Dennoch schaffen es einige Institute, sich seit langem in den Tagesgeld-Spitzenpositionen zu halten. Ein klassisches Beispiel ist die ING Diba, die bei vielen Auslandsbanken als Vorbild gilt. Die Tochter der niederländischen ING Gruppe hat sich dank ihrer Tagesgeldangebote dauerhaft am deutschen Markt etabliert. Über die Tochter Interhyp wiederum vermittelt die ING Diba Immobilienkredite an Verbraucher. So gehen beide Bereiche eine lukrative Symbiose ein. Am Freitag verkündete die Bank ein neues Rekordergebnis. Mit ihren 8,1 Millionen Kunden steigerte die Bank ihren Nettogewinn um satte 46 Prozent auf 474 Millionen Euro. Mehr als eine halbe Million neue Kunden seien hinzugekommen, so ING-Diba-Chef Roland Boekhout. Der Großteil der 104 Milliarden Euro Kundeneinlagen hätten die Sparer in Tagesgeld angelegt.
Gleichzeitig legen allein die Zinsdifferenzen zwischen den einzelnen Banken nahe, dass das Geschäft mit den Lockangeboten nicht immer gewinnbringend ist. „Anleger müssen zwischen normalen Konditionen und Marketingkonditionen unterscheiden“, sagt Olaf Stotz, Professor an der Frankfurt School of Finance. Letztere würden mehr oder weniger aus dem Marketingbudget der jeweiligen Banken finanziert. „Mit den hohen Zinsen werden Sparer als Neukunden gewonnen und auf andere Produkte aufmerksam gemacht, um damit dann Gewinne zu erzielen", sagt Fleischer. Gerade Auslandsbanken wie Moneyou, Rabodirect oder der Onlineableger der spanischen Santander nutzen Tagesgeldangebote als Ausgangspunkt in den deutschen Markt. Häufig würden die vergleichsweise hohen Zinsen dann durch andere Geschäftsbereiche der Institute quersubventioniert, so Fleischer. Der Bankexperte schätzt, dass das Geschäft bei einem Zins von etwa 0,7 Prozent ein für die Banken ein Nullsummenspiel ist.
Einige Banken geben daher zumindest hinter vorgehaltener Hand zu, sich eine Position unter den besten Tagesgeldzins-Zahlern nicht auf Dauer leisten zu können. Dafür ist die Nachfrage zu groß. Auch die Rabodirect, der Online-Ableger der niederländischen Rabobank, musste sich zwischendurch aus den Tagesgeld-Vergleichscharts zurückziehen, da die Mitarbeiter der Online-Bank den Kundenansturm nicht mehr bewältigen konnten.
Ähnliches passierte auch der Mercedes Bank, zeitweise war die Autobank so beliebt, dass die Webseite zusammenzubrechen drohte. Seit dem haben die Stuttgarter ihr Angebot deutlich reduziert und bieten jetzt nur noch 0,7 Prozent für ein Online-Tagesgeldkonto.
Grundsätzlich benutzen gerade Autobanken den Tagesgeldkanal gerne zur Refinanzierung. Beobachter schätzen, dass sie etwa ein Viertel ihres gesamten Refinanzierungsvolumens aus Tagesgeldeinlagen generieren. Für die Autofinanzierer ist das einfach und günstig, denn sie verfügen oft über deutlich schlechtere Ratings als große Privatbanken. Für sie ist es daher teurer, sich über die traditionellen Kanäle wie den Interbankenmarkt oder über die Europäische Zentralbank (EZB) zu refinanzieren. Große Privatbanken dagegen haben ein so gutes Rating, dass sie sich leicht über andere Kanäle refinanzieren können und auf Lockangebote beim Tagesgeld nicht angewiesen sind.