
Der Finanzmarkt ist in Bewegung: Getrieben durch die europäische Null-Zins-Politik und verstärkte Regulierungen nach der Finanzkrise 2008, sind die deutschen Dinosaurier der Finanzwelt zum Umdenken gezwungen.
Zudem bekommen Regional- und Großbanken zwischen Hamburg und München Druck von unten. FinTechs drängen auf den Markt. Sie haben vor allem Privatkunden im Visier und bieten gut verständliche Apps, um Bankgeschäfte bequem und günstig abzuwickeln. Weltsparen etwa vermittelt Festgeldanlagen im europäischen Ausland.
Die Hamburger Kreditech verleiht Geld vom 50-Euro-Kredit für drei Tage bis zum 50.000-Euro-Darlehen für drei Jahre. App statt Bank auch bei Auslandtransfers: Das Londoner Start-up Transferwise sieht sich als Alternative zu deutschen Banken, weil sie einen besseren Service bieten und weniger Gebühren verlangen. Plattformen wie Auxmoney, Bondora oder Lendico bringen Kreditnehmer mit Privatleuten zusammen, die Geld verleihen wollen.

Einer neuen Studie zufolge könnte das Geschäftsvolumen in Europa auf bald mehr als sieben Milliarden Euro anwachsen. Für die USA prognostizieren die Berater von PwC bis in einer Dekade sogar einen 150 Milliarden Dollar schweren Markt.
Entwickelt sich dieses „Crowdlending“ hierzulande ebenso rasant, werden Volksbanken und Sparkassen bald weniger Kredite abzeichnen. Denn all diese jungen Plattformen und Geldhäuser wollen den deutschen Mittelstand als Kunden. Der wiederum hat die Auswahl an Anbietern die vermeintlich schneller, pfiffiger und internationaler agieren.
FinTech-Umfrage
Rund 63 Prozent aller Bankkunden weltweit nutzen mittlerweile die Produkte oder Dienstleistungen von FinTechs.
Rund 66 Prozent der Befragten in Deutschland würden ihren Freunden und Familienmitgliedern ihren FinTech-Anbieter empfehlen. Ihre Bank würden hingegen nur 43 Prozent weiterempfehlen.
Fast zwei Drittel der Führungskräfte in Banken halten es für notwendig, FinTechs als Partner anzusehen. 46 Prozent sehen dabei eine Zusammenarbeit als strategisch am klügsten, 44 Prozent sind es im Bereich Investment und 18 Prozent der Befragten sprechen von Akquisitionsplänen.
Der Studie zufolge sind die Dienste von FinTechs in den Augen von Kunden leicht bedienbar (82 Prozent), der Service schnell (81 Prozent) und das Kundenerlebnis gut (80 Prozent). In Banken wird das anders bewertet: Nur 40 Prozent halten das Kundenerlebnis dort für gut, den Service beurteilen nur 36 Prozent für schnell.
Und es wird noch härter: Die deutschen Banken haben im internationalen Wettbewerb den Anschluss verloren. Unter den zehn wertvollsten Banken der Welt befinden sich fast ausschließlich amerikanische und chinesische Gesellschaften. Auf Platz 20 rangiert das wertvollste Institut der Euro-Zone. Die wertvollste deutsche Bank findet sich nach Platz 100. Das ist nicht gleichgültig, wenn die Industrie bei großen Finanzierungen und Transaktionen auf ausländische Banken angewiesen ist. Umso mehr, weil Kreditentscheidungen in kritischen Fällen noch nie frei von politischen Einflüssen gewesen sind.
Ohne Banken geht es nicht
Dennoch gibt es Grund zu vorsichtigen Optimismus: Die Bankern haben die Situation erkannt. Etliche hinterfragen ihre bisherigen Modelle. Suchen Kontakt zu alternativen Anbietern, um ihr Portfolio abzurunden. Oder programmieren Apps und schulen den Vertrieb, um in Sachen sozialen Medien aufzuholen.
Fintech-Revolutionäre
Über eine App können Anleger ohne Gebühren in Aktien investieren (bislang nur in den USA).
Anleger sollen Wertpapiere künftig direkt über die Blockchain handeln (noch in der Testphase).
Digitale Vermögensverwaltung per Algorithmus auch für Kleinanleger.
Laut etlicher Umfragen und Studien sind die Pfunde, mit dem Sie wuchern sollten, Sicherheit und Vertrauen. Natürlich nutzen gerade junge Leute ausgiebig Online-Kanäle. Aber die klassische Bankverbindung und die Sicherheit, die damit verbunden ist, haben immer noch oberste Priorität.
Dennoch müssen sich Banken schneller den Bedürfnissen der Kunden annehmen. Darlehen von Instituten machen nur noch 23 Prozent des Fremdkapitals von Unternehmen aus – vor zehn Jahren waren es noch 30 Prozent. Dünner sollte das Eis nicht werden.