WirtschaftsWoche Online: Herr Schmidt, Sie haben 2006 die Quirin Bank ins Leben gerufen, die erste Bank in Deutschland, die ausschließlich Honorarberatung anbietet. Kommt das Konzept bei den Bankkunden an?
Karl Matthäus Schmidt: Die Kunden nehmen das Konzept sehr gut an. Im Verhältnis zu anderen Banken haben wir eine sehr hohe Weiterempfehlungsrate von über 80 Prozent. Das heißt, fast jeder, der die Honorarberatung persönlich erlebt hat, spricht positiv darüber.
Sie bemängeln immer wieder, dass das Grundvertrauen in die gesamte Bankbranche verloren gegangen ist. Warum sollte die Quirin Bank da eine Ausnahme darstellen?
Schmidt: Es ist tatsächlich so, dass Banken zunächst einmal grundsätzlich in Sippenhaft genommen werden. Klassische Werbung hilft da nicht weiter, weil die Menschen das zu Recht nicht mehr glauben. Wir wollen unsere Einzigartigkeit über unsere eigenen Kunden und deren positive Erfahrungen rüberbringen. Darüber hinaus ist es unsere Aufgabe, Anleger über die Vorteile der Honorarberatung aufzuklären. Unsere Herausforderung ist, dass viele Menschen glauben herkömmliche Bankberatung sei umsonst, Honorarberatung dagegen koste Geld. Diesem Irrglauben müssen wir entgegenwirken.
Inwiefern Irrglaube?
Eine Studie hat ergeben, dass viele die Honorarberatung ablehnen, weil sie denken, der Berater bekäme zusätzlich zum Honorar noch die Provision von den Produktherstellern. Das ist mitnichten der Fall, denn wir kehren alle Provisionen 1 zu 1 an den Anleger aus. Dieser Unterschied zwischen Provisions- und Honorarberatung ist den meisten nicht klar.
Worauf Sie beim Protokoll achten müssen
Tätigen Sie keine Geschäfte, bevor Sie nicht das Beratungsprotokoll bekommen und gelesen haben.
Wenn im Protokoll Dinge stehen, die in der Beratung nicht zur Sprache kamen, bitten Sie Ihren Berater um Änderung beziehungsweise konkretere Angaben. Gleiches gilt für Phrasen, die Sie nicht verstehen.
Wissen Sie, was Onepager sind? Oder was es mit der „Anlage von Liquiditätsüberschüssen“ auf sich hat? Wenn Sie solchen Formulierungen in Ihrem Protokoll begegnen und diese nicht verstehen, bestehen Sie auf einer schriftlichen Änderung. Wenn Sie auch bei Nachfrage kein Protokoll bekommen, oder es nicht korrekt ausgefüllt ist, sollten Sie das der Bafin oder der Verbraucherzentrale melden.
Unterschreiben Sie das Protokoll nicht – auch nicht als Empfangsbestätigung – aber überprüfen Sie, dass der Berater unterzeichnet hat.
Liegt die Skepsis vielleicht auch daran, dass Honorarberatung in Deutschland immer noch zu teuer ist? Bei der Quirin Bank kostet eine Stunde 150 Euro, das kann sich sicher nicht jeder leisten.
Schmidt: Honorarberatung ist für den Kunden deutlich günstiger als Provisionsberatung. In einer herkömmlichen Bank kassiert ja nicht nur der Vermittler die Provision für den Vertrieb des Produkts, sondern auch die Hierarchieebenen darüber verdienen kräftig mit. Auf diese Weise sind Sie schnell bei drei bis vier Prozent Kosten, beispielsweise bei einer Lebensversicherung. Bei uns ist es ungefähr die Hälfte. Trotzdem stimmt es, wir können Kunden mit einem Anlagevermögen unter 100.000 Euro noch nicht wirtschaftlich betreuen. Das liegt an den Kosten für unsere Standorte und Mitarbeiter.
Also ist Honorarberatung doch ein Luxusprodukt?
Schmidt: Nein, das sehe ich nicht so. Zwar wird der Honorarberatung immer vorgeworfen, sie tauge nicht für den Massenmarkt. Deshalb denken wir über Dienstleistungsangebote nach, mit denen wir Vermögen aller Größenordnungen bedienen können.
Und wie soll das gehen?
Schmidt: Denkbar ist, dass wir verstärkt auf digitale Angebote setzen, Beratung per Video beispielsweise.
