Deutsche Bank Gericht wird Jürgen Fitschen vermutlich freisprechen

Der Prozess gegen Top-Manager der Deutschen Bank steht vor dem Abschluss. Beobachter gehen davon aus, dass das Gericht die Angeklagten freispricht, nachdem die Richter kein gutes Haar an der Anklage ließen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Jürgen Fitschen und sein Vorgänger Josef Ackermann (l) sitzen zusammen auf Anklagebank des Münchener Landgerichts. Quelle: dpa

Mit dem Strafverfahren gegen Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen neigt sich einer der spektakulärsten Wirtschaftsprozesse der vergangenen Jahre dem Ende zu. Dass Fitschen und seine vier Mitangeklagten freigesprochen werden, halten Beteiligte nach scharfer Kritik des Landgerichts München an der Anklage für so gut wie ausgemacht.

Die spannende Frage ist, ob das Urteil bereits am Dienstag fällt oder ob die Staatsanwaltschaft dem Gericht in letzter Minute in die Parade fahren kann. Die Strafverfolger haben zwar schon ihr Plädoyer gehalten, wollen aber überraschend noch eine Durchsuchung der Bank erzwingen. In jedem Fall stehen vor einem Urteil noch die Verteidiger-Plädoyers für drei der fünf Angeklagten und deren mögliche Schlussworte aus.

Vor Gericht stehen neben Fitschen dessen Vorgänger Josef Ackermann und Rolf Breuer sowie zwei weitere ehemalige Vorstandsmitglieder von Deutschlands größtem Geldinstitut. Noch nie war ein Dax -Konzern so prominent auf der Anklagebank vertreten. Die Manager sollen in einem Schadenersatzprozess mit dem früheren Medienmogul Leo Kirch ein anderes Gericht belogen haben, lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Sie will Ackermann und Breuer wegen versuchten schweren Prozessbetrugs ins Gefängnis bringen und Fitschen mit einer Bewährungsstrafe belangen. Die Angeklagten betonen ihre Unschuld.

Der Streit über den Zusammenbruch der Kirch-Mediengruppe verfolgt die Deutsche Bank seit 14 Jahren und gipfelte vor einem Jahr in diesem Strafprozess. Kirch, der 2011 starb, machte die Bank für die Pleite verantwortlich, weil sich deren damaliger Chef Breuer in einem Interview kritisch über Kirchs Kreditwürdigkeit geäußert hatte.

Der Schadenersatzstreit endete mit einem Vergleich: Die Bank zahlte 928 Millionen Euro an Kirchs Erben. Eine Schuld an der Pleite wies sie von sich - Breuer habe Kirch nicht in Schwierigkeiten bringen wollen, sondern sich lediglich auf Bekanntes berufen. Von Breuer holt sich die Bank per Vergleich 3,2 Millionen wieder, von der für ihn abgeschlossenen Managerhaftpflichtversicherung bekommt das Institut nach Abzug des Selbstbehalts rund 90 Millionen Euro.

Die Angeklagten im neuen Kirch-Prozess
Clemens Börsig Quelle: REUTERS
Josef Ackermann Quelle: dpa
Jürgen Fitschen Quelle: dpa
Rolf Breuer Quelle: AP
Tessen von Heydebreck Quelle: AP

Ungeachtet des Vergleichs riefen die Aussagen im Schadenersatzprozess die Staatsanwaltschaft auf den Plan. Nach ihrer Lesart sollen sich die Banker verschworen haben, um Kirch in den Ruin zu treiben und an der Zerschlagung seines Imperiums zu verdienen.

Über diese Absicht hätten sie das damalige Gericht täuschen wollen, um eine Verurteilung zu verhindern. Es folgten jahrelange Ermittlungen, während derer die Strafverfolger zweimal die Bank durchsuchten, bergeweise Dokumente sammelten sowie Dutzende Zeugen und Verdächtige vernahmen.

Doch je länger sich der Strafprozess hinzog, desto skeptischer wurde das Gericht. Mehrmals äußerte Richter Peter Noll Zweifel, ob das von Staatsanwältin Christiane Serini aufgebotene Material ihre Verschwörungsthese belegt. Als Serini nach 32 Verhandlungstagen eine dritte Durchsuchung der Bank beantragte, platzte dem Richter vergangene Woche der Kragen. Für eine solche Maßnahme gebe es keinen Anlass, entschied er und zerpflückte die Anklage noch vor dem Urteil: Es fehle schlichtweg am Verdacht einer Straftat, wie die Beweisaufnahme ergeben habe.

Das ließ Serini nicht auf sich sitzen. Sie legte umgehend Beschwerde ein, um von der Richter Noll übergeordneten Instanz, dem Oberlandesgericht, doch noch einen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken. Nach Angaben aus Kreisen der Prozessbeteiligten will Noll es nun vom Oberlandesgericht abhängig machen, ob er bereits am Dienstag ein Urteil spricht. Falls Nolls Kollegen bis dahin noch keine Entscheidung getroffen haben, wolle er ihnen noch etwas Zeit geben, sagten zwei mit dem Vorgang vertraute Personen am Montag zu Reuters. Und falls das Oberlandesgericht überraschend eine Durchsuchung anordne, sei ein Urteil ohnehin nicht zu erwarten.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%