Finanzprodukte Wie gut ist Ihr Bankberater?

Bewertungsportale im Internet wollen Transparenz über die Qualität einzelner Finanzberater schaffen. Eine Revolution?

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Illustration Bankberaterportale im Internet Quelle: Illustration: Marin Haake

Wer meint, dass alle Bank- und Finanzberater Abzocker sind, die nur den eigenen Vorteil im Blick haben und ihren Kunden sinnlose Produkte verkaufen, kennt Ralf Kugler aus Bad Waldsee nicht. Dessen Kunden jedenfalls überschlagen sich mit Lobeshymnen auf den örtlichen Vertreter der Deutschen Vermögensberatung DVAG.

„Herr Kugler hat uns optimal top betreut“, „Herrn Kugler sei Dank kein Geld verschenkt“, „Dank Herrn Kugler kann ich es mir leisten, früher in Rente zu gehen“ – der glatzköpfige Schnauzbartträger aus Oberschwaben hat viele Leute finanziell glücklich gemacht.

Das legen zumindest seine 240 Kundenbewertungen auf der Internet-Plattform Whofinance nahe. Das 2007 in Berlin gegründete Portal „klärt unabhängig von einzelnen Anbietern darüber auf, was Kunden bei einem Berater erwartet“, sagt Gründer Mustafa Behan. Seine Vorbilder sind vor allem Reiseportale wie Holidaycheck und Tripadvisor gewesen.

Bewertungsseiten für Finanzinstitute

Auch in der Finanzwelt sind bereits eine Reihe von Anbietern am Start. Censum legt den Schwerpunkt auf Versicherungsvertreter, mit Mybankrating ist kürzlich eine weitere Bewertungsseite für Finanzinstitute ans Netz gegangen. Auf der Web-Seite der in München ansässigen Fidor Bank lassen sich ebenfalls Berater und einzelne Produkte bewerten.

Noch sind das Anfänge. Und wie vergleichbare Portale in anderen Branchen liefern auch diese keine Garantie für eine kompetente Beratung und sind trotz aller Bemühungen nie absolut geschützt gegen Manipulationen. Sie stellen aber einen Baustein für mehr Transparenz dar. Dafür sind vor allem die zum Teil sehr ausführlichen Kommentare der Nutzer sinnvoll.

Bedarf der Kunden nach Transparenz

Hier finden sich etwa Hinweise auf „die immer gleiche Masche der Abzocke“. So können sich Kunden vor einem Termin informieren, ohne dass sie direkt im Beratungsgespräch unter Druck gesetzt werden.

Experten sehen in den Neuerungen weitere Vorboten eines digitalen Umbruchs, der auch das Bankgeschäft grundlegend verändern wird. „Der Bedarf der Kunden nach Transparenz, Verständlichkeit und Kompetenz bei Finanzanlagen ist deutlich gestiegen“, sagt der Unternehmensberater und frühere Dresdner-Bank-Chef Herbert Walter. „Gepaart mit den technischen Möglichkeiten des Internets wird sich das Verhältnis von Bank und Kunde grundsätzlich verändern.“

Screenshot der US-Seite mint.com Quelle: Screenshot

Stärker vorab informieren

Walter erwartet, dass sich Kunden künftig nicht nur deutlich stärker vorab über die Erfahrungen anderer mit einer Bank informieren, sondern sich auch in einer Art Auktion Angebote für konkrete finanzielle Fragen wie die Hausfinanzierung zukommen lassen werden.

Als Beispiel nennt Walter die US-Finanzseite mint.com, mit deren Hilfe sich bereits sechs Millionen Kunden jederzeit Überblick über ihre finanzielle Situation und potenziell passende Produkte zu deren Verbesserung verschaffen können. Bisher unterschätzten die meisten traditionellen Institute die Folgen der technischen Veränderungen: „Die Banken verhalten sich immer noch so, als ob der Kunde ihnen gehört“, sagt Walter, der sich mit knapp 40 Prozent an Whofinance beteiligt hat.

Kundenzufriedenheit als Ziel

Screenshot der Internetseite Whofinance Quelle: Screenshot

Die gestiegene Bedeutung der Beratungsqualität haben inzwischen alle Institute erkannt. Die Deutsche Bank hat ihre Anreizsysteme bereits vor Jahren umgestellt, auch von Verbraucherschützern häufig kritisierte Institute wie die Targobank haben die Kundenzufriedenheit als Ziel für sich entdeckt. Die Ergebnisse bleiben aber intern.

