Inflation "Die EZB muss nachladen"

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"Die Angst vor einem Währungskrieg ist übertrieben."

Halten die USA still, wenn Europäer und Japaner ihre Währungen massiv abwerten?
Die Angst vor einem Währungskrieg ist übertrieben. Der Dollar hat seit anderthalb Jahren um mehr als 20 Prozent zugelegt, aber der US-Wirtschaft geht es trotzdem gut. Das Wachstum im zweiten Quartal liegt bei knapp drei Prozent, die Arbeitslosenquote unter fünf Prozent. Die Inflation bewegt sich bis Jahresende in Richtung zwei Prozent. Kurzum: Die US-Wirtschaft ist fit und wird auch eine weitere Dollar-Aufwertung verkraften. Als Währungsstratege würde ich auch die Bank of Japan ermutigen, ähnlich wie die EZB nachzuladen.

Sie rufen nach Helikoptergeld – obwohl die exzessive Geldpolitik in Japan nicht funktioniert.
Einspruch! Die Einschätzung, dass die Geldpolitik in Japan nicht funktioniert, ist Quatsch. Sie funktioniert absolut. Die Kerninflation ist von minus 0,5 Prozent 2012 inzwischen auf plus 1,0 Prozent gestiegen. Das ist in einer Zeit passiert, in der der Ölpreis stark gefallen ist und die Inflation gebremst hat.

Geldpolitik der EZB: Belastungen durch Niedrigzinsen

Jüngst wertete der Yen auf zeitweise 106 Yen pro Dollar auf.
Inzwischen sind wir wieder bei 109 bis 110 Yen pro Dollar. Das sind normale Bewegungen, aber keine Trendwende. Vor allem sind diese Bewegungen kein Grund, an der Geldpolitik zu zweifeln. Gerade jetzt ist die Bank of Japan gefragt.

Nicht nachladen, sondern die Gemüter beruhigen muss die chinesische Führung. Fürchten Sie, dass China die Finanzmärkte erneut nach unten reißt?
Die Situation in China ist kompliziert. Der Markt ist Anfang des Jahres davon ausgegangen, dass sehr große Kapitalabflüsse stattfinden. Es wurde befürchtet, dass die Währungsreserven auf null zugehen und dass der Renminbi stark abwerten wird – wie in einer klassischen Währungskrise in einem Entwicklungsland. Diese Hypothese war falsch. Die Kapitalabflüsse sind das Ergebnis einer Panik in China gewesen. Ich war vor Kurzem dort, habe gelernt, dass sich die Leute dort in Finanzfragen über zwei Sachen unterhalten: über die Börse Shanghai und über den offiziellen Wechselkurs, der von der Regierung festgelegt wird. Wenn der Renminbi abgewertet wird, bekommt ein Großteil der Bürger Angst und tauscht sein Geld in Dollar.

Geldpolitik der EZB: Entlastungen durch Niedrigzinsen

Also muss die Regierung diese Zweifel beseitigen?
Richtig. In Zeiten, in denen der Wechselkurs wenig schwankt, gehen die Kapitalabflüsse in Richtung null. Somit ist es für die Regierung einfach, das Volumen der Abflüsse zu regeln. Sie müssen nur den Wechselkurs stabil halten. Der Renminbi wird vielleicht moderat abwerten, aber sicher nicht um 15 bis 20 Prozent, wie einige Ökonomen prognostizieren.

Welche Währung neben dem Dollar wird aufwerten?
Das Pfund ist unterbewertet. Sollten die Briten für einen Verbleib in der Europäischen Union stimmen, dann dürfte das Pfund um etwa zehn Prozent gegen Euro und Dollar zulegen.

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