EU-Kommission Notleidende Kredite bleiben größtes Risiko für Banken

Die EU-Kommission stellt Fortschritte beim Abbau von notleidenden Krediten fest. Quelle: dpa

Die Europäische Kommission stellt Fortschritte beim Abbau von notleidenden Krediten in den Bankbilanzen fest. Für eine Entwarnung ist es aber noch zu früh.

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Auch nach fast zehn Jahren plagen die Folgen der Finanzkrise von 2008 noch Europas Banken. Ausfallgefährdete Papiere im Wert von etwa einer Billion Euro schlummern noch in den Büchern der Geldhäuser. Die notleidenden Kredite, sogenannte NPLs, gelten als das größte Risiko für die Stabilität des Bankensektors.

Der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Valdis Dombrovskis, zeigt sich dennoch zuversichtlich, was den Abbau der notleidenden Papiere betrifft. „Die Anzahl von notleidenden Krediten zu reduzieren, ist essentiell für das Erreichen einer Bankenunion. Dabei haben die Bemühungen der Banken, der Aufsichtsbehörden, der Mitgliedsstaaten und der Kommission bereits erste Früchte getragen“, sagte Dombrovskis heute in Brüssel bei der Vorstellung eines ersten Fortschrittsberichts der Europäischen Kommission zum Abbau von NPLs.

Seit 2014 sei die Zahl von NPLs um ein Drittel gesunken. Vor allem über die Fortschritte in Italien freut sich die Kommission. Lagen 2014 noch fast die Hälfte der ausfallgefährdeten Kredite in den Büchern von italienischen Banken, sind es jetzt nur noch ein Drittel bis ein Viertel. Für allzu viel Freude ist es aber noch zu früh. Die Quote der notleidenden Kredite belief sich in Italien im vergangenen Jahr auf zwölf Prozent. „Das ist immer noch zu hoch“, heißt es aus Kreisen der Kommission.

Große Unterschiede zwischen den EU-Staaten

Die Lage der Banken unterscheidet sich sehr stark von Mitgliedsstaat zu Mitgliedsstaat. Besonders hoch ist der Anteil von ausfallgefährdeten Papieren in Griechenland und Zypern. Aber auch in Slowenien, Italien, Irland, Ungarn, Bulgarien, Spanien und Rumänien ist die Lage heikel. „Bei einigen Banken gibt es hier noch viel zu tun“, stellt ein Mitarbeiter der Kommission fest. In Deutschland liegt die Quote von NPLs bei etwas mehr als zwei Prozent. Noch weniger sind es in Luxemburg, wo es beinahe gar keine notleidenden Papiere in den Bilanzen der Banken gibt.

Der Abbau der Bestände von NPLs gilt als größte Hürde bei der Umsetzung der Bankenunion, welche besser integrierte Finanzmärkte und ein stabileres Finanzsystem zur Folge haben soll. Bereits im Mai 2014 einigte sich die Europäische Union auf einheitliche Richtlinien im Bereich der Finanzmarktaufsicht, sowie auf die Übertragung von nationalen Kompetenzen auf zentrale Institutionen. Die unterschiedliche wirtschaftliche Situation der Banken durch die notleidenden Kredite behindert die angestrebte Einheit.

Die gesamte Wirtschaft leidet

Ausfallgefährdete Kredite senken die Profitabilität einer Bank. Zum einen muss sie höhere Rückstellungen in Erwartung von Verlusten bilden. Dadurch sinkt das regulatorische Eigenkapital der Banken. Zum anderen anderen binden NPLs größere Mengen an Kapital sowie Mitarbeitern, die mit dem Abbau der Papiere beschäftigt sind. Dadurch können die Banken Unternehmern weniger Kredite ausreichen. Dies trifft vor allem kleinere und mittlere Betriebe, die wesentlich abhängiger von Bankkrediten sind, als Großkonzerne. In der Konsequenz leiden durch die notleidenden Kredite damit nicht nur die Banken selbst, sondern die ganze Wirtschaft und der Arbeitsmarkt.

Die Europäische Kommission betont, dass in erster Linie die Banken selbst dafür verantwortlich sind, ihre Bilanzen wieder in Ordnung zu bringen. Unterstützung durch Institutionen der Europäischen Union gibt es aber dennoch. Ein standardisiertes Verfahren der Europäischen Bankenaufsicht zur Bereitstellung von Informationen über die notleidenden Papiere bringt mehr Transparenz in den Markt. Dadurch können potentielle Käufer von NPLs ihre Gewinnchancen besser einschätzen.

Aus Kreisen der Kommission heißt es, dass es in der Vergangenheit zu deutlich mehr Verkäufen und Umstrukturierungsprozessen bei den Banken kam. Außerdem hätten die Geldhäuser ihre internen Strukturen angepasst. Dies habe dazu beigetragen, dass die Zahl der notleidenden Kredite in den vergangenen drei Jahren deutlich zurückgegangen sei.

Um die Situation weiter zu verbessern, will die Europäische Kommission im Frühjahr weitere Maßnahmen präsentieren. Ziel ist es dabei vor allem, den Sekundärmarkt für NPLs zu stärken, die Banken bei der Umstrukturierung ihrer Prozesse zu unterstützen und die Aufsicht über die notleidenden Kredite zu stärken. So sollen beispielsweise übermäßige Hindernisse bei der Bearbeitung und Übertragung der Kredite an Dritte abgebaut und die Rechte der Gläubiger gestärkt werden.

Die europäischen Banken müssen beim Abbau ihrer ausfallgefährdeten Kredite auch in Zukunft große Fortschritte machen, damit die Europäische Kommission ihren Zeitplan nicht aus dem Auge verliert – bis spätestens Ende 2018 soll die Bankenunion endlich vollendet sein.

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