HSH Nordbank Dirk Jens Nonnenmacher erleichtert über Freispruch

Die ehemaligen Vorstände der HSH Nordbank können aufatmen: Das Gericht sah keine Pflichtverletzung der Manager bei einem riskanten Finanzgeschäft und sprach sie frei. Die Staatsanwaltschaft prüft eine Revision.

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Der frühere Vorstandschef und Ex-Finanzchef der HSH Nordbank, Dirk Jens Nonnenmacher, verlässt am Mittwoch das Landgericht in Hamburg. Quelle: dpa

Freispruch für den früheren Bankmanager Dirk Jens Nonnenmacher: Das Hamburger Landgericht sprach ihn und fünf seiner früheren Kollegen aus dem Vorstand der HSH Nordbank am Mittwoch vom Vorwurf der Untreue in einem besonders schweren Fall frei. Nonnenmacher reagierte erleichtert auf das Urteil, sagte sein Verteidiger Prof. Heinz Wagner nach der Urteilsbegründung. Er hoffe, dass die Staatsanwaltschaft so klug sei, nicht in Revision zu gehen. „Das Verfahren hat alle Beteiligten über Jahre viel Kraft und Nerven gekostet.“

Nach Ansicht der Strafkammer sind die sechs Manager weder der schweren Untreue noch der Bilanzfälschung schuldig, wie der Vorsitzende Richter Marc Tully am Mittwoch sagte. Fehlentscheidungen der Angeklagten hätten nicht die „Grauzone in Richtung Strafbarkeit“ überschritten. Die Staatsanwaltschaft will ihren Angaben zufolge nun prüfen, ob sie in Revision geht. Dann würde der Fall beim Bundesgerichtshof landen.

Das sind die sechs HSH-Nordbank-Manager
Dirk Jens NonnenmacherDer 51-Jährige gehörte dem Vorstand der HSH Nordbank erst seit Oktober 2007 an. Er war als Mathematiker wissenschaftlich sowie operativ in verschiedenen Positionen der Finanzindustrie tätig, zuvor bei der Dresdner Bank und der DZ Bank. Nonnenmacher sollte als Vorstand für Finanzen und Steuern den geplanten Börsengang der HSH Nordbank vorbereiten. Im November 2008 wurde er als Nachfolger von Berger Vorstandschef. In seiner Amtszeit stabilisierte sich die Bank wirtschaftlich, wurde aber immer wieder von Affären und Skandalen erschüttert. Nonnenmacher musste die Bank im März 2011 auf Druck der Anteilseigner verlassen und erhielt eine Abfindung in Millionenhöhe. Quelle: dpa
Hans BergerDer 64-Jährige war im Dezember 2007, als das „Omega 55“-Geschäft beschlossen wurde, Vorstandsvorsitzender der HSH Nordbank. Er gehörte bereits seit 1996 dem Vorstand eines der beiden Vorgängerinstitute an, der Landesbank Schleswig-Holstein, zuletzt als Vorsitzender. Berger trat im November 2008 zurück, weil der Vorstand die Intensität und Dauer der Finanzkrise sowie die Risiken für die Ertragslage der Bank nicht hinreichend vorhergesehen habe. Quelle: dpa
Peter RieckDer 61-Jährige war als stellvertretender Vorsitzender des Vorstands unter anderem zuständig für die Bereiche Schifffahrt, Transport, Immobilienkunden und die Niederlassungen in Amerika und Asien. Er arbeitete zunächst bei der Landesbank in Kiel und der Investitionsbank Schleswig-Holstein, wurde aber schon 1998 Vorstand der Hamburgischen Landesbank. Rieck wurde im Dezember 2009 vom Aufsichtsrat abberufen. Er gründete danach ein Beratungsunternehmen. Quelle: Screenshot
Jochen FriedrichDer 50-Jährige gehörte im Dezember 2007 dem HSH-Vorstand seit einem halben Jahr an. Er hatte zuvor für JP Morgan und die DZ Bank gearbeitet. Bei der HSH Nordbank war er zuständig für das Investmentmanagement und den Kapitalmarkt sowie die Niederlassung London, die bei dem Verfahren eine besondere Rolle spielt. Friedrich wurde gemeinsam mit Rieck im Dezember 2009 vom Aufsichtsrat entlassen. Er ist - ebenso wie Nonnenmacher - nicht nur wegen schwerer Untreue angeklagt, sondern auch wegen Bilanzfälschung. Quelle: Screenshot
Hartmut StraußDer 65-Jährige war für das Risikomanagement der Bank zuständig. Er hat sein Berufsleben bei der Hamburgischen Landesbank verbracht, in deren Vorstand er 2001 aufrückte. Strauß schied im Juni 2008 auf eigenen Wunsch aus dem Vorstand der HSH Nordbank aus. Der Vorstand erklärte zum Abschied, er habe sich bleibende Verdienste um die Bank erworben. Inzwischen macht die Bank gegen Strauß Schadenersatzansprüche geltend, ebenso gegen Rieck und Friedrich. Quelle: Screenshot
Bernhard ViskerDer 47-Jährige arbeitete rund 25 Jahre bei der Hamburgischen Landesbank und der HSH Nordbank und war Vorstand seit Januar 2007. Er war verantwortlich für Firmen- und Immobilienkunden, Private Banking und Sparkassen. Visker überstand als einziger Vorstand die Stürme der Finanzkrise und schied erst Ende August 2011 „im besten Einvernehmen“ aus dem Gremium aus. Er ist heute Geschäftsführer der Immobilienfirma ABG in München. Quelle: Screenshot

