Hauptversammlung der IKB Die unendliche Geschichte der Krisenbank

Beim Umbau des Geschäfts kommt die Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB voran. Doch die Aufarbeitung der Vergangenheit gestaltet sich äußerst zäh.

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Sieben Jahre nach Beginn der IKB-Krise scheint die Zukunft des Unternehmens immer noch unklar. Quelle: dpa

Die Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB feiert in diesem Jahr ihr 90-jähriges Bestehen. Dabei hätte die Finanzkrise fast verhindert, dass das traditionsreiche Unternehmen das Jubiläum noch erlebt.

Denn in die Geschichte ist die IKB eingegangen, weil sie 2007 als erste deutsche Bank in den weltweiten Strudel aus Fehlinvestments, hohen Abschreibungen und Vertrauensverlust geriet. Der Zusammenbruch konnte nur mit Milliardenhilfen der damaligen Eigentümerin, der staatlichen Förderbank KfW, sowie des Bankenrettungsfonds verhindert werden. Kurz vor der historischen Lehman-Pleite im September 2008 übernahm dann der US-Fonds Lone Star die Mehrheit.

Bad Banks in Deutschland und Europa
Laut einem Bericht der französischen Zeitung "Les Echos" sitzen die europäischen Bad Banks auf Schrottpapieren im Wert von mehr als 1.000 Milliarden Euro. Alleine die Bad Bank der belgisch-französischen Bank Dexia besäße faule Kredite und andere Giftpapiere im Wert von 266 Milliarden Euro – Rekord in Europa. Auch die französische Natixis halte immer noch faule Papiere im Wert von 13,5 Milliarden Euro. Doch nicht nur die französischen Bad Banks sitzen immer noch auf Müllbergen.... Quelle: AP
CommerzbankInterne Bad Bank: Portfolio Restructing UnitZum 30. September 2009 sammelte die Commerzbank 44 Milliarden Euro an Schrottpapieren in einer firmeninternen Bad Bank. 2012 schrumpfte das Portfolio der internen "Bad Bank" um 17 Prozent auf 151 Milliarden Euro. Dabei fokussierte sich die Commerzbank vor allem auf die gewerbliche Immobilien- und Staatsfinanzierung. Bis 2016 soll das Portfolio dieser Abbaueinheit NCA auf gut 90 Milliarden Euro abschmelzen - vorzugsweise wertschonend über Fälligkeiten, in Einzelfällen werden nach früheren Angaben durch den Verkauf von Papieren aber auch Verluste in Kauf genommen. In der Bad Bank lagert der Immobilien- und Staatsfinanzierer Eurohypo, inzwischen umbenannt in Hypothekenbank Frankfurt, sowie die Schiffsbank. Aus all diesen Geschäftsbereichen zieht sich die Commerzbank komplett zurück. Auch einige Uraltlasten aus der Investmentbank von der Finanzkrise 2008 sind dabei. Quelle: dpa
Hypo Real Estate - FMS WertmanagementDie Bad Bank der verstaatlichten Münchener Immobilien Bank besaß bei ihrer Gründung zum 1. Oktober 2010 Schrottpapiere im Wert von 175,6 Milliarden Euro. Zum 30. Juni 2011 hat sie den Bestand auf 160,5 Milliarden Euro reduziert. 2012 konnte die Abwicklungsbank FMS einen Überschuss von 37 Millionen Euro erwirtschaftet. Der Trend hatte sich bereits im ersten Halbjahr abgezeichnet. So hatte das Institut unterstützt von anziehenden Finanzmärkten von Januar bis Juni seinen Verlust auf 50 (Vorjahreszeitraum: 689) Millionen Euro reduziert. Auch in der zweiten Jahreshälfte hatte sich die Erholung an den Finanzmärkten weitgehend fortgesetzt. Dadurch hätten sich die Altlasten um 38 Milliarden Euro reduziert, sagte ein Insider. Quelle: dapd
