Lehman-Brothers-Insolvenz Der Moment, in dem der mächtige Dominostein kippte

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„Die Immobilie, eine der besten Geldanlagen meines Lebens“

Heike Schwerdtfeger - Korrespondentin in Frankfurt:

Noch heute denke ich bei jedem Ikea-Besuch an den Anruf eines Informanten im Juli 2008 zurück: Es war irgendwo zwischen Lampen und Gardinen an einem Notausgang, als mein Handy klingelte. An diesem Freitagmorgen wurde mir klar, wie die US-Hypothekenkrise jetzt auch beim deutschen Anleger ankommen sollte.

Ein Geldmarktfonds werde geschlossen, sagte der Informant. Die Anleger kämen nicht mehr an ihr Geld, sie könnten die Fondsanteile nicht mehr verkaufen. Was das denn jetzt für die Kurse der Geldmarktpapiere bedeute, die im Fonds steckten, fragte ich ihn etwas unkonzentriert. Er lachte verlegen und meinte, die genauen Auswirkungen kenne man auch noch nicht, und man wisse auch nicht, wie lange die Schließung dauern werde.
Viele Überraschungen und eine steile Lernkurve bot die Finanzkrise allen in Frankfurt. Was zuvor als eigentlich ungefährlicher Geldmarktfonds verkauft werden durfte, steckte in Wirklichkeit voller gefährlicher Anleihen, in denen US-Hypothekenkredite verbrieft wurden. Weil niemand mehr diese Papiere kaufen wollte, konnten die Geldmarktfonds das Anlegergeld nicht auszahlen, ein Dutzend musste deshalb schließen, zweistellige Kursverluste für Anleger waren keine Seltenheit. Fonds, die lange Performance-Hitlisten angeführt hatten, traf es besonders hart. Denn sie hatten meist neben den verbrieften Hypothekenkrediten auch noch massiv Bankanleihen im Depot.

Künftig noch stärker auf den Inhalt der Fonds und ihr Anlagekonzept zu achten, habe ich mir seither geschworen. Persönlich war Geldanlage damals nicht mein Problem, ich hatte kurz vor der Finanzkrise alle Anlagen aufgelöst und ein Eigenheim gekauft. Die gab es damals auch im Rhein-Main-Gebiet noch vergleichsweise günstig.

Im Nachhinein betrachtet war diese Immobilie eine der besten Geldanlagen meines Lebens. Mein Eigenkapital wäre in der Finanzkrise zusammengeschmolzen, die Angst um den Job und die Zukunft wäre gestiegen. Mit dem Hausverkäufer hatte ich fast Mitleid. Hoffentlich hat er das Geld nicht zu früh in Geldmarkt- oder Aktienfonds gesteckt.

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