
Der Strafprozess gegen die frühere Führung des Bankhauses Sal. Oppenheim wird überraschend ausgesetzt. Die Hauptverhandlung müsse neu begonnen werden, verkündete die Vorsitzende Richterin am Kölner Landgericht, Sabine Grobecker, am zweiten Verhandlungstag am Donnerstag. Der Posten eines Ergänzungsrichters sei nicht vorschriftsmäßig besetzt worden, räumte Grobecker ein. "Daher ist mit der Hauptverhandlung neu zu beginnen." Zwar sei die 16. große Strafkammer des Landgerichts Köln zuständig, doch sei die Ernennung des Ergänzungsrichters anfechtbar. Er müsse daher ausgetauscht werden. Das Mammutverfahren werde voraussichtlich nach Ostern neu an den Start gehen.
Hintergrund der Entscheidung sind so genannte Besetzungsrügen der Verteidiger. Diese wies die Kammer zwar mit Blick auf Grobecker und ihre beiden Richter-Kollegen ab, doch in einem entscheidenden Punkt tat sie dies nicht: Ein Ergänzungsrichter sei vom Präsidium des Landgerichts nicht völlig korrekt bestimmt worden. Denn auch für die Besetzung dieses Richters, der etwa bei Krankheitsfällen in der Kammer in das Verfahren eingreifen würde, brauche es "abstrakte Regeln". Diese fehlten aber bislang am Landgericht Köln und auch anderen Gerichten, es könne der Anschein einer nicht völlig unabhängigen Berufungsentscheidung entstehen, warnte Grobecker. Deshalb müsse das Verfahren neu starten.
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Vorgang einmalig in Geschichte des Landgerichts
Eine solche Entscheidung sei einmalig in der Geschichte des Landgerichts, sagte ein Gerichtssprecher. Die Neuauflage des Verfahrens hängt nun vom Präsidium des Landgerichts ab - das Spitzengremium muss nach abstrakten Kriterien zur Bestimmung von Ersatzrichtern suchen. Denkbar wäre etwa eine nach Dienstalter geordnete Liste. Auch müssen für die Neuauflage des Prozesses neue Schöffen bestimmt werden, sagte der Sprecher. Und zudem kann die Verteidigung einen Neustart mit weiteren Besetzungsrügen begleiten - zu diesem juristischen Mittel hatte sie bereits am ersten Verhandlungstag des nun beendeten Verfahrens am 27. Februar gegriffen. Aber auch die Staatsanwaltschaft kann erneut auf eine Erweiterung des Verfahrens dringen, sie will die Anklage auch auf Vorgänge um die Arcandor-Pleite erweitern. Sal. Oppenheim hatte große Aktienpakete des Tourismus- und Handelskonzerns gehalten.
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Bei einer Neuauflage des Prozesses werden einige der bekanntesten deutschen Banker der vergangenen Jahre erneut auf der Anklagebank Platz nehmen müssen: Matthias Graf von Krockow, Christopher von Oppenheim, Friedrich-Carl Janssen, Dieter Pfundt sowie der Immobilien-Unternehmer Josef Esch. Die Privatbankiers und der Unternehmer sollen das mittlerweile zur Deutschen Bank gehörende Geldhaus Sal. Oppenheim bei Immobilien-Geschäften geschädigt haben, wirft ihnen die Staatsanwaltschaft vor. Es geht es um drei Deals in Köln und Frankfurt am Main sowie den Vorwurf der Untreue, der Anstiftung dazu oder zumindest der Beihilfe. Das Gesetz sieht dafür Höchststrafen von zehn Jahren vor.