HSH NordbankEine interne Bad Bank kümmerte sich um die Altlasten der Landesbank von Hamburg und Schleswig Holstein. Am 31. Dezember 2010 startete der Finanzfriedhof mit 69 Milliarden Euro. 2012 haben die Schifffahrtskrise und hohe Gebühren für Staatsgarantien der HSH Nordbank Verluste eingebrockt. Wegen der Lasten durch drohende Kreditausfälle in der internen Bad Bank und steigender Garantiekosten geht die Landesbank 2013 von einem weiteren Fehlbetrag aus. Erst 2014 ist ein Lichtstreif am Horizont in Sicht. Dann will das seit Jahren kriselnde Institut dank weiterer Fortschritte im Kerngeschäft „ein deutlich positives Konzernergebnis“ erwirtschaften. Im abgelaufenen Jahr musste die HSH, die nach wie vor in der Schiffsfinanzierung führend ist, erneut viel Geld für drohende Kreditausfälle zurücklegen. Hinzu kamen 473 Millionen Euro an künftigen Gebühren für Garantien, die bereits jetzt in der Bilanz verbucht wurden. Der Vorsteuerverlust verringerte sich dennoch leicht auf 185 (Vorjahresminus: 206) Millionen Euro, weil es im Kerngeschäft bereits besser lief. Quelle: dpa
WestLBDie vom übrigen Institut abgespaltene Bad Bank "Portigon", vormals "Erste Abwicklungsanstalt EAA" bündelte zum 1. Januar 2010 Schrottpapiere im Wert von 77,5 Milliarden Euro. Nach zwei herben Verlustjahren konnte die Bad Bank 2012 einen Minigewinn erzielen. Dank der Erholung der US-Immobilienmarktes weist die Portigon einen Jahresüberschuss von 6,6 Millionen Euro aus. 2011 hatte der Schuldenschnitt für Griechenland zu einem Verlust der Bad Bank von 878 Millionen Euro geführt. Der Vorstand betonte, dass die Abwicklung der WestLB-Papiere schneller als geplant vorankomme. Seit ihrer Gründung vor gut drei Jahren habe die Bad Bank in mehreren Schritten Bestände in der Größenordnung von rund 200 Milliarden Euro übernommen. Abgewickelt wurden bereits Kredit- und Wertpapiere im Gesamtvolumen von 68 Milliarden Euro. Quelle: dpa
BayernLBDie Bayern tauften ihre interne Bad Bank Projekt Herkules. Ein passender Name. Mit 67,2 Milliarden Euro Finanzschrott startete das Projekt am 1. Juli 2009. Zum Jahresende 2011 waren es nur noch 27 Milliarden Euro. Der Freistaat haftet mit einer Garantie von 4,8 Milliarden Euro für Verluste durch strukturierte Altkredite aus der Finanzkrise. Bislang reichte der Eigenanteil der Bank in Höhe von 1,2 Milliarden Euro, die Lasten der Vergangenheit aufzufangen. Davon ist jedoch bereits die Hälfte aufgebraucht. Die Landesbanker verwalten ihre 27 Milliarden Euro schwere Bad Bank intern in der eigenen Bilanz. Gut 40 Prozent davon entfallen auf sogenannte ABS-Papiere. Das sind gebündelte und verbriefte Kleinkredite, von denen keiner weiß, ob und in welchem Umfang die Schuldner sie zurückzahlen können. Quelle: dpa
Bank of Ireland - NAMADie irische Regierung gründete im September 2009 die erste Bad Bank in Europa - die National Asset Management Agency (NAMA) Sie übernahm faule Kredite im Wert von 47 Milliarden Euro. Irland erhielt eine Finanzspritze des IWF über 67,5 Milliarden Euro und Gelder aus dem EU-Rettungsschirm, um den Bankensektor zu stabilisieren. Übrig blieben nur zwei von fünf Banken - die Bank of Ireland und die Allied Irish Banks. Bis zum 31. März 2012 wurden Immobilienverkäufe im Wert von insgesamt acht Milliarden Euro genehmigt – 90 Prozent davon betrafen Objekte im Ausland. Eingenommen hatte die NAMA (Stand September 2011) bis dato allerdings nur 2,7 Milliarden Euro. Quelle: dapd

Heute ist die Zukunft des Unternehmens immer noch nicht klar. Bislang hat Lone Star noch keinen Käufer gefunden, bei dem die IKB eine Zukunft hätte. Die Suche dauert an.

