Libor-Skandal Banken drohen horrende Strafen

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Wenig Finanzierungsschwierigkeiten

Die Forderungen der deutschen Banken und Versicherungen in Spanien
HSH Nordbank: Die HSH Nordbank ist per Stichtag 31. März mit insgesamt 176 Millionen Euro in spanischen Staatspapieren engagiert. Das umfasst laut Bank klassische Staatsanleihen ebenso wie staatlich abgesicherte Kredite an staatsnahe Betriebe. Quelle: dapd
WESTLB: Die Engagements der WestLB in Spanien (Staatsanleihen) liegen bei 727 Millionen Euro, bei der Ersten Abwicklungsanstalt EAA in Düsseldorf sind es für den gesamten öffentlichen Bereich (public finance, also Staat, Gebietskörperschaften, Kommunen) 1,18 Milliarden Euro. Quelle: dpa
NORDLB: Die Norddeutsche Landesbank war zum Ende des ersten Quartals (31. März) noch mit 499 Millionen Euro in Spanien engagiert. Details sollen voraussichtlich bei der Vorstellung der Geschäftszahlen am Donnerstag bekanntgegeben werden. Quelle: dpa
BAYERNLB: Die Bayerische Landesbank hat keine spanischen Staatsanleihen in den Büchern. Allerdings summieren sich dem Geschäftsbericht 2011 zufolge die nach Spanien insgesamt vergebenen Kredite auf knapp 5,8 Milliarden Euro. Quelle: dpa
MUNICH RE: Der weltgrößte Rückversicherer ist laut Quartalsbericht in dem Land mit rund 1,4 Milliarden Euro in Staatspapieren engagiert. Weitere 4,6 Milliarden Euro stecken in Pfandbriefen. Bei spanischen Banken ist der weltgrößte Rückversicherer nur mit 14 Millionen Euro engagiert. Zur Höhe der Beteiligung etwa an spanischen Unternehmensanleihen, macht die MunichRe keine Angaben. Quelle: dpa
ALLIANZ: Die Allianz hatte zum Ende des ersten Quartals spanische Staatsanleihen im Wert von rund 4,3 Milliarden Euro in den Büchern stehen. Quelle: dpa
HRE: Die verstaatlichte Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) hält keine spanischen Staatspapiere, aber Papiere etwa von Kommunen oder staatsnahen Unternehmen im Wert von rund 4,5 Milliarden Euro. Dazu kommen 600 Millionen Euro für die Finanzierung gewerblicher Immobilien. Quelle: dapd

Der Libor gilt tatsächlich als wichtigstes Signal für die Verfassung eines Instituts. Während der Referenzzins einigermaßen konstant blieb, schossen gleichzeitig die Prämien für Kreditausfallversicherungen (sogenannte CDS) für Forderungen gegen Banken in die Höhe. Die beziehen sich jedoch auf langfristige Forderungen und sind deshalb ein weniger wichtiges Signal. Dennoch halten Experten auch eine andere Erklärung für denkbar: Hätte die Mehrzahl der Banken zugeben müssen, dass sie gar kein Geld mehr bekommt, und die Notierung des Libor deshalb aussetzen müssen, hätte dies zu einer Verschärfung der Krise mit unabsehbaren Folgen geführt. Vor diesem Hintergrund dürfte die Aufsichtsbehörde daran interessiert gewesen sein, überhaupt einen Libor zustande zu bekommen.

Insider sehen hier auch ein Argument dafür, dass die Deutsche Bank und ihr neuer Co-Chef Anshu Jain nicht in ähnlichem Umfang wie Barclays in den Skandal verwickelt sein dürfte. Denn die Frankfurter Großbank hatte auch auf dem Höhepunkt der Krise wenig Finanzierungsschwierigkeiten. Gleichwohl hat das Institut zwei Händler suspendiert. Sie und ihre Kollegen in anderen Instituten könnten sich an der Manipulation direkt bereichert haben. „Wenn man weiß, wie hoch ein bestimmter Zins ausfällt, hat man immer einen Vorteil“, sagt ein Banker.

Ausrichtung auf Libor unwahrscheinlich

Profitabel wäre ein niedrigerer Libor etwa bei Geschäften, in denen die Bank selbst Geld zum Festzins erhält und dafür eine Leistung auf Libor-Basis erbringt. Händler könnten auch auf die Differenz zum Euribor gewettet haben. Weitere Vorteile sind bei Gegengeschäften denkbar, sogenannten Swaps. Dass eine Bank jedoch ihre Handelsstrategie komplett auf den Libor ausrichtet, ist kaum vorstellbar. Denn die Positionen gleichen sich innerhalb eines Instituts im Wesentlichen aus. Wahrscheinlicher ist es, dass einzelne Händler profitiert und ihre Boni nach oben getrieben haben.

