Die Deutsche Bank trauert um ihren früheren Co-Chef Anshu Jain. Der Investmentbanker starb in der Nacht zum Samstag im Alter von 59 Jahren nach langer, schwerer Krankheit, wie das Unternehmen mitteilte.
Der britische Manager indischer Herkunft leitete Deutschlands größte Bank von 2012 bis 2015 gemeinsam mit dem Deutschen Jürgen Fitschen. Seit 2017 war er Präsident des US-Finanzdienstleistungsunternehmens Cantor Fitzgerald.
Jain habe über zwei Jahrzehnte „eine prägende Rolle in der Entwicklung der Deutschen Bank“ gespielt und das globale Kapitalmarktgeschäft des Konzerns maßgeblich mit aufgebaut, heißt es in einer Mitteilung der Deutschen Bank vom Samstagnachmittag. Anshu Jain habe „maßgeblich dazu beigetragen, die Position der Deutschen Bank im globalen Geschäft mit Unternehmen und institutionellen Investoren auszubauen“, erklärte Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Alexander Wynaendts. Vorstandschef Christian Sewing würdigte Jain als leidenschaftlichen und intellektuell brillanten Manager, der viele mit seiner Energie und Loyalität zur Deutschen Bank beeindruckt habe. „Unsere Gedanken und unser Mitgefühl gelten seiner Ehefrau, seinen Kindern und seiner Mutter.“
„Wir sind zutiefst betrübt, dass unser geliebter Ehemann, Sohn und Vater, Anshu Jain, über Nacht verstorben ist“, zitiert die Nachrichtenagentur Bloomberg eine Mitteilung der Familie. Er habe nach der Diagnose im Jahr 2017 (Krebsleiden des Zwölffingerdarms) aber noch vier Jahre länger gelebt, als die Ärzte ihm prognostiziert hätten.
Jains tragende Rolle bei der Deutschen Bank
Anshu Jain spielte bei der Deutschen Bank mehr als zwei Jahrzehnte lang eine prägende Rolle. Er baute das globale Kapitalmarktgeschäft des Konzerns maßgeblich mit auf. 2009 wurde er in den Vorstand berufen. Dort war er ab 2010 für den Geschäftsbereich Unternehmens- und Investmentbank zuständig, bevor er 2012 gemeinsam mit Jürgen Fitschen den Chefposten der Deutschen Bank übernahm.
Nach drei Jahren an der Vorstandsspitze gab Anshu Jain seinen Posten als Co-Vorsitzender der Deutschen Bank im Juni 2015 auf Bitten des Aufsichtsrats vorzeitig ab. Als Nachfolge der Doppelspitze Jain/Fitschen wurde John Cryan an die Spitze des Instituts befördert. Der amtierende Vorstandsvorsitzende Christian Sewing trat als vierter Konzernchef in der Ära des damaligen Aufsichtsratschefs Paul Achleitner 2018 in Cryans Fußstapfen.
Eine Ursache für die Trennung von Jain waren seine unklaren Verstrickungen in Manipulationen des sogenannten Libor. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte ihm schwere Vorwürfe im Zusammenhang mit Manipulationen dieses Leitzinssatzes gemacht. Es war nur einer von vielen Skandalen bei der Deutschen Bank, die in den vergangenen zehn Jahren ans Tageslicht kamen und die Bank Milliarden kosteten.
In den Jahren bis zur Finanzkrise war Anshu Jain ein Aushängeschild der Deutschen Bank. Als Experte für festverzinsliche Wertpapiere hatte er sich einen Namen gemacht und war zum Chef der Investmentbank aufgestiegen. Doch viele Praktiken in den Handelssälen entpuppten sich später als fragwürdig.
Lesen Sie auch ein Portrait aus unserem Archiv aus dem Juli 2011: Anshu Jain, der Zahlenmensch