Deutsche Bank Tiefe Sorge um Deutschlands größtes Geldhaus

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„Wo bleibt die Besserung?“

Beim Thema Kulturwandel ist SPD-Finanzexperte Schneider jedoch deutlich skeptischer eingestellt als sein Koalitionskollege. „Die Bank hat in den vergangenen Jahren viel angekündigt, ohne zu liefern. Da bin ich ein gebranntes Kind“, so Schneider. Auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Alexander Radwan traut dem Bekenntnis nicht. „Ich habe Zweifel an dem schnellen proklamierten Kulturwandel der Deutschen Bank. Die Geldwäscheaktivitäten in Russland geben da einem schon zu denken. „Wo bleibt die Besserung?“, fragt Radwan.


Investoren abgeschreckt

Das fragen sich offensichtlich auch die Anleger. „Wenn Investoren von einem nachhaltigen Geschäftsmodell ohne Casino bei der Deutschen Bank überzeugt wären, stünde der Aktienkurs nicht dort, wo er steht“, bemerkt der Sozialdemokrat Schneider. In einem Interview mit dem „Spiegel“ hat das Cryan bestätigt. „Die rechtlichen Auseinandersetzungen schrecken immer noch viele Investoren ab“, sagte er. Gleichzeitig tritt er dem Eindruck entgegen, die Deutsche Bank könnte ein Übernahmekandidat sein. Die Deutsche Bank sei immer noch ein großes Institut, zudem dürften Regulierer gegen einen Zusammenschluss großer Institute sein.

Wo die Deutsche Bank überall Ärger hat

Tatsächlich wurde das Institut in diesem Jahr abgestraft. Seit Jahresbeginn halbierte sich der Kurs nahezu auf zuletzt gut 13 Euro, wobei die größte Erschütterung vom Brexit-Votum der Briten ausging. An der Börse ist das Institut nur noch rund 18 Milliarden Euro wert. Die Deutsche Bank ist stark in London vertreten, und noch ist nicht absehbar, wie sie die Folgen verkraftet. Jetzt wird mit zweiten Quartal mit einem drastischen Gewinneinbruch gerechnet, was die Unruhe vergrößern dürfte. Hinzu kommt, dass die Deutsche Bank-Tochter in den USA erneut durch den Stresstest fiel und der Internationale Währungsfonds (IWF) die Deutsche Bank unter den globalen Instituten als weltweit größtes Systemrisiko ansieht.

In Hintergrundgesprächen zeigen sich Vertreter des Bundesfinanzministeriums nicht überrascht über die Einschätzung des IWF. Die Deutsche Bank sei sehr vernetzt, absolut systemrelevant, aber als gefährlichste Bank der Welt sehe man sie auch nicht. So äußern sich Vertreter des BMF gegenüber Abgeordneten.

Offiziell gibt sich das BMF zugeknöpft, wenn es um die Deutsche Bank geht. Zu einzelnen Banken äußere man sich nicht, heißt es. Aber hinter den Kulissen werden Sorgen eingeräumt. Für diejenigen in der Politik, die die Stärke der Deutschen Bank immer als ein „deutsches Interesse“ angesehen haben, „ist es natürlich heftig, wenn der Börsenwert ständig sinkt und ein Investor wie Soros gegen die Deutsche Bank wettet“, glaubt Gerhard Schick, der finanzpolitische Sprecher der Grünen. Die Deutsche Bank „war für viele ja selbst noch ein Inbegriff von Solidität und Stabilität, als die vielen Betrugsfälle öffentlich wurden“, so Schick.

John Cryan regelmäßig in Kontakt mit Merkel und Schäuble

In der Politik gibt es keine Berührungsängste. Am 10. Juni sprach Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf einer Veranstaltung der Deutschen Bank „dbAcess German, Swiss and Austrian Conference“ in Berlin: Mit dabei: Privatkundenvorstand Christian Sewing. Er hat von Fitschen im Vorstand die regionale Verantwortung für Deutschland übernommen. Sewing und die im Vorstand für die Einhaltung der Regulierungsregeln verantwortliche Französin Sylvie Matherat haben in diesem Jahr häufiger das Gespräch mit der Politik gesucht. Finanzvorstand Marcus Schenck begleitete kürzlich die beiden Bankverbands-Chefs von Deutschland und Frankreich bei einem Besuch Schäubles. Thema-Regulierung.

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