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Libor Deutsche Bank im Manipulationsstrudel

Was wusste Anshu Jain über die mögliche Manipulation von Libor und Euribor durch Händler der Deutschen Bank? Vermutlich nicht viel. Zum ernsten Problem wird sie dennoch.

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Die Testamente der Banken
Logo von JP Morgan Chase Quelle: dpa
Bank of America Die Bank of America bleibt im öffentlichen Teil ihres Testaments ähnlich vage wie die übrigen Institute. Sie spricht unter anderem von unbestimmten Käufern (darunter „nationale, internationale und regionale Finanzinstitute“), die im Falle einer Pleite Teile der Bank übernehmen würden. Der Steuerzahler müsse nicht zur Hilfe kommen. Quelle: REUTERS
CitigroupDie Bank unter Firmenchef Vikram Pandit beteuert, im Fall einer Pleite abgewickelt werden zu können. Und zwar in einer Weise, die kein systemisches Risiko berge, die die Finanzmärkte nicht in Aufruhr bringe und keine Milliarden von den Steuerzahlern notwendig mache. Quelle: dpa
Goldman Sachs Laut dem Notfallplan würde die Investmentbank „rasch“ Geschäftsteile oder Vermögenswerte verkaufen und damit eine Liquidation vermeiden. Der Branchenprimus nutzt derweil sein Testament auch, um die ganze Übung indirekt als sinnlos zu bezeichnen. „Die Umstände, die zu einem Kollaps einer für das System wichtigen Institution führen, werden wahrscheinlich andere sein als in diesen Annahmen vorgegeben“. Quelle: REUTERS
Logo von Morgan Stanley Quelle: dpa
BarclaysDie britische Großbank kommt für das Szenario ihres Untergangs im öffentlichen Teil des Testaments mit einer halben Seite aus. Darin heißt es unter anderem, die Notfallpläne seien so ausgeklügelt, dass im Falle einer Pleite eine Katastrophe auf den Finanzmärkten nicht zu erwarten sei. Quelle: REUTERS
Deutsche BankDie Deutsche Bank deutet an, dass die US-Regulierer im Erstfall die deutsche Bankenaufsicht BaFin umgestört operieren lassen sollten. Dann sei die im Notfall zu gründende Überbrückungsbank in der Lage, die US-Firmenteile mit Liquidität zu versorgen. Quelle: dpa

Was stellen die Banken eigentlich noch alles an? Es vergeht kaum eine Woche ohne neuen Skandal. Jüngstes Beispiel: Die britische HSBC soll Drogenhändler und Terrorfinanziers bei der Geldwäsche unterstützt haben. So abenteuerlich die Vorwürfe sind, so wenig unglaubwürdig scheinen sie. Gesellt sich hier doch gleich zu gleich, trifft skrupelloses Gewinnstreben auf organisierte Gier. So abstrus solche Parallelen auch sind: Die Branche tut derzeit alles, um ihr ramponiertes Image noch weiter zu verschlechtern.

Der mit Abstand bedeutendste Skandal ist die mögliche Manipulation der Referenzzinsen Libor und Euribor. Denn hier geht es nicht nur um das Fehlverhalten einzelner, sondern um kriminelle Verbindungen zwischen mehreren Instituten. So meldet die Financial Times, dass ein Ring von Händlern aus fünf Londoner Banken den Referenzzins Euribor manipuliert haben könnte.

Das ist zugleich schockierend und logisch: Eine einzelne Bank kann diesen kaum beeinflussen. Dagegen spricht das System der Ermittlung. Die Banken, die die höchsten und niedrigsten Wertem melden, fallen aus der Wertung. Wer tricksen will, braucht Kumpane. Der Euribor ist für Deutschland ein Wert von immenser Bedeutung, anders als der Libor ist er in Deutschland Bezugsgröße für zahlreiche Produkte für Privatanleger und Kreditnehmer.

Was den Libor so wichtig macht

Rückschlag für das Führungsdoppel

An der Manipulation soll auch mindestens ein Händler der Deutschen Bank beteiligt gewesen sein. Die Folgen für das größte deutsche Institut sind weiter unklar. Reichen sie bis ins Topmanagement? Könnte der Skandal gar zur Gefahr für die neue Bankführung und dabei besonders den zur fraglichen Zeit für Investmentbanking zuständigen Co-Chef Anshu Jain werden? Für ihn und seinen Mitstreiter Jürgen Fitschen sind die Ermittlungen auf jeden Fall ein Rückschlag.

Beide sind mit dem Versprechen angetreten, das Institut aus den Negativschlagzeilen zu bringen, in die es wegen immer neuer juristischer Auseinandersetzungen regelmäßig geriet. Nach bisherigen Erkenntnissen kann ihnen jedoch allenfalls eine zu laxe Kontrolle vorgeworfen werden. Es gibt keinen Hinweis, dass Jain oder ein anderer Topmanager ähnlich wie Bob Diamond, der zurückgetretene Chef von Barclays, direkt Einfluss auf die Libor- und Euribormeldung genommen hat. Und es gibt gute Gründe zu glauben, dass es so bleibt.

Die Deutsche Bank war Ende 2008 zwar auch in der Krise, Investoren misstrauten ihr aber nicht so stark wie dem britischen Konkurrenten. Und dass eine ganze Bank ihre Handelsstrategie auf einem manipulierten Libor aufbaut, ist so gut wie unmöglich. Letztlich gleichen sich die Forderungen mit Libor-Grundlage in den Büchern aus.

Das ist aber nur eine teilweise Entlastung. Sollte die derzeit laufende Sonderprüfung der Bafin schwere Organisationsmängel zu Tage führen, träfen die Jain direkt. Hinweise darauf, dass der Libor nicht ganz ordnungsgemäß lief, gab es schon seit Jahren. Ob sich dadurch etwas an den internen Kontrollen in der Bank geändert hat, wird erst die Prüfung zeigen. Bis dahin bleibt der Bank nichts anderes übrig als sich kooperativ zu zeigen. Und auf ein gutes Ende zu hoffen.

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