Deutsche Bank Zwischenhoch mit Wolken

Die Deutsche Bank erwirtschaftet entgegen den Erwartungen einen Gewinn. Trotzdem überdecken schlechte Nachrichten die schwarzen Zahlen, solange die Rechtsstreitigkeiten nicht geklärt sind, bleibt die Bank eine Black Box.

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Quelle: REUTERS

Positive Nachrichten suchte man bei der Deutschen Bank zuletzt vergebens. Insofern war es auch für die Analysten das natürlichste der Welt, für das dritte Quartal rote Zahlen zu prognostizieren. Zu groß schien die Unsicherheit um die drohende Milliardenstrafe in den USA. Bank-Chef John Cryan straft sie nun Lügen und verkündet stattdessen einen Gewinn nach Steuern von immerhin 278 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr, in dem Deutschlands größte Bank im dritten Quartal einen Verlust von über sechs Milliarden Euro einfuhr, steht das Institut also rein zahlenmäßig besser da. Damals drückte der gerade erst im Amt angetretene Cryan mit milliardenschweren Abschreibungen das Ergebnis.

Die Zahlen zeigten die Stärke der Bank, erklärte Vorstandschef John Cryan. Insbesondere der Wertpapierhandel sei wieder besser gelaufen, die Bank komme mit ihrer Umstrukturierung voran. Trotzdem offenbaren die Zahlen die Schwachpunkte der Bank sehr deutlich. Das schlimmste: die Unsicherheit bleibt, die Zahlen schwanken stark und als Anleger weiß man nie, was man erwarten kann. Die Bank bleibt eine Black Box mit vielen dunklen Wolken. Auf eine gute Nachricht können schnell mehrere schlechte folgen.

So wurden auch die überraschend positiven Zahlen getrübt, weil die Bank of England britische Banken aufforderte, ihre Engagements bei der Deutschen Bank sowie italienischen Instituten wie der Krisenbank Monte dei Paschi offenzulegen. Die gemeinsame Nennung dürfte den Frankfurtern bitter aufstoßen.

Deshalb wächst die Sorge um Deutschlands größte Bank
Josef Ackermann, Angela Merkel Quelle: AP
Das Bild zeigt den damaligen Bankchef Rolf-E. Breuer nach der Verkündung der Bankers-Trust-Übernahme im Jahr 1998. Quelle: dpa Picture-Alliance
Lehman-Brothers-Mitarbeiter nach der Kündigung 2008 in London. Quelle: REUTERS
Die Folgen der Immobilienkrise Quelle: dpa
Schwaches KerngeschäftNach der Finanzkrise gab es zwei wesentliche Entwicklungen unter globalen Großbanken. Die in den USA beheimateten Institute (Bild: New Yorks Finanzdistrikt) – mit zwangsweiser Staatshilfe versorgt – konnten die Krise beschleunigt hinter sich lassen. Sie wuchsen gar zu neuer Größe. Die andere Gruppe stutzte das Investmentbanking, dass weniger lukrativ wurde und mit weniger Mitarbeitern zu leisten war – und fokussierte sich auf die hauseigene Vermögensverwaltung. Die Deutsche Bank suchte den Mittelweg aus eigener Kraft: keine Staatshilfe, kein großer Strategieschwenk. Die Folge: Dutzende Strafzahlungen etwa wegen Zinsmanipulationen schlugen ins Kontor, während gleichzeitig das Kerngeschäft litt. Quelle: dpa
Riskante Finanzierung Quelle: dpa
Wenig Reserven Quelle: dpa

Der Überblick zeigt, wo die Risiken liegen:

Rechtsstreitigkeiten

Ganz klar, die vielen Prozesse, die sich die Bank aufgehalst hat, belasten weiter. Obwohl Cryan fortwährend in den USA verhandelte, kam es bisher zu keiner Einigung mit den dortigen Behörden. Wie hoch die Strafe ausfallen wird, die die Deutsche Bank für Geschäfte mit faulen Hypothekenkrediten in den USA zahlen muss, ist also weiterhin unklar. Ursprünglich hatte die Justiz 14 Milliarden Dollar gefordert. Cryan erklärte, die Verhandlungen hätten "höchste Priorität". Ob eine Einigung vor den US-Wahlen am 8. November überhaupt noch möglich ist, will die Bank nicht kommentieren.

Die Bank hat ihre Rücklagen für Rechtsstreitigkeiten vorsorglich um 500 Millionen auf nun 5,9 Milliarden Euro erhöht. Kommt es hart auf hart, dürfte das allerdings nicht reichen, denn neben dem Streit um die Hypothekenkredite gelten Ermittlungen wegen eines Geldwäscheverdachts in Russland als gefährlich. Auch da hat die forderungsfreudige US-Justiz ihre Finger mit im Spiel, da auch US-Dollar in Russland gewaschen worden sein sollen.

