DVAG gegen AWD Persil-Schein für Maschmeyer

Ein Aussteiger erweckt als Buchautor den Eindruck, der ehemals als AWD bekannte Finanzstrukturvertrieb sei nur wegen seiner manipulierten Infos hoch umstritten. Damit täuscht er die Medien – schon wieder.

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Ist Investor und

Der Gründer des früher als AWD firmierenden Finanz-Strukturvertriebs, Carsten Maschmeyer, dürfte sich verwundert die Augen reiben: Ausgerechnet einer, der angeblich vom Finanzvertriebs-Konkurrenten DVAG für eine Rufmordkampagne gegen AWD und Maschmeyer bezahlt worden sein soll, pflegt nun tatkräftig Maschmeyers Image. Zeitungen quer durch die Republik titeln übers Wochenende: "Maschmeyer: Opfer einer Rufmordkampagne?"

Handelnde Personen und ihre Organisationen

Es drängt sich der Eindruck auf, dass der für aggressive Verkaufsmethoden bekannte AWD (mittlerweile als Tochter des Schweizer Versicherungskonzerns Swiss Life als Swiss Life Select aktiv) eigentlich ganz harmlos gewesen sei. Nur falsche, manipulierte Infos hätten einen anderen Eindruck erweckt. So wirken jedenfalls die Aussagen von Stefan Schabirosky in seinem neuen Buch "Mein Auftrag: Rufmord", die von zahlreichen Medien aufgegriffen werden – bessere Werbung können sich Buchautoren kaum wünschen.

Schabirosky zeichnet ein Bild von sich selbst als großen Strippenzieher: Reihenweise seien Journalisten auf der Suche nach einer kritischen Enthüllungsstory über den AWD und Maschmeyer auf ihn und seine Infos hereingefallen. Am Ende habe Maschmeyer 2008 aufgegeben und, entnervt von all den falschen Anschuldigungen, seine AWD-Anteile verkauft. Dabei sei das alles nur eine Kampagne gewesen, finanziert vom Konkurrenten DVAG, über einen mit 6000 Euro Monatsgehalt dotierten Vertrag.

Bekannt wird sein Gebaren nur, weil die DVAG ihm nicht den angeblich in Aussicht gestellten Millionen-Jackpot zahlen wollte, obwohl er – so insinuiert Schabirosky – mit seinen Anschuldigungen Maschmeyer letztlich doch zum Aufgeben gebracht habe. Die DVAG weist all das zurück: Schabirosky habe weder Weisungen noch Aufträge erhalten. Vielmehr habe ihn die DVAG 2008 sogar wegen seines persönlichen Rachefeldzugs herausgeworfen.

Ist der „Selfmade-Millionär“ Opfer eine Schmutzkampagne geworden?

Eigentlich erscheint das nebensächlich. Viel wichtiger ist: Die Medien laufen Gefahr, diesmal wirklich auf Schabirosky reinzufallen. Denn dessen angebliche Infos an Journalisten waren auf keinen Fall der einzige Grund für massive Kritik am AWD. Die gab es lange vor dem Ausscheiden von Schabirosky 2003 vom AWD. Ein Aussteiger aus dem AWD-Führungszirkel, der namentlich nicht genannt werden wollte, sagte gegenüber der WirtschaftsWoche, dass die Informationen von Schabirosky 2004 bei Führungstreffen überhaupt kein Thema gewesen seien.

Der verlustreiche Drei-Länder-Fonds, den der AWD früher vertrieben hatte, sei schon vor Schabiroskys Ausscheiden öffentliches Thema und Schabirosky hierbei irrelevant gewesen. Es sei völlig anmaßend, wenn er behaupten würde, Einfluss auf das AWD-Schicksal genommen zu haben.

Ein Versicherungskaufmann will seinen Ex-Arbeitgeber zerstört haben – den Finanzvertrieb AWD von Carsten Maschmeyer. Angeblich im Auftrag des schärfsten Konkurrenten: der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG).
von Thomas Tuma, Gertrud Hussla, Volker Votsmeier

Ein weiteres Kapitel in einer langen Geschichte von Rachefeldzügen

Klagen von Anlegern lagen tatsächlich lange vor den angeblich auf Schabirosky zurückgehenden Berichten auf dem Tisch. So hatte etwa der Anlegeranwalt Gerhart Baum schon im Frühjahr 2003 angekündigt, mindestens 200 solcher Klagen einreichen zu wollen.

Carsten Maschmeyer - eine Chronik

Der AWD sei lange Zeit als "Strukturvertrieb" und "Drückerkolonne" verrufen, schrieb der Berliner "Tagesspiegel" vor dem AWD-Börsengang im Oktober 2000. Der AWD stehe schon vor den ersten Börsennotierungen der Aktie "im Kreuzfeuer der Kritik", stellte die WirtschaftsWoche damals fest, und berichtete von "Millionenärger" mit dem Drei-Länder-Fonds.

Es wäre also nun die Ironie der Geschichte, wenn ausgerechnet ein angeblicher Rufmörder nun zu Maschmeyers Rufretter würde. Sein Buch ist vielmehr ein weiteres Kapitel in einer langen Geschichte von Rachefeldzügen und Kampagnen, die in der Tat den wenig regulierten Grauen Kapitalmarkt und die Welt der Finanz-Strukturvertriebe prägen. Hier gehörte und gehört es oft zum Alltag, Konkurrenten mit mehr oder weniger fundierten Informationen zu attackieren.

Manche zwielichtigen Internetportale haben diese Strategie perfide perfektioniert, in einer Art Schutzgeld-Erpressung. Sie veröffentlichen kritische Informationen, es sei denn, die jeweiligen Adressaten ihrer Kritik bringen sie mit mehr oder weniger verdeckten Geldzahlungen zum Schweigen.

Doch selbst auf diesen Portalen sind nicht alle attackierten Unternehmen in Wirklichkeit Unschuldslämmer. Viele haben tatsächlich Dreck am Stecken - auch wenn man ihnen zugutehalten kann, dass sie offenbar nicht auf Erpressungsversuche eingegangen sind, wenn die Informationen bekannt werden.

Insofern sollten die Informationen von Buchautor Schabirosky als das gewertet werden, was sie sind: Ein Grund mehr, Finanz-Strukturvertriebe und Anbieter auf dem Grauen Kapitalmarkt im Allgemeinen kritisch zu beäugen.

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