Liquidität
Die Liquidität einer Bank ist so etwas wie ihre Achillesferse und sagt viel über das Vertrauen der Investoren aus. Im Ernstfall schmilzt sie deutlich schneller dahin als das Kapital. Zwar ist die Liquiditätsquote der Bank weiterhin komfortabel hoch, allerdings zogen Investoren in den drei Monaten von Juli bis September Milliarden von der Bank ab, die Liquiditätsreserven sind insgesamt um 23 Milliarden Euro gesunken. Allein in der Vermögensverwaltung und dem Geschäft mit Privat- und Geschäftskunden flossen im vergangenen Quartal neun Milliarden Euro ab, bei institutionellen Fonds waren es noch mal acht Milliarden. Die Bank betont, dass die Abflüsse vor allem in die zweite Septemberhälfte fallen, in der die drohende US-Strafe zu Spekulationen um die Stabilität der Bank führten. Seit dem habe sich die Situation wieder stabilisiert, erklärt Finanzvorstand Marcus Schenck. Das zeigt, wie verletzlich das große Institut ist und wie schnell Gerüchte aus einem winzigen Loch, durch das Liquidität abfließt, ein gefährliches Leck machen können.
Das sagten Experten zur drohenden US-Strafe für die Deutsche Bank (vor der Entscheidung)
"Die Deutsche Bank wird diese Strafe nicht ohne Kapitalerhöhung bezahlen können. Das Eigenkapital von derzeit gut 60 Milliarden Euro sollte nicht weiter sinken. Das würde das Vertrauen in die Solidität weiter erschüttern. Die Gewinne der Bank sind derzeit so niedrig, dass sie kaum ausreichen werden, die Lücke zu füllen. Jetzt rächt sich, dass Bankenaufsicht und Bankenregulierer in den letzten Jahren nicht auf eine stärkere Erhöhung des Eigenkapitals der Deutschen Bank gedrängt haben."
"Jetzt kommt es mit Blick auf die Bank und die Beschäftigten darauf an, dass die Rechtsstreitigkeiten und damit verbundenen Unsicherheiten schnell gelöst werden. Wir erwarten, dass man einen angemessenen Kompromiss finden wird."
"Ich rechne damit, dass die Deutsche Bank am Ende vier bis 5,5 Milliarden Dollar bezahlen muss - das ist etwas mehr als bisher erwartet. Da wir im US-Wahlkampf sind, kann die Summe aber auch höher ausfallen - etwa sechs oder sieben Milliarden Dollar. Auch der Streit der EU mit Apple und Google kann durchaus dazu führen, dass die Summe höher ausfällt als vergleichbare Strafzahlungen von US-Banken.
Alles über sieben Milliarden Dollar wäre für die Deutsche Bank sehr gefährdend. Die Deutsche Bank müsste sich dann Gedanken machen, ob sie im normalen Geschäft noch mehr Risiken abbauen kann. Wenn alle Stricke reißen, müsste die Deutschen Bank ihre Kronjuwelen verkaufen - die Vermögensverwaltung - oder eine Kapitalerhöhung in Angriff nehmen. Die Deutsche Bank muss die Probleme in jedem Fall aus eigener Kraft bewältigen. Ich bin ziemlich sicher, dass es keine Staatshilfen geben wird.
Die deutsche Politik sollte sich nicht in die Verhandlungen über die Höhe der Strafe einmischen. Frankreich hat einst Öl ins Feuer gegossen, als es bei einer Milliarden-Strafe für BNP Paribas in den USA intervenierte. Das hat nichts gebracht, sondern die ganze Sache nur noch verschärft."
"Wenn die Strafe am Ende fünf Milliarden Euro oder mehr beträgt, wird die Deutsche Bank nicht um eine Kapitalerhöhung herumkommen. Investoren wollen nicht, dass die Kapitalquote der Bank zu nah an den Mindestanforderungen der Regulierer liegt."
