Investmentbanken Wie US-Banken Europa überrollen

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Heftiger Gegenwind

„Europäische Banken haben einen strukturellen Nachteil, weil es in der Euro-Zone keinen wirklich funktionierenden gemeinsamen Finanzmarkt gibt und ein großer Teil der Finanzierung über die Zentralbank stattfindet“, sagt Leonhard Fischer. Um die Jahrtausendwende war der heute 53-Jährige Deutschlands bekanntester Investmentbanker. Das ist lange her, er ist seit mehr als zehn Jahren raus aus der Branche, hat danach die Schweizer Versicherung Winterthur geführt und 2014 die Frankfurter BHF Bank übernommen, die nach einem Bieterkampf nun allerdings dem französischen Institut Oddo gehört.

Die günstigsten Konten bei bundesweiten Banken

„Die europäischen Banken müssen sich wegen der Knappheit an Kapital fokussieren, jede neue Strategie läuft auf eine Konzentration hinaus“, sagt Fischer. Für besorgniserregend hält er das nicht. „Europäische Unternehmen werden auch künftig keine Probleme haben, Exporte zu finanzieren und Kapital aufzunehmen“, meint der Banker. Allerdings sieht auch er eine Zeitenwende in seiner alten Branche: „Die amerikanischen Investmentbanken profitieren weiter von dem Oligopol auf ihrem deutlich attraktiveren Heimatmarkt. Trotz enormer Investitionen ist es keiner europäischen Bank wirklich gelungen, hier zu einer ernsthaften Konkurrenz zu werden.“

Tatsächlich haben sie Milliarden dafür ausgegeben, in den USA Fuß zu fassen. Die Credit Suisse übernahm 1990 das Institut First Boston, die Deutsche Bank kaufte 1998 Bankers Trust, Barclays schluckte die US-Insolvenzmasse von Lehman Brothers. Zwar halten die Europäer an ihrer Präsenz in den USA fest, teilweise wollen sie die fast schon trotzig weiter ausbauen, aber für die erste Liga fehlt ihnen die Kraft.

Daran sind sie teilweise selbst schuld. Ihre mittlerweile durchweg geschassten Führungskräfte wollten so weitermachen wie vor der Krise. So warteten sie etwa darauf, dass der weitgehend daniederliegende Anleihehandel wieder Fahrt aufnehmen würde. Sie warteten vergeblich. Vor allem aber haben sie den Eifer der Regulierer unterschätzt.

So digitalisieren Banken ihr Geschäftsmodell

Dass die Bankenwächter die Leine lockern, ist nicht absehbar, im Gegenteil: Vermögenswerte wie einen Kredit oder ein Wertpapier müssen die Institute nicht immer mit dem gleichen Sicherheitspuffer unterlegen. Je weniger riskant eine Position in der Bilanz ist, desto weniger Kapital muss eine Bank dafür vorhalten. Nun ziehen die Regulierer die Schrauben an. Bis 2020 dürften die so ermittelten Risikoaktiva durch ihre verschärften Vorgaben um 25 Prozent steigen, die Deutsche Bank kalkuliert mit einem Plus von 100 Milliarden Euro zu ihren aktuell knapp 400 Milliarden Euro. Das macht es für sie schwerer, die vorgegebenen Kapitalquoten zu erreichen. Sie muss Ballast abwerfen, Kosten reduzieren, Geschäfte aufgeben.

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In den kommenden vier Jahren will die Deutsche Bank ihre Vermögenswerte in der Investmentbank um 40 Milliarden Euro reduzieren. Dafür zieht sie sich aus Randaktivitäten zurück, fährt andere herunter, halbiert die Zahl der Kunden. Der Umbau hinterlässt aber auch im Kerngeschäft Spuren: Die Erträge sind überdurchschnittlich stark gefallen, in wichtigen Disziplinen und Regionen hat sie mehr Marktanteil eingebüßt als jeder Wettbewerber. Um gegenzusteuern, will die Bank nun in ausgewählten Segmenten wie dem Aktiengeschäft wieder Personal einstellen.

Dabei weht ihr der Wind heftig ins Gesicht. Der Jahresauftakt war weltweit miserabel, das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen ging im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent zurück, mit Anleihen um 13 Prozent, mit Börsengängen sogar um 75 Prozent. Gerade erst hat die Credit Suisse angekündigt, zusätzlich zu den bereits vorgesehenen 4000 nochmals 2000 Stellen abzubauen.

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