Erstmals in Deutschland stand der gesamte einstige Vorstand einer Bank wegen Ereignissen während der Finanzkrise vor Gericht. Die Angeklagten hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen. In der Finanzkrise galt Nonnenmacher - Spitzname „Dr. No“ - als einer der umstrittensten Banker Deutschlands. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft waren die Manager kurz vor Weihnachten 2007 bei einem komplexen Geschäft namens „Omega 55“ wissentlich zu hohe Risiken eingegangen. Sie hätten dabei ihre Pflichten grob verletzt. Die Anklagebehörde schätzte den dadurch entstandenen Schaden auf fast 53 Millionen Euro.

Mit dem riskanten Doppelgeschäft mit der Pariser Großbank BNP Paribas wollte die HSH Nordbank ihre Bilanz entlasten. Ihr drohte damals eine Herabstufung durch die Rating-Agenturen. Eine solche Entlastung habe es aber nicht gegeben, betonte Tully: „Dadurch wird das ganze Geschäft objektiv sinnlos.“ Dass die ehemaligen Vorstandsmitglieder ihre Pflichten verletzt haben, sieht auch das Gericht so. Die Manager seien bei ihrer Unterschrift unter die Vorlage unzureichend informiert gewesen - „und zwar sowohl formell wie auch sachlich-inhaltlich“. Tully sprach von der gemeinsamen Verantwortung aller sechs Angeklagten.

Im ersten Teil seiner Urteilsbegründung konzentrierte sich der Vorsitzende Richter darauf, was den Angeklagten vorzuwerfen ist. Die HSH Nordbank habe langfristig zu den „Top Ten“ aufsteigen wollen. „Retrospektiv war dieser Plan Ausfluss nicht unerheblicher Selbstüberschätzung“ - auch der Eigentümer, der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein. Schon die Staatsanwaltschaft hatte den Angeklagten zu Gute gehalten, dass sie sich nicht selbst bereichern wollten. Auch Tully betonte, zu keinem Zeitpunkt habe der Verdacht bestanden, dass sich die angeklagten „Bankster“ zum eigenen unmittelbaren Vorteil am Vermögen der Landesbank vergriffen hätten.

Dass es schwierig sein würde, mögliche Verfehlungen der Banker strafrechtlich zu erfassen, hatte Tully schon beim Prozessauftakt vor knapp einem Jahr deutlich gemacht. „Die Strafkammer betritt Neuland“, hatte er damals erklärt.

Die Staatsanwaltschaft hatte für die sechs Angeklagten Bewährungsstrafen und Geldbußen verlangt. Die Verteidiger hatten allesamt Freisprüche gefordert. Nach den Freisprüchen überlegt die Staatsanwaltschaft, ob sie in Revision geht. „Wir werden das jetzt prüfen“, sagte Behördensprecher Carsten Rinio.

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