Interne Papiere So instabil sind unsere Sparkassen

Den deutschen Sparkassen kann nichts passieren, hieß es lange Zeit. Vertrauliche Papiere zeigen jedoch, wie unsicher die angeblich so stabilen Institute sind. Was sogar ihre Existenz bedrohen könnte.

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Sparkassen: Wie stabil sind die Institute? Quelle: dpa Picture-Alliance

Georg Fahrenschon ist ein nimmermüder Kämpfer für die gute Sache. Der Präsident des Sparkassenverbands preist seine Institute als „Schutzschild der Sparer“, gar als „Stabilitätsanker“ für die Republik. Mit aller Kraft verteidigt er sie gegen angeblich böse Mächte. Gegen die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) etwa und gegen Aufseher, die einfach nicht kapieren wollen, dass Anlegergeld nirgendwo sicherer ist als bei den Sparkassen.

So malt sich Fahrenschon die Welt. Mit der Realität aber hat das nur begrenzt zu tun. Tatsächlich steht er einer höchst fragilen Gruppe vor, die auf Krisenfälle schlecht vorbereitet ist. Die drohen dank ihrer engen Verbindung zu den Landesbanken. Wenn eine von ihnen ausfällt, gefährdet das die Stabilität der gesamten Gruppe.

Das zeigen interne Dokumente der Bankenaufsicht, in die die WirtschaftsWoche Einblick hatte. Aussagekräftig ist dabei vor allem der Abwicklungsplan für die HSH Nordbank. In diesem skizzieren die Aufseher bis ins Detail, wie bei einer Schieflage mit der HSH Nordbank umzugehen ist, welche Funktionen erhaltenswert und welche verzichtbar sind, wer für Verluste einspringen muss. Auf jeder der gut 300 Seiten findet sich der Hinweis „Streng vertraulich“.

Deutschlands beste Sparkassen – aus Kundensicht
Platz 10 – Stadtsparkasse AugsburgSo schlimm wie dieser zerstörte Schriftzug andeutet, ist es um das Ansehen der Stadtsparkasse Augsburg nicht bestellt. Im Gegenteil: Das Geldhaus erreicht mit einer Gesamtwertung von 3,62 Punkten Platz zehn der Rangliste, die das Bewertungsportal WhoFinance erhoben und die „Bild am Sonntag“ veröffentlicht hat. Ein Punkt bedeutet im Ranking eine miese Beratung, fünf Punkte sind die Bestnote. Die Ergebnisse der Stadtsparkasse Augsburg im Detail: Altersvorsorge (3,85), Geldanlage (3,88), Baufinanzierung (3,88), Konto & Kredit (3,84). Quelle: DPA
Platz 9 – Sparkasse MainzDas Rheinufer in Mainz: Mit ihren Bewertungen kann sich das Geldinstitut ebenso sehen lassen. Die Gesamtbewertung von 3,65 Punkten setzt sich zusammen aus Altersvorsorge (3,98), Geldanlage (4,17), Baufinanzierung (4,03), Konto & Kredit (3,83). WhoFinance hat mehr als 300.000 Bewertungen in der Datenbank. Für das Ranking wurden dabei Banken mit mindestens zehn bewerteten Filialen und 500 Bewertungen berücksichtigt. Quelle: DPA
Platz 8 – Nassauische SparkasseDie Nassauische Sparkasse hat ihren Hauptsitz in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden – und schiebt sich mit einer Bewertung von 3,65 Punkten nur knapp am Sparkasse-Nachbarn aus Mainz vorbei. Die Teilbewertungen: Altersvorsorge (3,82), Geldanlage (3,83), Baufinanzierung (3,78), Konto & Kredit (3,82). Hierbei sei angemerkt: Die Gesamtnote ist nicht gleich dem Durchschnitt der Teilnoten. In die Gesamtnote fließt auch die allgemeine Bewertung der Bank ein, da nicht jeder Kunde eine präzise Teilbewertung abgibt. Quelle: PR
Platz 7 – Sparkasse DortmundEine von zwei Sparkassen aus dem Ruhrgebiet unter den Top-Sparkassen: Die Sparkasse Dortmund erreicht eine Gesamtwertung von 3,69 Punkten. Die Teilbewertungen: Altersvorsorge (3,74), Geldanlage (3,68), Baufinanzierung (3,69), Konto & Kredit (3,72). Quelle: DPA
Platz 6 – Sparkasse BielefeldKnapp vor Dortmund kommt Bielefeld: Die dortige Sparkasse wird von ihren Kunden häufig weiterempfohlen. Die Teilbewertungen: Altersvorsorge (3,87), Geldanlage (3,83), Baufinanzierung (3,82), Konto & Kredit (3,87). Quelle: DPA
Platz 5 – AachenDer Aachener Kaiserdom: Die Sparkasse der Stadt an der Grenze zu Belgien überzeugt viele Kunden. Die Gesamtbewertung liegt bei 3,72 Punkten. Besonders mit der Geldanlage scheinen die Bewertenden bei WhoFinance zufrieden: Altersvorsorge (3,89), Geldanlage (3,95), Baufinanzierung (3,80), Konto & Kredit (3,86). Quelle: DPA
Platz 4 – BW BankDie Baden-Württembergische Bank erreicht eine Gesamtwertung von 3,77 Punkten und schrammt damit knapp am Treppchen vorbei. Die Einzelwertungen: Altersvorsorge (3,99), Geldanlage (4,00), Baufinanzierung (3,97), Konto & Kredit (3,94). Quelle: DPA

Für die Sparkassen sind die Erkenntnisse unerfreulich. Bei einem Ausfall der HSH sei „mit unmittelbaren und breiten Auswirkungen für Sparkassen in allen deutschen Verbänden und deren Kunden zu rechnen“, heißt es in dem Plan.

