Deutsche Bank Der Untergang ist abgesagt

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Liquidität: 215 Milliarden mobilisierbar

Noch Anfang März 2008 gab Alan Schwartz alles, um für Ruhe zu sorgen. „Es gibt keinen Druck auf unsere Liquidität“, verkündete der Chef der US-Investmentbank Bear Stearns. Binnen Tagen wurde er eines Besseren belehrt. Der Bank liefen die Kunden in Scharen davon. Christopher Cox, damals Chef der Börsenaufsicht SEC, erklärte später, dass sich Gerüchte selbst erfüllt hätten.

Vernetzte Banken (Für eine vergrößerte Ansicht bitte auf die Grafik klicken.)

Wenn zu viele Kunden denken, dass eine Bank ein Problem hat, hat sie ein Problem. Denn dann ziehen sie Geschäfte und Guthaben ab, um sie in Sicherheit zu bringen. Die meisten Banken scheitern nicht an fehlendem Kapital, sondern am fehlenden Vertrauen. Dessen Entzug kann sich wie bei Bear Stearns rasend schnell vollziehen.

Für Unruhe sorgte deshalb eine Meldung, nach der einzelne Hedgefonds ihre Geschäfte mit der Deutschen Bank eingeschränkt haben. Sie könnten der Vorbote eines größeren Exodus sein. Tatsächlich handelt es sich lediglich um etwa 10 von rund 1000 Hedgefonds, die Verbindungen zu der Bank unterhalten. Und einige könnten durchaus eigene Interessen verfolgt haben. Unter den Fonds war etwa auch der amerikanische AQR Capital Management, der mit rund sieben Millionen Aktien auf einen weiteren Absturz des Deutsche-Bank-Kurses wettete.

Unternehmen abhängig von Einlagen von Privat- und Unternehmenskunden

In der Bank heißt es, dass der Abzug der Fonds keinen Einfluss auf die Liquidität habe. Tatsächlich hängt das Institut vor allem von den Einlagen von Privat- und Unternehmenskunden ab. Privatanleger haben der Bank 307 Milliarden Euro anvertraut, in der hauseigenen Transaktionsbank haben Unternehmen 195 Milliarden gebunkert. Das unterscheidet die Deutsche deutlich von der reinen Investmentbank Lehman.

Ein verlässliches Netz ist das noch nicht. Schließlich können auch Privatkunden ihre Konten leer räumen. Um das zu verhindern, traten an einem Sonntagabend im Herbst 2008 Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister Peer Steinbrück vor die Kameras: „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind.“

Kunden entziehen das Vertrauen

Einzelne Kunden haben der Deutschen Bank das Vertrauen entzogen. So berichten einige wohlhabende Anleger, dass sie Einlagen jenseits der gesetzlichen Sicherungsgrenze von 100.000 Euro von der Bank abgezogen haben. Schweizer Privatbanken melden verstärktes Interesse von Deutsche-Bank-Klienten. In der Bank heißt es, dass keine signifikanten Mittelabflüsse zu registrieren seien. Einen kompletten Entzug des Vertrauens könnte das Institut nicht schultern, einen teilweisen aber schon. Die Liquiditätsreserve der Deutschen Bank liegt aktuell bei 215 Milliarden Euro – vor allem Bargeld und Staatsanleihen, die sie schnell verkaufen kann. Gerade hier hat die Deutsche Bank nach der Finanzkrise zugelegt. Damals betrug die Reserve nur ein Viertel dessen.

Und selbst wenn das nicht reicht, hätte Cryan noch einen Trumpf – Mario Draghi, den Chef der Europäischen Zentralbank (EZB). Solange eine Bank ausreichend Sicherheiten vorweist, kann sie sich unter anderem über langfristige Kreditlinien refinanzieren, die Draghi Europas Banken zum Nulltarif zur Verfügung stellt.

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