Deutsche Bank Wohin mit der Postbank?

Deutschlands größtes Kreditinstitut wird die Postbank nicht so schnell los wie erhofft, mögliche Käufer gibt es kaum. 2016 wird allenfalls ein kleiner Teil der Deutsche Bank-Tochter an die Börse gehen.

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John Cryan, Deutsche Bank, Postbank Quelle: dpa

Beim Managementtreffen der Postbank im Dezember in Berlin war die Stimmung so gut wie schon lange nicht mehr. Viele der mehreren Hundert Anwesenden hätten wie befreit gewirkt, berichtet ein Teilnehmer. Nach sieben Jahren im Eigentum der Deutschen Bank lockt die Postbanker eine Zukunft fernab von den Skandalen des Mutterkonzerns und dessen als arrogant empfundenen Managern. Mancher träumt da von einer Rückkehr alter Zeiten, als die Postbank sogar im Dax notiert war.

Die freudige Aufbruchstimmung dürfte jedoch bald einen Dämpfer bekommen. Wie die WirtschaftsWoche von Aufsichtsratskreisen und dem Management des Deutsche-Bank-Konzerns erfuhr, haben die Führungskräfte den Plan, sich in diesem Jahr von der Postbank zu trennen, ad acta gelegt. Allenfalls ein kleiner Teil werde an der Börse platzierbar sein, heißt es. Ohnehin würde Vorstandschef John Cryan das Bonner Institut lieber an einen einzelnen Konkurrenten verkaufen. Die Deutsche Bank erklärte hierzu, dass die Entkonsolidierung der Postbank erklärtes Ziel bleibe.

Wo die Deutsche Bank überall Ärger hat

Den Abschied von der Postbank hatte der Vorstand Ende April noch unter Cryans Vorgänger Anshu Jain beschlossen. Die geplante Trennung war das wichtigste Ergebnis einer monatelangen Strategiedebatte – und eine Rolle rückwärts.

Ab 2008 hatte die Deutsche die Postbank schrittweise übernommen. Die Banken hatten in der Finanzkrise Schwierigkeiten, sich Geld für ihre Geschäfte am Kapitalmarkt zu leihen. Der damalige Bankchef Josef Ackermann strebte an, sich mit der Postbank, bei der viele Privatkunden ihr Erspartes horten, eine weitere Refinanzierungsquelle zu erschließen. Zudem wollte er sein Haus unabhängiger von den Erträgen der Investmentbanker machen.

Kaum Käufer

Der Plan ging jedoch nur ansatzweise auf. Zwar lieferte die Postbank stabile Erträge, doch die Finanzaufsicht BaFin hatte der Deutschen Bank untersagt, das Geld der Postbankkunden vollumfänglich zu nutzen.

Nun zwingen die Aufseher die Banken auch noch, ihr Eigenkapital hochzufahren. Um die Anforderungen zu erfüllen, muss die Deutsche Bank Geschäft loswerden, was den Ausschlag für den Rückzug aus Bonn gab. Eine Rückkehr der Tochter an die Börse kündigten Jain und sein Co-Chef Jürgen Fitschen für spätestens Ende 2016 an.

Das wird nicht einfach. Zwar wird sich die Deutsche Bank voraussichtlich bis Ende Juni technisch von der Postbank trennen können, nachdem in den vergangenen Jahren etwa die IT zusammengelegt worden war. Doch das derzeitige Zinsumfeld macht einen mehrheitlichen Verkauf der Postbank zu einem attraktiven Preis unmöglich. Vor einem Jahr hatte die Deutsche Bank ihre Beteiligung noch mit rund sechs Milliarden Euro bewertet. Cryan hat diesen Wert mittlerweile wohl um rund zwei Milliarden Euro nach unten korrigiert. Doch selbst die dürften bei Investoren nur schwer zu erzielen sein. Abschreibungen wären die Folge.

„Postbank-Aktien zu kaufen hieße auf steigende Zinsen zu wetten“

Grund für den Wertverlust: Die Postbank leidet unter den niedrigen Zinsen, da sie vor allem davon lebt, die Einlagen ihrer Kunden gewinnbringend anzulegen. Doch dies bringt immer weniger ein. Zwar müht sich Bankchef Frank Strauß um mehr Kreditvergaben an Mittelständler und Verbraucher. Doch noch immer übersteigen die Einlagen die Kredite um rund acht Milliarden Euro.

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„Postbank-Aktien zu kaufen hieße auf steigende Zinsen zu wetten“, sagt ein Fondsmanager, und diese Wette wolle derzeit kaum jemand eingehen. Denn selbst wenn die Zinswende kommt, dürfte es noch Jahre dauern, bis sich das spürbar auf den Gewinn der Postbank auswirkt. Zunächst einmal würden die Kurse – etwa von schlecht verzinsten Anleihen – sinken. Erst nach und nach werden sie durch höher verzinste Produkte ersetzt. 2016 wird deshalb bei Finanzinvestoren kaum ein guter Preis für die Postbank-Aktien zu erzielen sein.

Cryan hofft deshalb, dass sich eine andere Bank dazu durchringen kann, ihm das komplette Institut abzunehmen. Ein Konkurrent könnte mit der Übernahme seine Position in Deutschland stärken und deshalb womöglich einen höheren Preis zahlen als Finanzinvestoren, so die Kalkulation.

Jedoch sind viele europäische Banken ähnlich angeschlagen wie die Deutsche Bank. Das gilt etwa für die italienische UniCredit, die in der Deutschen Bank immer wieder als Interessent genannt wird. In Deutschland gehört ihr bereits die HypoVereinsbank. Kaufabsichten hatten die Italiener im Sommer allerdings dementiert. Der vereinzelt genannten Commerzbank dürfte schlicht das Geld fehlen.

So bleibt als Kandidat die Santander-Gruppe. Doch gegen die Spanier gibt es Vorbehalte. Deutschbanker fürchten eine zu starke Stellung des Konkurrenten in Deutschland. Auch in der Postbank gilt ein Verkauf an Santander als schlechtestes Szenario. Die Spanier arbeiten extrem kostenorientiert und würden wohl rabiat aufräumen. Eine Vereinbarung zwischen Postbank und Gewerkschaft, die Kündigungen ausschließt, läuft Mitte 2017 aus. Mit der Feierstimmung bei der Postbank wäre es dann final vorbei.

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