Kapital

Solange die Strafen, die die Bank zahlen muss, nicht ausgelotet sind, bleibt ihre Kapitalausstattung unsicher. Derzeit erreichen die Frankfurter eine harte Kernkapitalquote von 11,1 Prozent. Bis Ende 2018 will die Bank die Quote auf 12,5 Prozent erhöhen, im Vergleich zu US-Konkurrenten ist ihre Kapitalausstattung dünner. Etwas gestärkt wird die Kapitaldecke unter anderem durch den Verkauf der Beteiligung an der chinesischen Bank Hua Xia und der Lebensversicherungstochter Abbey Life, viele Analysten rechnen aber trotzdem damit, dass das Institut um eine Kapitalerhöhung nicht herum kommen wird.

Hohe Abflüsse trüben das Bild

Liquidität

Die Liquidität einer Bank ist so etwas wie ihre Achillesferse und sagt viel über das Vertrauen der Investoren aus. Im Ernstfall schmilzt sie deutlich schneller dahin als das Kapital. Zwar ist die Liquiditätsquote der Bank weiterhin komfortabel hoch, allerdings zogen Investoren in den drei Monaten von Juli bis September Milliarden von der Bank ab, die Liquiditätsreserven sind insgesamt um 23 Milliarden Euro gesunken. Allein in der Vermögensverwaltung und dem Geschäft mit Privat- und Geschäftskunden flossen im vergangenen Quartal neun Milliarden Euro ab, bei institutionellen Fonds waren es noch mal acht Milliarden. Die Bank betont, dass die Abflüsse vor allem in die zweite Septemberhälfte fallen, in der die drohende US-Strafe zu Spekulationen um die Stabilität der Bank führten. Seit dem habe sich die Situation wieder stabilisiert, erklärt Finanzvorstand Marcus Schenck. Das zeigt, wie verletzlich das große Institut ist und wie schnell Gerüchte aus einem winzigen Loch, durch das Liquidität abfließt, ein gefährliches Leck machen können.

Das sagten Experten zur drohenden US-Strafe für die Deutsche Bank (vor der Entscheidung)

Erträge und Kosten

Große Fortschritte macht die Bank vor allem auf der Kostenseite, hier zeigen die Sparmaßnahmen langsam Wirkung. Das gilt auch für den Personalaufwand, der aufgrund der sinkenden Mitarbeiterzahl deutlich rückläufig ist. Trotzdem kündigte Cryan einen verschärften Sparkurs an, angesichts der niedrigen Zinsen sei nicht davon auszugehen, dass das Umfeld sich schon bald bessere. Insgesamt hat die Bank ihre Erträge gegenüber dem Vorjahr leicht um zwei Prozent gesteigert. Pfeiler des Erfolgs war unter anderem der Anleihehandel, der ein Plus von 14 Prozent abwarf. Viele Investmentbanken profitierten nach dem Brexit-Voting in Großbritannien von den volatilen Märkten. Ein regelmäßiges Ertragsplus können Anleger hier also nicht einkalkulieren.

Auch die Vermögensverwaltung (Deutsche Asset Management) sieht nach einem Pfeiler des Geschäfts aus, hier konnten die Nettoerträge um satte 30 Prozent gesteigert werden. Zieht man allerdings den Beitrag des so gut wie verkauften Versicherers Abbey Life heraus, sinken die Nettoerträge aufgrund der Abflüsse um acht Prozent. Die Bank kommt zwar mit ihrer Kostenstrategie voran, einen dauerhaften Ertragsbringer bleibt sie aber schuldig.

von Cornelius Welp, Saskia Littmann, Andreas Macho, Christof Schürmann

Postbank

Für Unruhe sorgt weiterhin die Postbank. Offiziell erklärt die Deutsche Bank weiterhin, ein Verkauf der Postbank sei Teil ihrer Strategie, daran habe sich nichts geändert. Es bestehe kein Druck, ein Verkauf zu jedem Preis komme also nicht in Frage. Zuletzt tauchten allerdings auch aufgrund der schlechten Marktsituation immer wieder Gerüchte auf, die Bank könnte ihr eigenes und das Privat- und Firmenkundengeschäft der Postbank integrieren und unter einer Holding parallel zur Investmentbank weiterführen. Auch das sorgt nicht nur bei Mitarbeitern der Postbank, sondern auch bei Investoren weiter für Unruhe.

Insgesamt sind es für die Deutsche Bank schwarze Zahlen mit bitterem Beigeschmack, die die Anleger nicht überzeugen können. Der Aktienkurs rangierte am Donnerstagmittag trotz des Gewinns nur bei einem leichten Plus. Zu viele schlechte Nachrichten folgen auf wenige gute, und die Unsicherheit ob der drohenden US-Strafe bleibt hoch.

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