erträge in fast allen Segmenten deutlich gefallen. Es geht weiter abwärts, so scheint es zumindest. Auch an der Börse gibt der Kurs der Aktie erstmal deutlich nach.
Doch auf den zweiten Blick zeigt das heute veröffentlichte Ergebnis, dass es für die gebeutelte Bank durchaus Anlass zur Hoffnung gibt. So hat sie ihre Risiken deutlich reduziert und die Kapitalausstattung entsprechend verbessert. Gerade diese Quote haben Investoren stets besonders kritisch gesehen. Hier hat die Führung um Bankchef John Cryan nun zumindest etwas mehr Vertrauen in die Stabilität geschaffen.
Die teuersten Rechtsstreitigkeiten der Deutschen Bank
In der Affäre um Geldwäsche von Kunden bei Wertpapiergeschäften in Moskau, London und New York muss die Deutsche Bank umgerechnet knapp 600 Millionen Euro an Aufsichtsbehörden in den USA und Großbritannien zahlen. Deutsche-Bank-Kunden kauften zwischen 2011 und 2015 bei der Moskauer Filiale Aktien großer Konzerne in Rubel - um diese dann an westlichen Handelsplätzen in dortiger Währung wieder zu verkaufen. So sollen rund 10 Milliarden Dollar Rubel-Schwarzgeld gewaschen worden sein. Die Deutsche Bank habe wegen Aufsichtsversagens zahlreiche Gelegenheiten ungenutzt gelassen, das Komplott zu unterbinden, urteilte die New Yorker Finanzaufsicht DFS und verhängte ein Bußgeld von 425 Millionen Dollar. An die britische Finanzaufsicht FCA muss die Deutsche Bank 163 Millionen Pfund zahlen.
Kurz vor Weihnachten einigt sich die Deutsche Bank mit den US-Behörden auf einen Vergleich über 7,2 Milliarden Dollar (6,7 Mrd Euro) für dubiose Hypothekengeschäfte aus Zeiten vor der Finanzkrise 2007/2008. 3,1 Milliarden Dollar werden als Zivilbuße fällig, 4,1 Milliarden Dollar muss die Bank über fünf Jahre verteilt an „Erleichterungen für Verbraucher“ zur Verfügung stellen. Wie sich das auf die Bilanz auswirkt, ist noch offen. US-Justizministerin Loretta Lynch kritisiert das Institut harsch: „Die Deutsche Bank hat nicht nur Investoren getäuscht, sie hat direkt zu einer internationalen Finanzkrise beigetragen.“ Ursprünglich hatte US-Justizministerium mit 14 Milliarden Dollar Strafe gedroht.
Die Deutsche Bank muss wegen ihrer Verstrickung in den Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze eine Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar zahlen. Das Institut verständigt sich mit Behörden in den USA und Großbritannien auf einen Vergleich. Es ist die höchste bislang verhängte Buße gegen eine Bank in diesem Fall.
Die Bank zieht einen teuren Schlussstrich unter den Dauerstreit um die Pleite des Kirch-Medienkonzerns. Insgesamt 925 Millionen Euro kostet der am Oberlandesgericht München besiegelte Vergleich. Damit beendete die Bank die juristische Auseinandersetzung um eine Mitverantwortung für die Pleite des Kirch-Konzerns 2002.
Das Institut zahlt 1,9 Milliarden Dollar in einem Streit um Hypothekenpapiere in den USA. Die beiden staatlichen Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac fühlten sich bei Hypothekengeschäften aus den Jahren 2005 bis 2007 übers Ohr gehauen.
Der Konzern steht für zwielichtige Hypotheken-Geschäfte der US-Tochter MortgageIT gerade. Um eine Klage aus der Welt zu schaffen, fließen 202 Millionen Dollar.
Das Geldhaus legt einen Streit mit der Stadt Mailand über umstrittene Zinswetten gegen eine Millionen-Zahlung bei. Insgesamt erhält die italienische Wirtschaftsmetropole 455 Millionen Euro. Die Entschädigungszahlung teilen sich vier Banken.
Zudem geht die Bank wohl mit Recht davon aus, dass sie nach der zumindest weitgehenden Beilegung der Verfahren um unsaubere Praktiken bei der Verbriefung von US-Immobilienkrediten und Rechtsstreitigkeiten den Höhepunkt bei den belastenden Rechtsstreitigkeiten hinter sich hat.
Die Auseinandersetzungen mit dem US-Justizministerium hatten im Herbst ernsthaften Anlass zur Sorge um den Bestand des Geldhauses gegeben. Wie stark diese auch das operative Geschäft belastet haben, macht erst der heutige Bericht deutlich. In fast allen Segmenten, so heißt es da, sei die Kundenaktivität wegen der Unsicherheit gefallen. Bleiben derartige Schocks künftig aus, könnte auch das Kundengeschäft wieder anziehen.
Trotz dieser durchaus ermutigenden Signale ist die Bank noch nicht über den Berg. Denn größere strategische Fragen – etwa zur Zukunft der Postbank und der Ausrichtung der Investmentbank - bleiben unbeantwortet. Cryan und seine Kollegen können das Jahr 2016 und mit ihm auch einen großen Teil der Altlasten nun abhaken und den Blick allmählich nach vorne wenden. Die Erfolge, die sie in der Mitteilung zum Ergebnis etwa zur Digitalisierung verkünden, sind auf Dauer aber viel zu wenig. Viele Fragen zur Vergangenheit sind nun beantwortet. Zur Zukunft sind umso mehr offen.