Ungestört davon baut die Bank ihr Geschäft um und kann auch schon erste Erfolge vorweisen. Die schrumpfende Bilanz sieht Vorstandschef Schüttler als Folge der Fokussierung auf den Mittelstand. Mit der Bearbeitung dieser Zielgruppe hatte sich das Unternehmen seinen bis zur Krise hervorragenden Ruf erworben. Dass Mittelständler derzeit immer weniger Kredite nachfragen, will die IKB mit Dienstleistungen um Unternehmensanleihen und Schuldscheinen ausgleichen.

Bereits im vorangegangenen Geschäftsjahr hatte die Bank die restlichen öffentlichen Hilfen an den Bankenrettungsfonds zurückgegeben. Sie demonstrierte damit ihre Fähigkeit, sich auch ohne staatliche Garantien zu refinanzieren. Für den anstehenden Stresstest durch die Europäische Zentralbank sieht sich die IKB solide aufgestellt. Mit einer Kernkapitalquote von 10,4 Prozent liegt sie über der EZB-Messlatte für das neutrale Szenario von acht Prozent. Ob sich die IKB während einer dreijährigen simulierten Krise über der Schwelle von 5,5 Prozent halten wird, muss der Test zeigen.

Wesentlich zäher als der Umbau des Geschäftsmodells gestaltet sich die Aufarbeitung der Vergangenheit. Die liest sich wie eine unendliche Geschichte. Nach jahrelanger Arbeit ist der Bericht des Sonderprüfers Ende Februar endlich fertiggestellt worden. 2009 hatten Minderheitsaktionäre die Prüfung gegen den Widerstand des Managements durchgeboxt, weil sie durch die Fast-Pleite sowie die anschließende Privatisierung Geld verloren haben.

Mit der Lektüre müssen sich die Anleger aber noch gedulden, das angeblich über 1000 Seiten starke Konvolut soll Mitte des Monats veröffentlicht werden. Das kündigte IKB-Chef Hans Jörg Schüttler auf der heutigen Hauptversammlung an und bat um Verständnis für die logistischen Vorbereitungen.

Die Bank hat den ohnehin zähen Ablauf mit einem Rechtstreit zusätzlich in die Länge gezogen, weil sie Teile des Berichts schwärzen wollte. Darin enthaltene Namen von Mitarbeitern, Finanzaufsehern, Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern sollten unkenntlich gemacht werden, die Begründung lautete auf Datenschutz. Die Richter in Düsseldorf lehnten das aber ab.

Der Sonderprüfungsbericht sollte klären, ob Entscheider und Aufsichtspersonal der IKB während der Krise ihre Pflichten verletzt haben. Die Bank selbst hat den bisher zurückgehaltenen Bericht bereits intensiv geprüft und ist zu dem Schluss gekommen, dass den zur Zeit der Krise amtierenden Aufsichtsräten nichts vorzuwerfen ist.

Für Ex-Vorstände dagegen seien vereinzelt Pflichtverletzungen festgestellt worden, allerdings hätten diese nicht unmittelbar zu der Krise geführt. Trotzdem will die Bank gegen einzelne ihrer ehemaligen Vorstände Schadenersatzansprüche geltend machen.

Thema auf einer Hauptversammlung der IKB wird der Sonderprüfungsbericht wegen der Verzögerungstaktik aber voraussichtlich erst im Herbst 2015 sein. Dann ist die Krise acht Jahre her.

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