Somit könnte für die Banken, wenn Gold tatsächlich den Status als "Tier-1-Asset" bekommt, eine komfortable Situation entstehen, denn sie würden mit Gold doppelt profitieren: Sie könnten sich zukünftig nicht nur effektiver absichern und beispielsweise über Diversifikationseffekte mit Gold gegen Krisen und Inflation vorsorgen, sondern daneben auch durch die Zinserträge der höheren Leihsummen, die sie wegen ihrer Goldreserven ausgeben dürfen, praktisch gratis weiteres Gold aufkaufen.
Fakten zu den deutschen Goldreserven
Außer der US-Notenbank, die mehr als 8000 Tonnen hat, besitzt keine andere Institution so viel Gold wie die Bundesbank. In einem am Montag veröffentlichten Bericht an der Bundesbank zeigt sich der derzeitige Wert des Goldschatzes: Er beläuft sich auf 3395,5 Tonnen im Wert von rund 150 Milliarden Euro. Genauer gesagt 150,373 Milliarden Euro.
Das meiste Gold sammelte sie in den Fünfziger- und Sechzigerjahren ein. Vor dem Hintergrund des Koreakriegs stieg damals die weltweite Nachfrage nach deutschen Anlagen, Maschinen und Kraftfahrzeugen. Das Ergebnis waren deutlich höhere Leistungsbilanzüberschüsse. Da die Regeln der damaligen Europäischen Zahlungsunion (EZU) bestimmten, dass Schuldnerländer auflaufende Salden durch Goldzahlungen ausgleichen mussten, füllten sich die deutschen Tresore. Zudem kaufte der Internationale Währungsfonds in den Sechzigerjahren für Gold Deutsche Mark in Frankfurt, um die Währungsreserven aufzufüllen. Damit wuchs das Goldvolumen der deutschen Bundesbank übermäßig.
Verwahrt werden die Barren von der Bundesbank in eigenen Tresoren in Frankfurt, aber rund zwei Drittel lagern an drei Stellen im Ausland: bei der US-Notenbank Fed in New York, der französischen Nationalbank in Paris und der britischen Zentralbank in London. Ein großer Teil des Besitzes, aber weniger als die Hälfte, lagert in den USA.
Die Deutsche Bundesbank ist weltweit die einzige Zentralbank, die ihre Goldreserven im Ausland lagert. Hintergrund dafür ist noch immer vor allem der Kalte Krieg. Der Einfall sowjetischer Truppen in Westdeutschland hätte bedeutet, dass die Reserven schnell in Feindeshand gewesen wären.
Hinzu kommt die Idee, das Gold diene der Bundesbank als Reserve. Im Krisenfalle könnte es in New York schnell und einfach als Sicherheit für Dollar-Geschäfte dienen. Ein weiterer Teil des deutschen Goldes lagert in London und Paris. Die Antwort der Bundesbank dazu bleibt aber mehr als schwammig: "Es gibt nach wie vor gute Gründe, das Gold in New York oder London zu lagern.“
Laut einem Bericht des Bundesrechnungshofs an den Haushaltsausschuss des Bundestages muss die Bundesbank für die Gold-Verwahrung in New York und Paris nichts bezahlen. Dagegen würden in London pro Barren und Nacht 0,035 Pfund fällig. Zudem bestehe kein Versicherungsschutz. Wegen dieser Kosten baut die Bundesbank seit Jahren ihren Bestand in London ab.
Die in Frankfurt verwahrten Bestände bestehen aus 82.857 Barren, die überwiegend in verplombten Containern mit je 50 Barren lagern. Diese werden in vier separat verschlossenen Tresorboxen aufbewahrt. 6183 Barren lagern in Regalen in einem separaten Tresor - der Goldkammer. Zu den Sicherheitsmaßnahmen heißt es: "Der Tresoraußenverschluss steht unter Zweifach-, die Innenverschlüsse und die Goldkammer unter einem Dreifachverschluss."
Anders als bei den Lagerstellen im Ausland hat die Bundesbank die von ihr bewachten Gold-Barren dem Rechnungshof zufolge mindestens einmal gezählt und gewogen. Die Bundesbank hält es nicht für notwendig, die Barren, die im Ausland lagern, selbst zu zählen und den Goldgehalt zu prüfen - sie vertraut dem guten Ruf ihrer Partner-Notenbanken.
