Deutsche Bank So tickt der Strategiechef Stefan Krause

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Krauses komplexes Konstrukt

Alle Geschäfte sind nach Regionen, Produkten und Kundengruppen sortiert. Ihre Erfolgsaussichten messen sich, wie Insider berichten, nach rund einem Dutzend festgelegter Kriterien. Dazu zählen vier harte, finanzielle Faktoren wie die Eigenkapitalrendite. Sie ergänzen „geschäftspolitische Erwägungen“ wie die werbewirksame Nummer-eins-Position in Deutschland. Hinzu kommen Größen wie die Wahrnehmung der Bank in der deutschen Öffentlichkeit und die Vermittelbarkeit von Beschlüssen bei den Mitarbeitern.

Aus dem gigantischen Puzzle soll sich jenes Modell herauskristallisieren, das beste Perspektiven bietet. Leicht ist das nicht, denn in Krauses komplexem Konstrukt hängt alles mit allem zusammen. Letztlich, so heißt es im Institut, wird die Wahl zwischen drei oder vier Grundrichtungen fallen. Sollte die Bank ihre Stärke in der globalen Präsenz suchen, würde sie auch unprofitable Niederlassungen im Ausland fortführen, aber weniger Produkte anbieten. Würde sie ihre Zukunft dagegen als Adresse für Unternehmen und reiche Privatanleger sehen, könnte sie etliche Filialen dichtmachen. Eine andere Option ist es, sich künftig mehr auf Europa zu konzentrieren.

Eine bloß etwas abgespeckte Version des bisherigen Kurses ist im Vorstand zwar diskutiert worden, dort aber wohl kaum mehrheitsfähig. Das Messer soll tiefer schneiden, fraglich ist nur, wo es ansetzt. Offenkundig scheint vor allem, dass die Bank ein zu großes und dabei wenig profitables Geschäft mit anderen Banken betreibt. Es dürfte ebenso schrumpfen wie der im Investmentbanking angesiedelte Handel mit Anleihen. Zudem dürften sich kleinere Auslandsaktivitäten in Polen oder Südkorea reduzieren. Sie sind der Bank bei Zukäufen zugefallen, ihr Sinn erschließt sich selbst Insidern kaum noch.

Verkauf der Postbank?

Ein großer Brocken wäre der intern umstrittene Verkauf der Postbank. Zudem dürfte, so vermuten Insider, die 20-Prozent-Beteiligung an der chinesischen Hua Xia Bank auf den Prüfstand kommen. Jain hat den Sinn des Engagements bei dem Filialinstitut intern schon mehrfach ebenso heftig bezweifelt, wie ihn Privatkundenvorstand Rainer Neske verteidigte. Der Wertverfall chinesischer Banken hatte die Diskussion zeitweise gestoppt. Nun jedoch erhält sie neuen Auftrieb.

Um die neuen Pläne Wirklichkeit werden zu lassen, wird sich die Bank vermutlich um die fünf Jahre Zeit geben. Für die Umsetzung soll Krause sorgen. Dabei kann er sich weiter auszeichnen und sich womöglich für noch höhere Weihen empfehlen. Wenn in der Bank darüber spekuliert wird, wer den spätestens 2017 ausscheidenden Co-Chef Fitschen beerbt, ist neben dem Namen seines Nachfolgers Schenck auch Krauses Name zu hören.

Es wäre für ihn die zweite Chance für einen Job ganz oben. Schon bei BMW war Krause als Finanzvorstand ein heißer Kandidat für die Nachfolge des damaligen Chefs Helmut Panke, hatte 2006 aber gegen Norbert Reithofer den Kürzeren gezogen. Als ihn der damalige Aufsichtsratschef der Deutschen Bank Clemens Börsig ansprach, zauderte er nicht lange.

Kulturmanagement

Dass er mehr als 20 Jahre bei dem Autokonzern war und so nicht als Banker sozialisiert wurde, spricht nicht notwendigerweise gegen den weiteren Aufstieg. Schwerer könnten fachliche Mängel wiegen. So hatte etwa die US-Börsenaufsicht Mängel im Controlling der Deutschen Bank scharf kritisiert. Die führten auch zu einer Untersuchung der deutschen Finanzaufsicht BaFin – und zu einem leicht gekürzten Jahresbonus für Krause. Auch wenn die Mängel mittlerweile weitgehend behoben sind, kritisieren einige Deutschbanker, dass Krause dabei zu unentschlossen vorging.

Sollte der Sprung ausbleiben, dürfte das Krause nicht ins ewige Unglück stürzen. Schon bei BMW ging sein Blick über Excel-Tabellen und Charts hinaus. So vertrat er das Unternehmen gerne bei Opernpremieren und Ausstellungseröffnungen. Bei der Deutschen Bank ist er nun auch für das weltweite Kulturmanagement zuständig. Dazu zählt eine Sammlung von 60.000 Bildern, Zeichnungen und Fotografien.

Für die hat er weit mehr als nur theoretisches Interesse. Krause malt auch selbst. „Das entspannt ihn“, sagt ein von den kreativen Schüben des Finanzmanns beeindruckter Freund. Der erinnert sich auch an gemeinsame Spaziergänge, die Krause immer wieder kurz unterbrach, um seine Kamera zu zücken und Details am Wegesrand aufzunehmen: „Er hat ein untrügliches Gespür für den richtigen Moment.“

Dass das stimmt, muss Krause nun mehr denn je in der Bank beweisen. Sie kann es gut gebrauchen. Er auch.

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