KfW-Hilfskredite „Der Ansturm kommt noch“

Frank Dölle erwartet erst noch den großen Ansturm auf die Hilfskredite. Quelle: dpa

Der Sparkassen-Experte Frank Dölle erklärt, welcher KfW-Kredit der sinnvollste ist, wann Unternehmen Chancen auf ein Darlehen haben – und warum Firmen oft mehr Zeit bräuchten, um das Geld zurückzuzahlen.

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WirtschaftsWoche: Herr Dölle, der Bund hat ein neues Hilfsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen aufgelegt. Sie können nach Ostern „Schnellkredite“ bis 800.000 Euro bei Ihrer Hausbank beantragen, für die die staatliche Förderbank KfW zu 100 Prozent geradesteht. So sollen mehr Firmen an ein Darlehen kommen, nur: Wer kann das Geld überhaupt erhalten?
Frank Dölle: Die Hürden sind jetzt sehr, sehr niedrig, da hatten wir anderes erwartet. Unternehmen müssen entweder 2019 oder im Schnitt der vergangenen drei Jahre Gewinn erzielt haben, zudem muss eine Firma mindestens elf Mitarbeiter haben.

Der Nachteil des neuen KfW-Programms ist, dass Unternehmen voraussichtlich drei Prozent Zinsen zahlen müssen. Bei den ersten Kredithilfen der Förderbank war es teils nur ein Prozent. Sollte ich mich nicht lieber um ein solches Darlehen bemühen?
Die höheren Zinsausgaben sind mittel- und langfristig nicht entscheidend. Ich würde den allermeisten Unternehmen raten, sich einen der Kredite mit 100 Prozent KfW-Garantie zu besorgen, wenn die Firma den Kriterien entspricht. Und wer sich ursprünglich für einen der Kredite aus dem ersten KfW-Hilfsprogramm interessiert hatte, sollte sich jetzt überlegen, ob er sich um eines der neuen Darlehen bemüht.

Das sagen Sie jetzt aber auch, weil das Ihnen als Sparkasse nützt. Schließlich sind Sie dann alle Risiken los.
Ich will gar nicht abstreiten, dass das auch für uns angenehm ist. Aber dass wir bei Krediten aus dem ersten Hilfsprogramm für 10 bis 20 Prozent des Darlehens haften, ist nicht so entscheidend. Bei den neuen Darlehen müssen wir als Bank künftig keine Risikoprüfung mehr vornehmen, sondern checken nur die formellen Kriterien, das spart noch mal Zeit. Wir hoffen deshalb, dass wir binnen 24 Stunden Geld auszahlen können, nachdem Unternehmen einen Antrag gestellt haben. Zudem haben Unternehmen bei den „Schnellkrediten“ mehr Zeit, um das Darlehen zurückzuzahlen.

Statt wie bisher fünf Jahre haben die „Schnellkredite“ jetzt eine Laufzeit von zehn Jahren. Wie entscheidend ist dieser Unterschied?
Das ist ein wesentlicher Punkt. Zu unseren Kunden zählt ein Hotelier, der braucht auf einen Schlag 800.000 oder 900.000 Euro. Jetzt müssen Sie sehen: Bei den Darlehen mit fünf Jahren Laufzeit müssen Firmen den Kredit im ersten Jahr nicht tilgen, es bleiben also nur vier Jahre Zeit, um das Geld zurückzuzahlen. Das wird bei vielen nicht funktionieren, das schnürt denen die Liquidität ab.

Vor allem weil unklar ist, wie lange die Corona-Krise dauert, oder?
Ja. Sicherer ist es in jedem Fall, die längere Laufzeit zu wählen, weil ein Unternehmen das Geld dann eher zurückzahlen kann. Für uns ist die entscheidendere Neuerung nicht die Staatsgarantie von 100 Prozent, sondern die verlängerte Laufzeit. Hätte es die Zehn-Jahres-Regel bereits bei den ersten KfW-Hilfskrediten gegeben, hätten wir schon fast allen Unternehmen helfen können. Über einen solch langen Zeitraum können die meisten das Geld zurückzahlen. Nur wer ein besonders liquiditätsstarkes Geschäft oder viel Geld auf dem Konto hat, sollte wegen der niedrigen Zinsen ein Darlehen aus dem ersten KfW-Programm wählen.

Manche Unternehmen sind zu klein oder zu groß für die „Schnellkredite“ mit 100 Prozent Staatshaftung, was sollen die machen?
Ich rate diesen Firmen, sich zuerst um die Zuschüsse zu kümmern, die die Länder vergeben.

Frank Dölle, 50, leitet bei der Stadtsparkasse Düsseldorf den Bereich mittelständische Firmenkunden. Der studierte Sparkassenbetriebswirt arbeitet seit 1989 bei dem Institut, das mit fast 12 Milliarden Euro Bilanzsumme zu den größten Sparkassen der Republik zählt. Quelle: Sparkasse Düsseldorf

Unternehmen mit maximal 10 Mitarbeitern erhalten einmalig 15.000 Euro.
Genau. Der Vorteil ist natürlich, dass die Firmen einen Zuschuss nicht zurückzahlen müssen. Wir sehen bisher auch noch nicht so viele kleinere Unternehmen, die sich um KfW-Kredite bemühen, weil sich viele vermutlich erst mal darum gekümmert haben, Geld von den Ländern zu erhalten. Wir glauben aber, dass der Ansturm hier noch kommt.

Was daran liegt, dass die Zuschüsse allein nicht reichen werden, Firmen also noch ein Darlehen brauchen. Aber: Haben kleinere Unternehmen überhaupt Chancen, einen der Hilfskredite aus dem ersten Programm zu erhalten?
Ja, aber wir müssen dann natürlich wieder prüfen, ob die Firmen gesund sind. Ein Unternehmen darf dann keine Negativkriterien aufweisen, heißt: Liegt eine Pfändung vor oder sind Lastschriften zu oft zurückgegangen, wird es schwierig. Zudem prüfen wir, ob ein mögliches Rating tatsächlich zu der Firma passt und ob es den Kredit binnen der Laufzeit von fünf Jahren zurückzahlen kann. Wir unterstellen dabei, dass der Umsatz auf das Niveau von 2019 zurückkehrt. Aber wie schon gesagt: Für einige wird es aufgrund der fünfjährigen Laufzeit knapp.

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Lange herrschte bei den KfW-Kreditanträgen für in der Coronakrise in Not geratene Unternehmen Zurückhaltung. Welche Probleme die Mittelständler mit den Kredithilfen haben und welche Risiken bestehen, lesen Sie hier.

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