Diese Frage geistert seit einigen Jahren durch die deutsche Politik. Tatsächlich hat die Bundesbank 1997 erstmals verliehen, allerdings nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Seit 1999 bezeichnet die Bundesbank aufgrund von EZB-Vorgaben den ehemaligen Posten „Gold“ mit „Gold und Goldforderungen“ unterteilt. Nach einer diesbezüglichen Anfrage des CSU-Politikers Peter Gauweiler gab es dann im November 2010 von Staatssekretär Hartmut Koschyk eine Antwort darauf: „Aktuell ist kein Gold verliehen.“ Das hat die Bundesbank bestätigt. Sie verleiht seit 2008 kein Gold mehr.
Verschwörungstheorien sprechen sogar davon, dass es die Reserven teilweise gar nicht mehr gibt. Nährboden bekommen sie etwa durch die Tatsache, dass die Goldreserven lange nicht mehr in Augenschein genommen wurden. In London oder Paris bekommen selbst Bundestagsabgeordnete keinen Zugang dazu – angeblich weil Besuche organisatorisch nicht möglich seien. Die Gerüchte um diese Frage werden sich deshalb solange weiterranken, bis Einblick gewährt wird. So wie bei den Goldreserven in New York: Während einige Nachrichtenagenturen 2011 mutmaßten, die Tresore seien zur Hälfte geräumt oder gar völlig leer, verlangten Bundestagsabgeordnete vor Ort einen Blick auf die Reserven - aber ihnen wurde der Zutritt ebenfalls verwehrt. Anderslautende Meldungen erwiese sich als Ente. Jetzt muss wohl abgewartet werden, bis die vom Bundesrechnungshof verlangte Inventur und Prüfung des deutschen Goldes durch die Bundesbank abgeschlossen ist.
Die Ankerfunktion für das Währungssystem, wie es sie zu DM-Zeiten noch gab, haben die Goldreserven verloren. Trotzdem lehnt die Bundesbank Goldverkäufe im großen Stil ab, um damit die Löcher im Bundeshaushalt zu stopfen. Sie glaubt daran, dass die Reserven vor allem auch eine psychologische Wirkung haben. Die Zentralbank geht davon aus, dass sie damit ihre Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit bewahren besser kann.
Die einfache Gleichung lautet: Je mehr Gold als Eigenkapital, desto mehr Kredite dürfen vergeben werden und desto mehr Zinserträge hat die Bank, mit der sie neues Gold für ihr Eigenkapital beschaffen könnte. Der World Gold Council weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Banken bereits jetzt mit Gold die Schwankungen und Risiken ihrer Portfolien bei verbessernden risikoadjustierten Renditen besser abfedern können. Und die Gerüchte, die derzeit die Runde machen, gehen noch weiter - verstärkt ist davon zu hören, dass der Pflichtanteil des Tier-1-Kapitals bei den Banken künftig von 4 auf 6 Prozent angehoben werden soll, wie aus einer Analyse des „Centre for Research on Globalization“ hervorgeht.
Nachvollziehbare Argumente
Die Argumentation der Banken für eine Aufwertung von Gold zum Kernkapital ist denkbar einfach: Gold hat in den vergangenen zwölf Jahren stets an Wert zugelegt, andere Anlageklassen haben dagegen an Wert verloren. Insbesondere die als Kernkapital gültigen Klassen wie Barrücklagen dürfen künftig noch stärker in Zweifel gezogen werden, da sie durch Inflation einen realen Wertverlust erleiden.
Investoren sollten also in den kommenden Wochen die Nachrichten aus Basel im Blick behalten, denn sobald absehbar ist, dass Gold wirklich von „Tier-3“ auf „Tier-1“ hochgestuft wird, dürften die Banken in Europa in großem Stil auf dem Goldmarkt zugreifen.
Und schon jetzt drängen deutsche Banker und Finanzaufseher trotz Widerstandes aus den USA auf eine rasche Einführung der neuen Eigenkapitalregeln für die Branche: "Es führt kein Weg daran vorbei, Basel III jetzt so zügig wie möglich einzuführen, und zwar weltweit", sagt Medienberichten zufolge die Chefin der Finanzaufsicht BaFin, Elke König. Immerhin sind tragfähige Eigenkapital- und Finanzpolster für Banken dringend nötig, um die Steuerzahler vor erneuten Rettungsaktionen zu schützen – wozu mangelnde Finanzrücklagen im Bankensektor führen, ist seit Monaten besonders eindrucksvoll in den südlichen Eurostaaten zu beobachten, wo allein in Spanien die Banken etwa 60 Milliarden Euro benötigen.
Unser Gastautor, Benjamin Summa, ist seit Juli 2011 Unternehmenssprecher des Münchner Edelmetallhandelshauses Pro Aurum. Zuvor arbeitete er als Wirtschafts-Redakteur im Axel Springer Finanzen Verlag.