Gender Pay Gap Warum Banken sich mit dem Geschlechter-Mix (noch) schwer tun

Quelle: Getty Images

In Deutschlands Banken und Sparkassen liegen die Gehälter von Männern und Frauen immer noch weit auseinander. Ziehen deshalb weniger Frauen in den Vorstand ein?

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Wer als Unternehmen heutzutage nicht angibt, auf gemischte Teams, sprich Diversität in der Belegschaft, zu achten, der hat eigentlich schon verloren. So einen Fauxpas kann sich in Zeiten von Gendersternchen und drei Geschlechtern kein Unternehmen mehr leisten. Erst recht kein Dax-Konzern und auch keine Bank. Die will schließlich mit allen Geschlechtern ihre Geschäfte machen.

Mittlerweile achtet sogar die Bankenaufsicht darauf, dass in Banken gemischte Teams zusammenarbeiten. „Das wirkt sich positiv auf die Risikokultur aus“, sagt Claudia Breuer, die an der Hochschule für Finanzwirtschaft und Management zu Nachhaltigkeit und Diversität im Finanzbereich forscht.

„Gemischte Teams sind effizienter und besser“, sagt Christine Novakovic von der Schweizer Großbank UBS im Podcast „Chefgespräch“ mit WirtschaftsWoche-Chefredakteur Beat Balzli. Es dürfe keiner glauben, dass man mit einer einseitigen Mannschaft diverse Kunden beraten könne.

Novakovic weiß, wovon sie spricht, denn sie ist UBS-Europa-Chefin und deren oberste Vermögensverwalterin. Sie hat es als eine der wenigen Frauen in der Finanzbranche in die ganz oberen Etagen geschafft. Dabei standen Themen wie Diversität und Frauenquote beim Karrierestart der Südtirolerin noch nicht sehr weit oben auf der Agenda.

Novakovic hat das nicht gestört. „Ich habe nie das Gefühl gehabt, dass ich benachteiligt bin, weil ich eine Frau bin“, sagt sie. Klar, wer in einer Männerwelt unterwegs sei, dürfe eben nicht zart besaitet sein.

Tatsächlich werden mittlerweile auch mehr Frauen in Banken, Sparkassen und Versicherungen eingestellt. „Gerade im mittleren Management hat sich viel getan“, sagt Novakovic im Podcast „Chefgespräch“. Nur auf den oberen Karrierestufen, da sei es vielleicht ein bisschen zu wenig, sagt die Vorständin.

2021 war knapp jeder siebte Bankvorstand weiblich. Zehn Jahre zuvor waren es noch magere 3,2 Prozent. Immerhin. Aber ein Erfolg, echte Diversität, sieht anders aus. Woran liegt das? Womöglich auch an der unterschiedlichen Bezahlung von Frauen und Männern?

Lesen Sie auch: Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau – ab 30 ist Schluss mit der Gleichberechtigung

Laut einer aktuellen Auswertung von vergleich.org gehört die Bankenbranche in der Tat zu den Branchen mit dem höchsten „Gender Pay Gap“, also einer großen Gehaltsdifferenz zwischen Männern und Frauen. Demnach verdienen Bankkauffrauen rund 23 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Während das Durchschnittsgehalt bei den Männern bei 5603 Euro liegt, sind es bei Frauen brutto nur 4300 Euro.

Damit liegt die Lücke zwischen den Geschlechtern in den Banken und Sparkassen noch höher als im allgemeinen Schnitt. Das Statistische Bundesamt weist für 2020 einen Unterschied von 18 Prozent aus, wobei die Differenz in Westdeutschland mit 20 Prozent deutlich höher ist als im Osten (dort sind es nur sechs Prozent).

Als Erklärung für die wenigen Vorstandsbankerinnen taugt der Pay Gap aber nur bedingt. Eher andersherum: Auch die Gehaltslücke resultiert schlicht aus den Positionen, die Frauen in Banken einnehmen. Zwar sind generell viele Frauen in der Finanzbranche beschäftigt. Ihr Anteil liegt laut Daten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) bei 48 Prozent.

Allerdings ist der Frauenanteil ausgerechnet auf den unteren Gehaltsstufen, die oft noch tarifvertraglich geregelt sind, sehr hoch. Auf den höheren Ebenen, bei Teamleitern, Fondsmanagern und auf Vorstandsebene, sieht es dagegen schlechter aus. Hier ist der Männerüberhang groß.

Das führt zum nächsten Grund für die hohen Gehaltsunterschiede und die geringe Anzahl an Frauen im Vorstand. Laut einer aktuellen Umfrage, welche die Beratungsgesellschaft KPMG zusammen mit dem Netzwerk Fondsfrauen und mit der Universität Mannheim zu geschlechtsbezogenen Unterschieden in der Vermögensverwaltung erhoben hat, arbeitet ein Großteil der Frauen in sogenannten „Pink Ghettos“: im Marketing, in der Compliance- oder Personalabteilung.

Im Portfoliomanagement ist dagegen nur einer von fünf Angestellten weiblich. Hinzu kommt: 2020 arbeiteten 43 Prozent der Frauen in der Vermögensverwaltung in Teilzeit. Bei den Männern waren es dagegen nur sieben Prozent.

Vieles daran ändert sich gerade. „Gott sei Dank hat ein großer Kulturwandel im Banking stattgefunden“, sagt Christine Novakovic im Podcast „Chefgespräch“, und meint damit auch mehr Diversität.

Sie würde etwa wie ihre Kollegen darauf achten, schon in den unteren Hierarchieebenen zur Hälfte Frauen einzustellen. Denn die müssten ja auch entwickelt werden. Und je höher jemand in einer Bank aufsteige, desto mehr Druck müsse er oder sie natürlich aushalten, so die UBS-Europa-Chefin.

Wichtig sei es deshalb, ein Umfeld zu schaffen, in dem auch Frauen ganz weit nach oben aufsteigen können. Ob diese diesen Weg dann gehen wollen, müssen sie selbst entscheiden – oft auch mit ihrer Familie.

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Einige Frauen entscheiden sich dagegen, gute Bezahlung hin oder her. Dennoch spricht einiges dafür, dass sich in den kommenden Jahren noch vieles tun wird in Sachen Diversität. Kaum eine Bank oder Sparkasse kann es sich mehr leisten, auf Frauen im Vorstand zu verzichten. Fotos von rein männlichen Vorständen oder Gremiensitzungen? Ein Shitstorm in den sozialen Netzwerken ist quasi garantiert.

Nicht nur die Bankenaufsicht achtet zunehmend auf das Thema. Auch von innen heraus entsteht in der Branche Druck. Immer mehr Fonds brüsten sich damit, in besonders diverse Unternehmen zu investieren. So zum Beispiel ein spezieller Frauenfonds der Deutsche Bank-Tochter DWS, der Diversität sozusagen zur Minimalbedingung für ein Investment erklärt hat. Wer Anlegern solche Produkte seriös verkaufen will, sollte mit gutem Beispiel vorangehen.

Mehr zum Thema: Eine Verhandlungsexpertin erklärt, was Frauen gegen Gehaltsnachteile gegenüber Männern unternehmen können.

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