Deutsche Bank John Cryans Charme-Offensive

Der Vorstandschef der Deutschen Bank, John Cryan, nutzte seinen Auftritt vor dem CDU-Wirtschaftsrat in Berlin, um für mehr Vertrauen in die Banken zu werben. Gleichzeitig kritisiert er Regulierungsvorteile der US-Banken.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der Deutsche-Bank-Chef wirbt bei der Politik um Vertrauen. Quelle: AP

„Es ehrt mich, dass Sie mich als Banker zu Ihrem Wirtschaftstag eingeladen haben. Wir sind ja nicht gerade die Lieblinge der Politik“, sagte der Chef der größten deutschen Bank vor 2500 Teilnehmern fast demütig. Er wisse selbst, dass der massive Vertrauensverlust aus der Finanzmarktkrise herrührt.

Nur mit Hilfe der Staaten konnten viele Banken überleben. „Das Vertrauen, das damals verloren gegangen ist, mussten und müssen wir erst mühsam wieder aufbauen“, so Cryan. Er wünsche sich zweierlei: Gegenseitiges Verständnis und Vertrauen. Dann setzte er zu einer Rede an, der zweitlängsten, die er auf Deutsch gehalten habe, wie er zum Schluss meinte. Die längste hielt er bislang auf der Hauptversammlung seines Instituts.

Cryan sieht die Banken zunächst selbst noch in der Pflicht. Die Kreditinstitute müssten noch stabiler werden, um künftige Krisen aus eigner Kraft bewältigen zu können. „Für die Deutsche Bank kann ich sagen: Im Zentrum unseres Handelns müssen unsere Kunden stehen. Und unsere Gewinne sind nur dann nachhaltig, wenn wir die Gesellschaft insgesamt im Blick haben.“ Das war in der Vergangenheit keineswegs der Fall, wenn man an die milliardenschweren Strafen des Instituts denkt.

Die Problemfälle der Deutschen Bank
Mai 2016Der italienische Staatsanwalt Michele Ruggiero ermittelt wegen Marktmanipulation gegen die Deutsche Bank und fünf aktuelle und ehemalige Top-Manager. Es geht um den Verkauf von italienischen Staatsanleihen im Wert von sieben Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2011. Die Deutsche Bank soll öffentlich versichert haben, dass die italienischen Staatsschulden stabil seien, gleichzeitig aber den Märkten und dem Finanzministerium in Rom verschwiegen haben, dass sie ihre eigenen Bestände drastisch abbauen werde. Quelle: REUTERS
Mai 2016Die Deutsche Bank legt ein Verfahren in den USA außergerichtlich bei. Sie zahlt 50 Millionen Dollar wegen des Vorwurfs der Manipulation des Marktindexes Isdafix. Mehrere Pensionsfonds und Kommunen hatten insgesamt 14 Banken vorgeworfen, den Wettbewerb auf dem Markt für sogenannte Zinsswaps behindert zu haben. Quelle: REUTERS
Mai 2016Die britische Finanzaufsicht FCA wirft der Deutschen Bank grobe Versäumnisse bei ihren Kontrollsystemen vor. Die Aufsicht kritisiert die Vorkehrungen des Instituts gegen Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Sanktionsverstöße. Diese wiesen "systematische Mängel" auf. Führungskräfte seien nicht ausreichend im Kampf gegen Finanzkriminalität engagiert. Quelle: REUTERS
28. April 2016Dieser Ärger ist hausgemacht: Georg Thoma, Leiter des Integritätsausschusses im Aufsichtsrat der Deutschen Bank, legt sein Amt nach massivem Druck seiner Kollegen nieder. Da Thoma vor allem die Aufklärung von Skandalen vorantreiben sollte, verunsichert sein Rückzug die Investoren.    Quelle: dpa
25. April 2016Ausnahmsweise mal ein juristischer Erfolg für die Bank. Das Münchner Landgericht spricht Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen und vier Ex-Spitzenbanker vom Vorwurf des versuchten Prozessbetrugs frei. Die Staatsanwaltschaft hatte den Angeklagten vorgeworfen, im Zivilprozess um die Pleite des Medienunternehmers Leo Kirch gelogen zu haben. Quelle: dpa
22. April 2016Aktionärin Marita Lampatz verlangt eine umfangreiche Sonderprüfung bei der Deutschen Bank. Neben vergangenen Jahresabschlüssen soll ein externer Experte auch Schadenersatzansprüche gegen Aufsichtsratschef Paul Achleitner und andere Topmanager wegen des Libor-Zinsskandals prüfen. Über den Antrag entscheidet die Hauptversammlung am 19. Mai. Quelle: dpa
April 2016Die Veröffentlichung der „Panama Papers“ zeigt, dass rund 30 deutsche Banken in den vergangenen Jahren die Dienste der Kanzlei Mossack Fonseca genutzt und mit ihrer Hilfe Briefkastenfirmen aufgesetzt haben. Auch die Deutsche Bank ist dabei. Quelle: REUTERS

„Ich selbst bin gerne Banker“, so Cryan, der ab Mai das Institut allein führt. Und ihn betrübe es persönlich, wenn Banken nur als notwendiges Übel angesehen werden. Aber wenn man die Banken nur noch als Last betrachte, schade das auch der Wirtschaft. Denn wenn die Banken schwächeln, schwächele auch die Wirtschaft.

Politiker und Aufseher hätten großen Einfluss darauf, wie es mit Europas Banken weitergehe, glaubt der Vorstandschef. Derzeit falle es den Banken schwer, aus eigener Kraft das Eigenkapital aufzubauen, mit dem sie steigende Anforderungen der Aufseher erfüllen müssen. „Es droht ein Teufelskreis“, warnte Cryan. Denn die Banken würden den steigenden Anforderungen „fast pausenlos“ hinterherlaufen. Schwache Banken wiederum würden einer Erholung der Wirtschaft im Weg stehen.

Erschwerend komme hinzu, dass die internationale Regulierung die europäische Finanzbranche überproportional belaste. Mit anderen Worten: die US-Kreditinstitute, die die Krise besser weggesteckt haben, haben nach Cryans Einschätzung einen Vorteil. Das machte Cryan an der sogenannten Verschuldungsquote deutlich.

Die Verschuldungsquote gibt das Verhältnis zwischen Eigenkapital und Bilanzsumme wider. Hier würden die US-Institute besser fahren, weil diese beispielsweise keine Baufinanzierungen auf der Bilanz hätten. Hypothekenkredite werden gleich an staatliche Institute wie Fannie Mae verkauft. „Die US-Banken müssen nicht erst wie wir in Europa private Investoren für eine Verbriefung finden“, kritisierte Cryan. Europas sollte daher selbstbewusst genug sein, um Regeln aufzustellen, die „zu uns passen“.

Was in der öffentlichen Debatte als notwendige Strenge gegen die Banken beklatscht werde, „trifft am Ende oft auch die Firmenkunden“, warnte Cryan. Natürlich fordere er nicht, das Rad der Regulierung zurückzudrehen. Der Bankmanager plädierte dafür, das Tempo der Regulierung zu drosseln.

Zunächst sollte geschaut werden, wie die bisherigen Regelungen wirken. Und Europa sollte die strategische Bedeutung des Bankensystems für Wachstum und Wohlstand erkennen, schloss er seine bislang zweitlängste Rede auf Deutsch.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%