Deutsche Bank Der Untergang ist abgesagt

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Kapital: deutlich aufgepolstert

Wichtigster Gradmesser für die Stabilität von Banken ist ihre Ausstattung mit Kapital. Mit dem von Aktionären eingezahlten Geld und einbehaltenen Gewinnen können Institute ihre Geschäfte unterlegen und Verluste abfedern. Wenn die Verluste das Eigenkapital übersteigen, ist die Bank pleite. Bei Lehman standen Schulden von knapp 800 Milliarden Dollar nur noch Vermögenswerte von 640 Milliarden gegenüber.

Aufseher haben deshalb weltweit die Anforderungen an das Eigenkapital erhöht. Seit dem Herbst 2008 hat auch die Deutsche Bank das Polster deutlich gefüllt. Damals hatte sie 40 Milliarden Euro Kapital, heute sind es 63 Milliarden. 49 Milliarden davon sind sogenanntes „hartes Kernkapital“, das sich aus dem von den Aktionären eingezahlten Kapital und Gewinnrücklagen zusammensetzt. Banken müssen ihre Vermögenswerte nach deren Ausfallwahrscheinlichkeit bewerten. Ergebnis der Prozedur sind die risikogewichteten Aktiva (RWA) von 403 Milliarden Euro. Die für die Aufseher entscheidende „harte Kernkapitalquote“ errechnet sich, indem man das harte Kernkapital durch die RWA teilt. Die Deutsche Bank kommt so auf 12,2 Prozent.

Das ist deutlich mehr als die 10,75 Prozent, die Aufseher derzeit mindestens verlangen. Unter dem Strich hat die Bank sechs Milliarden Euro mehr Kapital als erforderlich.

Strafzahlung in den USA

Der Verkauf der Anteile an der chinesischen Hua Xia Bank soll die harte Kernkapitalquote nochmals um 0,4 Prozent verbessern. Insider gehen davon aus, dass es in den kommenden Tagen zum Abschluss kommt.

Eine hohe Strafzahlung in den USA könnte die Basis empfindlich schwächen. Zwar hat die Deutsche Bank für Verfahren vorgesorgt und insgesamt 5,5 Milliarden Euro zurückgestellt. Etwa die Hälfte davon dürfte auf die Auseinandersetzung mit den US-Behörden entfallen. Hätte die Bank umgerechnet 2,7 Milliarden Euro für den Prozess reserviert, könnte sie eine Zahlung von knapp acht Milliarden verkraften, ohne dass ihre Kapitalquote unter die kritische Marke fällt, rechnen Analysten der UBS vor.

Das sagten Experten zur drohenden US-Strafe für die Deutsche Bank (vor der Entscheidung)

Nach Berechnungen der Ratingagentur Moody’s, die Marktanteile und Strafen von Banken miteinander verglichen hat, dürfte eine Einigung mit den USA die Deutsche Bank maximal fünf Milliarden Euro kosten.

Ob Cryan in den USA jetzt auch mit dem US-Justizministerium verhandeln wird, ist offen. Insider zeigen sich aber optimistisch, dass eine baldige Lösung in Sicht ist.

Selbst wenn diese für die Bank so dramatisch ausfällt, dass ihre Kapitalquote unter die Mindestanforderung fällt, wäre das nicht ihr Ende. Die Bank könnte sich immer noch bei Aktionären neues Kapital besorgen, allerdings nur mit hohem Rabatt.

Je mehr Geld die EZB druckt, desto weniger verdienen die Banken (Für eine vergrößerte Ansicht bitte auf die Grafik klicken.)

Ein zusätzlicher Puffer sind Anleihen, die sich in Eigenkapital wandeln, wenn die Kapitalquote unter die Vorgabe der Aufseher sinkt. Die Deutsche Bank hat solche Anleihen im Wert von rund 4,5 Milliarden Euro emittiert. Eine Umwandlung würde Verluste weiter abfedern, aber gleichzeitig das Misstrauen gegenüber der Bank steigern.

Letztlich könnte die Bank ihre Kapitalquote auch dadurch verbessern, dass sie ihr Geschäft reduziert. Dafür könnte sie die Vermögensverwaltung um die Fondstochter DWS verkaufen – würde aber einen Geschäftszweig mit Wachstumspotenzial abgeben. Deutlich weniger einschneidend wäre es, wenn die Bank Portfolien von Krediten oder Wertpapieren verkauft.

Bei "systemischer Krise" beteiligt sich der Staat

Das sieht auch der von der Bank selbst verfasste Sanierungsplan vor, den Aufseher nach Lehman von allen Banken verlangen. Das Dokument der Deutschen Bank ist einige Hundert Seiten dick. Insider vermuten, dass im Krisenfall Versicherer wie Allianz und Munich Re bereitstünden, um der Deutschen Bank Vermögenswerte abzunehmen. Eine Verbalintervention des Chefs der Allianz-Fondstochter, Andreas Utermann, befeuerte dies: „Ich glaube kein bisschen, dass Deutschland letztlich nicht aushelfen wird, wenn die Deutsche Bank in Schwierigkeiten steckt. Sie ist zu bedeutend für die deutsche Wirtschaft“, so Utermann.

Einem direkten Einstieg des Bundes sind aber enge Grenzen gesetzt. Um den Einsatz von Steuergeld möglichst auszuschließen, sehen europaweit Gesetze vor, dass bei Schieflagen von Banken nach den Aktionären zuerst die Gläubiger und Einleger haften. Eine Hintertür bleibt aber offen. Wenn eine „systemische Krise“ droht, darf sich der Staat direkt beteiligen.

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