Die letzten Tage hat Josef Ackermann genutzt, um sich von Gefolgsleuten und Geschäftspartnern zu verabschieden: ohne Pomp, Protz und allzu große Worte, ohne offiziellen Festakt, dafür entspannt, locker, mit sich zufrieden. Bis zuletzt ist er durch die Welt gereist, bevor an diesem Donnerstag der letzte Vorhang für die Joe-Show fällt. Rund 5.000 Aktionäre werden bei der Hauptversammlung in der Frankfurter Festhalle dabei sein, wenn sich der Deutsche-Bank-Chef aus dem Amt verabschiedet. Schon am nächsten Tag treten seine in einem quälend langen Ausleseprozess bestimmten Nachfolger Jürgen Fitschen und Anshu Jain ihre Posten an.
Was sich der 64-jährige Schweizer noch wünscht, hat er zuletzt mehrfach fallen lassen: dass seine Leistungen im Rückblick höher geschätzt werden als in seiner aktiven Zeit, dass ihm die Geschichte recht gibt und dass die oft heftige Kritik an seiner Person allgemeiner Anerkennung weicht.
Ob es dazu kommt? Einerseits hat die Bank alle Krisen ohne direkte Staatshilfen überstanden. Selbst Konkurrenten trauen ihr zu, künftig weltweit eine wichtigere Rolle zu spielen. Die Bank hat heute fast viermal so viele Mitarbeiter wie vor 20 Jahren und erwirtschaftet in Amerika mehr Erträge als damals auf der ganzen Welt. Mit einer Bilanzsumme von mehr als zwei Billionen Euro ist sie das größte Institut Europas.
Andererseits müssen Ackermann und vor allem der ebenfalls scheidende Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Börsig am Donnerstag mit heftiger Kritik rechnen. Eine ganze Reihe angelsächsischer und deutscher Investoren wollen erreichen, dass die Aktionäre dem Aufsichtsrat die Entlastung verwehren. Einen solchen Antrag hat etwa die britische Versicherung Legal & General eingereicht, die nach eigenen Angaben knapp ein Prozent des Aktienkapitals vertritt. Sie kritisiert die unprofessionelle Nachfolgesuche für Ackermann, seinen fehlgeschlagenen Versuch, selbst in den Aufsichtsrat zu wechseln, aber auch die Vorstandsvergütung und die zu wenig nachhaltige Strategie der Bank.
Wie deutsch bleibt die Bank?
In die gleiche Richtung geht Hans-Christoph Hirt von der Aktionärsberatung Hermes. Und auch Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung Institutionelle Privatanleger sowie die Aktionärsberatungen Glass Lewis und PIRC gehen auf Konfrontation. PIRC vertritt Pensionskassen und kritisiert die mangelnde Transparenz bei den Leistungskriterien für die Festlegung der Boni und das Fehlen einer Obergrenze.
Offen ist, ob sich Großaktionäre wie die US-Fondsgesellschaft Black Rock den Anträgen auf Nichtentlastung anschließen werden. Die US-Aktionärsberatung ISS hat sich bereits für die Entlastung ausgesprochen. Sollte sie verweigert werden, hätte das kaum juristische Folgen, wäre aber ein schwerer Imageschaden für die ausscheidenden Top-Manager.
Fragen zur künftigen Strategie der Bank, zum Wachstum und zur Anpassung an die veränderte Regulierung werden bei dem Treffen ebenfalls zur Sprache kommen. So sorgen sich Frankfurter Deutschbanker immer noch, dass ihr Institut unter dem gebürtigen Inder Jain „weniger deutsch“ sein werde und die von Ackermann eingeleitete Hinwendung zu stabileren Geschäften zugunsten riskanterer Zockereien wieder rückgängig gemacht wird. Die ersten Personalentscheidungen haben den Eindruck der Skeptiker verstärkt und bei vielen für Enttäuschungen und Frustrationen gesorgt. Im Geschäft mit reichen Privatkunden etwa hievte Jain nicht Deutschland-Chef Joachim Häger an die Spitze, sondern überraschend seinen Vertrauten Michele Faissola.