Kunden entrüstet, Bank trotzdem nicht saniert So wenig bringen die Filial-Schließungen der Banken

Deutschlands Sparkassen haben allein voriges Jahr knapp 500 Filialen geschlossen Quelle: imago images

Die Postbank erhöht die Gebühren ihres Giro-Kontos. Andere Institute schließen Filialen, um zu sparen. Dabei zeigt eine Studie: Das bringt kaum etwas.

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Die Deutschen gehen immer seltener in Bankfilialen. Das legt eine Studie des Digitalverbandes Bitkom nahe. Jeder Dritte Nutzer von Online-Banking geht demnach gar nicht mehr in eine Filiale, jeder zweite nur noch ab und an. Da drei von vier Deutschen Online-Banking nutzen, sprechen wir hier von Millionen Menschen.

Die Banken haben längst reagiert. Seit Jahren schließen sie Filialen, wegen der ausbleibenden Kunden, aber vor allem, um Kosten zu sparen. So machten allein Deutschlands Sparkassen voriges Jahr 485 Filialen dicht. Und fast alle großen Geldinstitute geben auf Anfrage der WirtschaftsWoche hin an, ihr Filialnetz regelmäßig zu überprüfen.

Doch eine neue Studie der Schweizer Großbank UBS stellt nun den Sinn dieser oft erprobten Sparmaßnahme in Frage. In einer umfangreichen Studie untersuchten die Analysten jede einzelne Bankfiliale in Deutschland. Die vier Kriterien waren Wettbewerb, Erreichbarkeit, Kannibalisierung und Kaufkraft. Dabei wurde stets ein Radius von fünf Fahrminuten zugrunde gelegt – gibt es also beispielsweise innerhalb dieses Radius zwei Filialen, kannibalisieren sich diese.

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Dann rechneten die Analysten drei Szenarien durch, in denen fünf, zehn oder 15 Prozent aller Filialen geschlossen würden. Das Ergebnis: Die mögliche Einsparung läge gerade einmal bei zwei, vier oder sechs Prozent, je nach Szenario.

Wie die Banking-Experten des Blogs Finanz-Szene vorrechnen, könnten also maximal fünf Milliarden Euro eingespart werden. Das entspreche etwa dem, was die Banken wegen der Nullzinsen pro Jahr an Zinsüberschüssen einbüßen. Bestenfalls könnte also gerade einmal dieses Minus kompensiert werden.

Und selbst dieser Wert dürfte nicht erreicht werden. In den vergangenen Jahren wurden gerade einmal fünf bis sieben Prozent der Filialen geschlossen, also das Minimal-Szenario der UBS-Rechnung.

Doch die UBS-Analyse geht noch tiefer ins Detail. Auf Ebene der einzelnen Institute zeigen die Berechnungen, dass manche Banken ihr Filialnetz durchaus noch effizienter gestalten könnten, während andere weitestgehend ausoptimiert sind.

Am meisten Potenzial sehen die Analysten – wenig überraschend – bei Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken. Das hat Sinn, verfügen die doch mit jeweils etwa 13.000 Dependancen nach wie vor mit Abstand über das breiteste Filialnetz.

Kaum noch reduzierbar wäre demnach die Zahl der Filialen der Deutschen Bank. Die existierenden Filialen bekommen von den UBS-Experten Top-Werte in den Kategorien Erreichbarkeit, Kaufkraft und geringe Kannibalisierung. Gemäß den Studien-Kriterien gäbe es also keinen Grund, diese Filialen zu schließen.

Doch es gibt eine Kehrseite: Wer keine Filialen mehr schließen kann, hat automatisch einen Spar-Hebel weniger. Sollten die Nullzinsen die Banken noch stärker in Bedrängnis bringen, müssten sie also anderswo Sparpotenzial heben.

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Um zu sehen, wie das gehen kann, muss man nur einen Blick auf die zahlreichen Direktbanken werfen. Schließlich kommen die ganz ohne Filialnetz aus, das man kürzen könnte. Und das erfolgreich, zumindest nach Kundenzahlen: Nach dem Marktführer Postbank folgen mit DKB, Comdirect und ING gleich drei Direktbanken. Da die Sparkassen hier als Einzelinstitute geführt werden, folgen sie erst weiter unten.

Was also tun die Direktbanken, um die Wucht der Nullzinsen abzufedern? Zum einen haben sie wegen ihrer schlanken Struktur geringere Kosten. Zum zweiten sind bei ihnen in der Regel viele Sonderleistungen wie Überweisungen per Telefon kostenpflichtig. Bargeld gibt es oft erst ab einer Mindestsumme von 50 Euro.

Drittens versuchen die Direktbanken, ihre Kunden von Leistungen zu überzeugen, die mehr Geld einbringen als die unrentablen Girokonten. Besonders beliebt sind hier die Online-Broker, die traditionell bei jeder Transaktion Gebühren einbringen. Seit jedoch der harte Kampf um die beliebten ETFs die ersten Banken dazu bewogen hat, die Kosten stark zu senken oder gar zu streichen, sind auch hier die Margen gesunken.

Bleibt ein klassischer Hebel aller Banken: die Gebührenschraube. Vor einer Woche erst wurde bekannt, dass die Postbank die Gebühren ihres Girokontos erhöht. Auch die Deutsche Bank plant einem Bericht zufolge höhere Gebühren – bestätigen will ein Sprecher diese Gerüchte auf Anfrage der WirtschaftsWoche jedoch nicht.

Bis auf die Sparkasse Frankfurt, die ihr Jugend-Konto geringfügig teurer macht, geben jedoch alle anderen großen Institute an, keine Gebührenerhöhungen zu planen. Doch wie bei den Filialschließungen auch ist auch hier der etwas unbestimmte Tenor: „Aktuell“ gebe es keine Pläne, die Preise würden jedoch „regelmäßig überprüft“.

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