Bei Whofinance dagegen sind sie für alle einsehbar. Kunden können in der Nähe ihres Wohnorts nach den besten Spezialisten für Themen wie Altersvorsorge oder Baufinanzierung suchen. Das Portal hat bisher rund 25.000 Bewertungen gesammelt. Bei 20.000 dort aufgeführten Beratern ist das noch nicht viel, ein großer Teil ist nur spärlich oder gar nicht bewertet.

2500 Berater lassen sich freiwillig bewerten

Anders sieht es bei den 2500 Beratern aus, die sich selbst dort registriert haben. Mit ihnen können Kunden direkt in Kontakt treten, dafür kassiert das Unternehmen eine Provision. Was für Gründer Behan nicht gegen Objektivität und Authentizität der dort geäußerten Meinungen spricht. „Jede Bewertung wird von uns genau überprüft und beim Verdacht der Manipulation nicht verwendet“, sagt Behan, der auch darauf hinweist, dass es auf whofinance.de keine Werbung gibt.

Dennoch sind die Anreize für Berater, ihre Kunden zur Stimmabgabe zu motivieren, unterschiedlich groß. So setzt etwa die am besten bewertete Beratung MLP die Ergebnisse von Whofinance auch in den Beurteilungsgesprächen mit ihren Beratern ein. Wenn Kunden bei denen Fehler bemängeln, kommen sie dort direkt zur Sprache. Die Berater haben folglich ein besonders hohes Interesse daran, dass sie bei ihren Kunden gut wegkommen.

Die Lieblingsbanken der Deutschen
Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov hat das Ansehen von Kreditinstituten in Deutschland untersucht. Wie der Markenmonitor YouGov BrandIndex zeigt, verschlechtert sich zwar das Ansehen der Finanzbranche insgesamt, davon sind allerdings bei weitem nicht alle Geldinstitute gleichermaßen betroffen. Platz 5: Die Royal Bank of ScotlandSie erreicht gerade einmal 9 BrandIndex Punkte.Zur Methode: Der Untersuchungszeitraum für diese Befragung war der 1. Oktober bis 21. 11.2011.Für den BrandIndex werden täglich 2.000 Personen befragt. Das ermöglicht tagesaktuelle Imageanalysen von über 500 Marken aus zahlreichen Branchen. Quelle: REUTERS
Platz 4: Die Sparkassen Quelle: dapd
Platz 3: Die Sparda-Bank Quelle: dpa
Platz 2: Die Volks- und Raiffeisenbanken Quelle: dpa
Platz 1: Direktbank ING DiBa Quelle: dpa

Digitaler Lebensstil

Die Bewertung von Finanzratschlägen ist schwierig, die Ergebnisse einer Anlageentscheidung zeigen sich oft erst nach Monaten, wenn nicht Jahren. Damit nicht allein Sympathie über die Bewertung entscheidet, gibt Whofinance allen Kunden einen Fragenkatalog mit, anhand dessen sie die Beratung einschätzen sollen. Dazu zählen Formalitäten wie die Erreichbarkeit des Beraters, aber auch dessen Eingehen auf die individuelle Situation eines Kunden.

Noch weiter geht die Fidor Bank in München, die seit 2009 eine Lizenz als Vollbank hat und Ende 2010 knapp 90 Millionen Euro Einlagen eingesammelt hatte. „Den Austausch über Finanzthemen zwischen Kunden mit digitalem Lebensstil fördern“ will Vorstand Matthias Kröner, der bereits 1993 bei der Gründung der Direktbank DAB dabei war und seitdem weiter an Internet-Innovationen im Finanzsektor arbeitet.

Über Produkte austauschen

Kernstück der Bank ist ein Forum mit 80.000 registrierten Nutzern, die 7000 Fragen rund ums Thema Geld diskutieren. Daran beteiligen sich rund 2800 registrierte Berater, die die Kunden dann wiederum bewerten können. „Den besten Eindruck vermittelt aber der direkte Austausch“, sagt Kröner. So können die Kunden direkt mit den Beratern in Kontakt treten und aus deren Reaktion bereits unverbindlich Schlüsse über deren Kompetenz ziehen.

Die Kunden können sich auch über Produkte austauschen, die Angebote der Bank bewerten und Vorschläge für Verbesserungen machen. Um den Gemeinschaftsgedanken noch stärker in den Vordergrund zu stellen, können sie sich auch gegenseitig Kredite geben und gemeinsam Projekte finanzieren. Gründer Kröner sieht in dem Konzept die konsequente Folge aus Finanzkrise und Beratungspannen: „Banken können nicht so tun, als ob nichts geschehen wäre“, sagt er. „Da hilft nur radikale Offenheit.“

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