"Wir erwarten, dass das mögliche Verhandlungsergebnis deutlich unterhalb des ersten Vergleichsvorschlags liegen wird. Eine Strafzahlung von rund 2,5 Milliarden Dollar würden wir als akzeptables Ergebnis einstufen. Eine Strafzahlung oberhalb der bestehenden Rückstellungen würde die Wahrscheinlichkeit einer Kapitalerhöhung unseres Erachtens erhöhen."
"Das Justizministerium hat die Deutsche Bank dazu auserkoren, ihren Teil beim Stopfen des enormen US-Haushaltsdefizits beizutragen."
"Angesichts der prekären Finanzlage einiger europäischer Banken, von denen die Deutsche eine des risikobehaftetsten und systemrelevantesten ist, ist dies verstörend und wirkt kurzsichtig und unnötig strafend." Selbst ein Drittel der angedrohten Strafe von 14 Milliarden Dollar wäre eine schwere Last für eine Firma mit einem Börsenwert von rund 18 Milliarden Euro. "Gigantische Forderungen unterminieren Banken, drohen einige der am meisten globalisierten, systemrelevanten Institute zu destabilisieren, just als ein Cocktail neuer Regulierungen und ultra-niedriger Zinsen die Ertragskraft zerstören. Es gibt Spekulationen um eine neue Ära der 'Auge-um-Auge'-Handelskriege. Die Deutsche Bank könnte der Prügelknabe für den Angriff der EU-Kommission auf Apple sein."
Erträge und Kosten
Große Fortschritte macht die Bank vor allem auf der Kostenseite, hier zeigen die Sparmaßnahmen langsam Wirkung. Das gilt auch für den Personalaufwand, der aufgrund der sinkenden Mitarbeiterzahl deutlich rückläufig ist. Trotzdem kündigte Cryan einen verschärften Sparkurs an, angesichts der niedrigen Zinsen sei nicht davon auszugehen, dass das Umfeld sich schon bald bessere. Insgesamt hat die Bank ihre Erträge gegenüber dem Vorjahr leicht um zwei Prozent gesteigert. Pfeiler des Erfolgs war unter anderem der Anleihehandel, der ein Plus von 14 Prozent abwarf. Viele Investmentbanken profitierten nach dem Brexit-Voting in Großbritannien von den volatilen Märkten. Ein regelmäßiges Ertragsplus können Anleger hier also nicht einkalkulieren.
Auch die Vermögensverwaltung (Deutsche Asset Management) sieht nach einem Pfeiler des Geschäfts aus, hier konnten die Nettoerträge um satte 30 Prozent gesteigert werden. Zieht man allerdings den Beitrag des so gut wie verkauften Versicherers Abbey Life heraus, sinken die Nettoerträge aufgrund der Abflüsse um acht Prozent. Die Bank kommt zwar mit ihrer Kostenstrategie voran, einen dauerhaften Ertragsbringer bleibt sie aber schuldig.
Postbank
Für Unruhe sorgt weiterhin die Postbank. Offiziell erklärt die Deutsche Bank weiterhin, ein Verkauf der Postbank sei Teil ihrer Strategie, daran habe sich nichts geändert. Es bestehe kein Druck, ein Verkauf zu jedem Preis komme also nicht in Frage. Zuletzt tauchten allerdings auch aufgrund der schlechten Marktsituation immer wieder Gerüchte auf, die Bank könnte ihr eigenes und das Privat- und Firmenkundengeschäft der Postbank integrieren und unter einer Holding parallel zur Investmentbank weiterführen. Auch das sorgt nicht nur bei Mitarbeitern der Postbank, sondern auch bei Investoren weiter für Unruhe.
Insgesamt sind es für die Deutsche Bank schwarze Zahlen mit bitterem Beigeschmack, die die Anleger nicht überzeugen können. Der Aktienkurs rangierte am Donnerstagmittag trotz des Gewinns nur bei einem leichten Plus. Zu viele schlechte Nachrichten folgen auf wenige gute, und die Unsicherheit ob der drohenden US-Strafe bleibt hoch.