Institute müssen fusionieren Warum die Vernunftehen kleiner Sparkassen zunehmen

Die kleinste Filiale Deutschlands muss fusionieren – die Regulierung ist schuld. Quelle: dpa

Immer mehr Sparkassen müssen fusionieren, jetzt auch Deutschlands kleinste in Bad Sachsa – wegen teurer Regulierungen und eines prominenten Verlustbringers.

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Die Zeiten, in denen Urlauber und Kurgäste scharenweise nach Bad Sachsa kamen, um die gute Luft des Südharzes zu genießen, sind lange vorbei. Aber die Kleinstadt östlich von Göttingen macht das Beste daraus. Die Fachwerkhäuser leuchten rausgeputzt in der Oktobersonne, große Karten weisen Wanderern den Weg, und das heimische Steakhaus grillt, weil drinnen kaum Gäste sind, Bratwürste vor der Tür.

Neben dem Rathaus empfängt Ralf Müller im ersten Stock der örtlichen Sparkasse. Die Ärmel hat er hochgekrempelt, den Kaffee serviert er persönlich, das Sparkassen-Logo an der rot-weiß gestreiften Krawatte trägt er mit Stolz. Leicht sind die Rahmenbedingungen auch für Müller nicht, aber er hat aus ihnen das Beste gemacht. Mit nur einer Filiale, 39 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von knapp 132 Millionen Euro ist die von ihm geführte Sparkasse die kleinste in Deutschland. „Aber eigentlich sind wir die erfolgreichste“, sagt Müller. Gemessen an der Größe, erziele das Institut das höchste Provisionsergebnis. „Bad Sachsa ist klein, wir treffen unsere Kunden fast jeden Tag“, sagt der Sparkassen-Chef. Die schätzten die persönliche Nähe und seien entsprechend zufrieden.

Mit dieser heilen Welt ist es jedoch bald vorbei. Trotz der guten Ergebnisse ist die Sparkasse schlicht zu klein, um die Kosten für Regulierung und Aufsicht zu stemmen. Im nächsten Jahr schließt sie sich deshalb mit den benachbarten Instituten in Duderstadt, Osterode und Münden zusammen. Zum ersten Mal fusionieren damit in Deutschland gleich vier bislang unabhängige Institute. Die neue Sparkasse soll mit einer Bilanzsumme von mehr als zwei Milliarden Euro dann groß genug sein.

Einen ähnlichen Weg mussten in den vergangenen Jahren schon viele Sparkassen und Volksbanken in Deutschland gehen, die allein nicht mehr überlebensfähig waren. Zwischen 2015 und 2017 ist die Zahl der selbstständigen Sparkassen von 413 auf 390 gesunken, die Unternehmensberatung zeb schätzt, dass im Jahr 2025 nur noch 250 übrig sein werden. Dabei haben viele ihre Ergebnisse zuletzt gesteigert – trotz der niedrigen Zinsen, indem sie Gebühren erhöht und das Geschäft mit Wertpapieren ausgebaut haben. Die wachsenden Kosten können sie damit auf Dauer aber nicht ausgleichen.

In Niedersachsen kommt zu den Ausgaben für die Regulierungsbürokratie noch eine Last dazu. Die Nord/LB in Hannover hat zu viele notleidende Schiffskredite in den Büchern, macht Verluste und benötigt dringend zusätzliches Kapital. Im Stresstest der Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB), dessen Ergebnisse am kommenden Freitag veröffentlicht werden, dürfte die Landesbank schlechter abschneiden als alle anderen deutschen Institute.

Gemeinsam stark? In den kommenden Jahren müssen immer mehr Sparkassen fusionieren, um zukunftsfähig zu sein.

Die Schieflage trifft alle niedersächsischen Sparkassen. Über ihren Landesverband gehört ihnen rund ein Viertel der Landesbank. Schon 2017 musste die Sparkasse Bad Sachsa wegen der Nord/LB 200.000 Euro abschreiben. Müller möchte über das Thema am liebsten gar nicht reden. Dass es „natürlich ärgerlich“ sei, steht für ihn aber außer Frage.

In diesem Jahr dürfte es noch unerfreulicher werden. „Da kommt noch mal ordentlich was drauf“, sagt ein Aufsichtsrat der Landesbank. Insider gehen davon aus, dass die Abschreibungen rund 50 Prozent höher ausfallen als im vergangenen Jahr. Der Korrekturbedarf läge „erheblich oberhalb des Erwartungswertes“, schreibt die Sparkasse Hameln-Weserbergland in ihrem Geschäftsbericht. Die Beteiligung werde „intensiv überwacht“, heißt es bei der Sparkasse Hannover, die mit mehr als 16 Prozent den größten Anteil am Sparkassenverband und damit an der Nord/LB hält.

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