Keine risikoreichen Investments
Ein paar zusätzliche Kunden wären ja auch sicherlich gut. Sie haben das Ziel ausgegeben, bis Ende 2014 20.000 Kunden zu gewinnen. Bisher sind es gerade einmal 8700…
Schmidt: Bei der Annahme gingen wir von einer anderen Kundenstruktur aus. Wir gingen ursprünglich davon aus, dass wir Kunden gewinnen, die um die 100.000 Euro Vermögen haben, zuletzt haben unsere Kunden im Schnitt bei der Quirin Bank um die 240.000 Euro angelegt. Das ist eine erfreuliche Entwicklung, denn wir haben die Anzahl der verwalteten Kundenvermögen dadurch mehr als verfünffacht.
Dann peilen Sie die 20.000er-Marke noch an?
Schmidt: Entscheidend ist am Ende, dass wir kontinuierlich weiter wachsen. Und dafür arbeiten wir hart.
Der Blick in die Zahlen zeigt leider auch, wie nötig das ist. Zwar haben Sie 2010 Gewinne gemacht, seitdem schreibt die Quirin Bank aber wieder rote Zahlen. Auch für 2012 haben Sie fast drei Millionen Euro Verlust angehäuft.
Schmidt: 2010 war ein sehr erfolgreiches Jahr für uns. Zuletzt haben unsere Einnahmen aufgrund der schwierigen Kapitalmärkte geschwankt, deshalb haben wir im ersten Halbjahr 2012 unser Honorarpreismodel angepasst, um eine höhere Stabilität zu erreichen. Wir arbeiten uns seitdem kontinuierlich an die schwarze Null heran und unser Ziel ist es, ab 2013 wieder schwarze Zahlen zu schreiben.
Was Verkäufer in der Finanzbranche verdienen
Die folgenden Euro-Beträge für verschiedene Produkte von Versicherungen, Banken, Bausparkassen und Fonds wurden anhand üblicher Provisionssätze und marktgängiger Anlagesummen berechnet. Die Rangliste liefert einen Anhaltspunkt über die Bedeutung der jeweiligen Provisionsart für Vermittler.
Quelle: www.monero.de, Vermittler, Finanzunternehmen, eigene Berechnungen
Sachversicherung
11,25 Euro für einen 1-Jahresvertrag in der Haftpflichtversicherung
Sachversicherung
45 Euro für einen 1-Jahresvertrag in der Hausratversicherung
Krankenzusatzversicherung
90 Euro für eine Zahnzusatzversicherung
Sachversicherung
200 Euro für einen Fünf-Jahresvertrag in der Hausratversicherung
Bausparvertrag
325 Euro für einen Vertrag mit einer Bausparsumme von 25.000 Euro
Fondsanlage
450 Euro für ein Investment mit einer Anlagesumme von 10.000 Euro
Lebensversicherung
1440 Euro für einen Vertrag mit einem Monatsbeitrag von 100 Euro, Laufzeit 30 Jahre
Immobilienfinanzierung
1500 Euro für einen Vertrag mit einer Kreditsumme von 200.000 Euro
Krankenversicherung
2100 Euro für eine PKV-Vollversicherung mit einem Monatsbeitrag von 350 Euro
Unternehmerische Beteiligungen
3000 Euro für einen geschlossenen Fonds mit einer Anlagesumme von 30.000 Euro
Sie haben das Honorarpreismodell geändert. Welche Bezahlmodelle gibt es denn bei der Quirin Bank für Ihre Berater?
Schmidt: Unsere Berater haben einen variablen Gehaltsanteil, und der ist abhängig vom Honorarvolumen, welches der Berater erwirtschaftet. Ein Berater baut sich einerseits Kunden auf, er muss sie aber auch halten und zufriedenstellen. Gleichzeitig bieten wir in der Vermögensverwaltung unseren Kunden ein Preismodell mit einer erfolgsabhängigen Komponente. Dort bezahlt der Kunde im Monat 100 Euro für die Vermögensverwaltung plus 20 Prozent auf die erwirtschaftete Rendite.
Dann besteht aber auch bei Ihnen ein Anreiz, den Kunden renditeträchtige, dafür aber riskantere Produkte zu verkaufen.
Schmidt: Das Modell bieten wir nur an, wenn Kapitalerhalt das erklärte Ziel ist. Dies realisieren wir durch eine breite Streuung des Vermögens auf unterschiedliche Anlageklassen. Somit können wir keine risikoreichen Investments tätigen und es entspricht auch nicht der Philosophie unseres Hauses.
Auch nicht, wenn der Kunde das wünscht?
Schmidt: Wenn der Kunde das wünscht, dann wählt er in der Regel die Depotberatung aus. Hier hat er die Möglichkeit, Anlageentscheidungen selbst zu treffen. Aber in diesem Bereich bieten wir das erfolgsabhängige Bezahlmodell nicht an sondern arbeiten mit einer festen Gebühr.