Das ist alles andere als ein theoretisches Szenario. Kein anderes deutsches Institut manövriert seit Jahren so nah am Abgrund. Während sich andere Banken nach 2008 von der Finanzkrise erholt haben, steckt die HSH in einer Dauerkrise. Sie hat vor allem Schiffe finanziert, das Geschäft der Reeder läuft unverändert schlecht, viele können ihre Kredite nicht mehr bedienen. Die maroden Darlehen hängen an der HSH wie ein tonnenschwerer Anker.

Um die Bank vor dem Untergang zu bewahren, haben die Eigentümer Hamburg und Schleswig-Holstein 2013 eine bestehende Garantie für Verluste auf bis zu zehn Milliarden Euro aufgestockt. Das rief die Wettbewerbshüter der EU-Kommission auf den Plan, die Staatshilfen genehmigen müssen.

Sparkassen schließen sich für Digital-Projekt zusammen
Sparkassen planen "Smartphone-Bank"Laut Informationen der "Süddeutschen Zeitung" planen einige große Sparkassen gemeinsam eine Art Bank für das Smartphone. Das neue Angebot soll "Yomo" heißen. Ansprechen wollen die Sparkassen mit ihrem neuen Mix bestehend aus Girokonto-App und Karte eine junge Zielgruppe unter 35 Jahren. Das Brisante: indem sich die Großsparkassen zusammenschließen gehen sie auch außerhalb ihrer Region auf Kundenfang und werfen damit das in der Sparkassenwelt hoch gehandelte Regionalprinzip über den Haufen. Quelle: dpa
Welche Sparkassen sich zusammentunFür das neue Fintech-Projekt der Sparkassen wollen sich vor allem große, städtische Sparkassen zusammentun. Dazu gehören laut SZ neben der Hamburger Sparkasse die Institute aus Berlin, München, Köln und Bremen. Auch die Sparkassen Köln-Bonn, Esslingen-Nürtingen und Paderborn-Detmold sollen bei Projekt "Yomo" dabei sein. Yomo wäre nicht der erste Fall, bei dem sich kommunale Institute nicht an das Regionalprinzip halten. Quelle: dpa/dpaweb
1822direktDie 1822direkt ist ein Tochterunternehmen der Frankfurter Sparkasse und vertreibt deren Direktbankleistungen. Auch wenn die Kundenkonten bei der Frankfurter Sparkasse angesiedelt sind, können sie deutschlandweit in Anspruch genommen werden. Gleichfalls profitieren Kunden auch vom großen Filialnetz der Sparkassen, da sie an allen Sparkassen-Geldautomaten kostenlos Bargeld abheben können. Quelle: dpa/dpaweb
Geteiltes GebietInsbesondere in und um Hamburg gilt das Regionalprinzip nicht so streng, wie in weiten Teilen des restlichen Bundesgebiets. Während die Sparkassen Stormarn und Holstein mittlerweile einige Filialen in Hamburg eröffnet haben, ist auch die Hamburger Sparkasse (Haspa) im Umland vertreten. Die Haspa muss sich als freie Sparkasse nicht an das Regionalprinzip halten, gleichzeitig gibt es in Hamburg kein Sparkassengesetz, welches andere Sparkassen vergraulen könnte. Die Satzung erlaubt daher Instituten wie der Sparkasse Holstein, in angrenzenden Hamburger Stadtgebieten Filialen zu eröffnen. Quelle: dpa
Landesbank vs. RegionalprinzipNicht immer ganz konform mit dem Regionalprinzip agieren auch die Landesbanken. Ein Beispiel ist die Deutsche Kreditbank. Die Bank ist nicht nur eine der größten Direktbanken Deutschlands, sondern gehört auch zur Landesbank Berlin (LBB). Quelle: AP
Von NRW nach BrandenburgAuch im Fall der Weberbank wird das Regionalprinzip relativ weit ausgelegt. Das Institut, welches sich vor allem um die Vermögen wohlhabender Privatkunden kümmert, war eigentlich eine selbständige Tochtergesellschaft der WestLB. 2009 wurde die Bank allerdings von der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam übernommen. Quelle: dpa/dpaweb

Das fiel ihnen schwerer als bisher bekannt. Vor allem die EZB als oberste europäische Aufsicht hatte erhebliche Zweifel an der Zukunftsfähigkeit der HSH. Unter dem von einer Nordseeinsel abgeleiteten Codenamen Mellum spielten deutsche Aufseher im Herbst 2015 deshalb die Abwicklung der Bank durch. Sie telefonierten täglich miteinander, bereiteten Sicherungsschritte und die Ausgabe einer staatlich garantierten Anleihe konkret vor.

Letztlich blieben die Pläne aber in der Schublade. Die EU-Kommission zeigte sich gnädig und winkte die Rettung durch. Damit ist das Ende der HSH nur aufgeschoben. Die Eigentümer haben nun bis Februar 2018 Zeit, um die Bank zu verkaufen. Gelingt das nicht, wird die HSH abgewickelt.

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