Die Zahlenfrau

Was Kunden im Bereich Banking und Fintech nervt

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Einfach und übersichtlich

3. Sparen und Anlegen müssen einfach und übersichtlich werden

Ohne Erspartes kein Spielraum, ohne Spielraum keine mündigen Entscheidungen. Aber welche Anbieter können mir helfen, am Ende des Monats mehr Geld übrig zu haben, ohne mir gleich ein neues Produkt zu verkaufen?

Am Markt gibt es schon einige intelligente Ansätze. Fintech- und Digital-Experte Dr. Sebastian Zacharias, mit dem ich mich im Vorfeld unterhalten habe, berichtet: „Spannend ist das „Penny Hoarder“-Modell wie etwa von Savedroid, bei dem Kleinstbeträge automatisch angespart werden können. Andere Apps wie YNAB (You need a budget) helfen dabei, Ausgaben zu planen und Budgets im Auge zu behalten.“

Viele Insellösungen, wenig Anleitung

Aber auch kann ich als Kunde schwer einschätzen: Ist das für mich die beste Lösung? Sind die Gebühren angemessen? Wie schnell komme ich an mein Geld, wenn das Auto in die Werkstatt muss?

Noch besser wäre es, ich könnte solche Funktionen direkt in meinem Bankkonto nutzen, und müsste nicht für alles einen eigenen Anbieter, eine eigene App wählen. N26 bietet bereits ein gutes Ausgabentracking. Aber bei vielen Kunden geht das Gehalt nicht auf ihr N26-Konto, sondern nach wie vor auf das Konto bei der Sparkasse.

4. „Den Kunden“ gibt es nicht

Die meisten Produkte von klassischen Banken orientieren sich an klassischen Lebensläufen – Arbeit, Heirat, Kind, Haus.

Dabei unterscheiden sich Erwerbsbiographien und Lebensrealitäten heute erheblich: Jobeinsteiger mit befristeten Arbeitsverträgen, in Vollzeit arbeitende und womöglich alleinerziehende Mütter, mehr und mehr Freiberufler... Millenials haben andere Bedürfnisse als Babyboomer, Menschen mit einem geregelten Lifestyle andere als jene mit einem eher unsteten Lebensstil.

Anbieter wie Kontist zum Beispiel richten sich bewusst an die immer größer werdende Zielgruppe der Selbstständigen und Freelancer, die sich in ihren Bedürfnissen von den klassischen Hausbanken nicht verstanden fühlen.

Aber können nicht auch die klassischen Banken ihr Angebot stärker an unterschiedlichen Zielgruppen ausrichten? Und den Kunden dort abholen, wo er steht, anstatt davon auszugehen, dass er seine Bedürfnisse am Produktportfolio der Bank ausrichtet?

5. Den meisten Kunden fehlt Finanz-Know-How

Dass Kunden vom Thema Finanzen gestresst sind, hat auch damit zu tun, dass ihr Finanz-Know-How erschreckend gering ist. Bisher verstehen sich Finanzdienstleister noch zu oft als reiner Vermittler von Produkten und Dienstleistungen.

Wenn wir Menschen die Sorge vor Geld und Finanzen nehmen möchten, müssen Fintechs und Banken viel stärker als Partner auftreten. Der nicht nur kurzfristig berät und Orientierung gibt, sondern dem Kunden dabei hilft, sich auch langfristig als Herr über seine Finanzen zu fühlen. Das funktioniert nur, wenn Kunden wenigstens eine grundlegende Ahnung von Finanzen haben.

Finanzen als Lifestyle-Thema – wo sind die Anbieter?

Dr. Sebastian Zacharias: „Apps wie Babbel helfen mir, Sprachen schnell zu lernen, Fitness-Apps dabei, gesund zu bleiben. Bisher hat es noch kein Anbieter geschafft, Geld zu einem Lifestyle-Thema zu machen.“

Wer hilft mir, mein Mindset auf motivierende Weise zu ändern? Warum bietet niemand eine App an, die spannend ist wie ein Computerspiel und mich nicht nur mit Produktangeboten, sondern mit Wissen versorgt? Die mir Vorsorgelücken zeigt und mich leicht verständlich zum Thema Vorsorge weiterbildet?

Es gibt noch viel zu tun! Ich wünsche mir, dass deutsche und europäische Banken und Fintechs ihre Kräfte bündeln, damit wir das Kundenerlebnis deutlich verbessern und ein Gegengewicht zu den in den Markt drängenden Techkonzernen bilden können. Die denken ihre Produkte – siehe Apple Pay – nämlich erst mal aus der User Experience heraus. Mit durchschlagendem Erfolg.

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