Die juristische Aufarbeitung der Affäre wird schwierig. So ist völlig unklar, wie sie Banken trifft, die zwar nicht an der Entstehung des Libor beteiligt waren, auf dieser Basis aber untereinander Geschäfte abgeschlossen haben. „Müssen wir jetzt zahlen, obwohl wir nicht manipuliert haben“, fragt der verantwortliche Manager eines deutschen Geldhauses.

Die größten Profiteure von Fusionen
Platz 10: Leonardo & Co. (1,9 Milliarden US-Dollar)500 Meter vom Mailänder Scala-Theater liegt das Büro der Leonardo-Bank. In Mailand wurde das Kreditinstitut 1999 gegründet, heute ist sie in Deutschland die zehntgrößte Bank bei Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M&A) – zumindest gilt das für das erste Quartal 2012. Für diese Zeit ermittelte Thomson Reuters die führenden Geldhäuser bei Transaktionen. Dabei geht der Medienkonzern nach der Höhe des Transaktionsvolumens, das die Banken verschoben. Bei der Leonardo-Bank waren es im ersten Jahresviertel etwa 1,9 Milliarden US-Dollar in Deutschland. Im Vorjahreszeitraum landete die italienische Bank noch auf Platz 43 der Rangliste. Quelle: AP
Platz 9: Goldman Sachs (2,1 Milliarden US-Dollar)Das New Yorker Bankhaus Goldman Sachs landete mit seinen 2,1 Milliarden US-Dollar an betreutem Transaktionsvolumen auf Platz 9. Damit rutschte die Bank im Ranking zwei Plätze nach unten. Gemessen an den Aktienemissionen belegt Goldman Sachs laut Thomson Reuters in Deutschland jedoch Platz 1. Im ersten Quartal gab das Geldinstitut Aktienpakete im Wert von 1,4 Milliarden US-Dollar heraus. Quelle: REUTERS
Platz 8: Macquarie (3,5 Milliarden US-Dollar)Auch die Australier legten beim M&A-Ranking kräftig zu. Belegte die Investmentbank Macquarie im Vorjahreszeitraum noch Platz 43, hat sie sich im ersten Quartal auf Platz 8 vorgekämpft – mit einem Transaktionsvolumen von 3,5 Milliarden US-Dollar. Quelle: REUTERS
Platz 7: Lazard (3,5 Milliarden US-Dollar)Bruce Wasserstein, Vorstandsvorsitzender der New Yorker Investmentbank Lazard, hat wenig Grund, sich zu freuen. Sein Bankhaus belegte im Vorjahreszeitraum noch Platz 5. Mit einem Transaktionsvolumen von 3,5 Milliarden US-Dollar. Quelle: REUTERS
Platz 6: Citi (3,5 Milliarden US-Dollar)Die Citi Group hat sich vom elften auf den sechsten vorgekämpft. Sie begleitete im ersten Quartal 2012 Fusionen und Übernahmen im Wert von 3,5 Milliarden US-Dollar. Außerdem gab sie 217 Millionen Dollar an Aktien, sowie 5,5 Milliarden an Anleihen heraus. Quelle: dapd
Platz 5: Nordea (3,5 Milliarden US-Dollar)Das Kreditinstitut von Christian Clausen (Foto), Vorstandsvorsitzender der schwedischen Nordea-Bank, feiert Premiere in der Thomson-Reuters-Studie – und das gleich auf Platz 5. Die skandinavische Bank begleitete, wie die Häuser auf den drei vorherigen Plätzen auch, Übernahmen und Fusionen im Wert von 3,5 Milliarden Dollar. Quelle: REUTERS
Platz 4: JP Morgan Chase & Co. (4,3 Milliarden US-Dollar)4,3 Milliarden Dollar an Transaktionen betreute das New Yorker Bankhaus JP Morgan Chase im ersten Quartal. Damit kann sie aber nicht an ihre Form des ersten Quartals des Vorjahres anknüpfen. belegte sie damals noch den zweiten Platz, reicht es diesmal nur für Platz 4. Allerdings glänzt sie bei den Investment-Banking-Gebühren. Mit 57 Millionen Dollar nahm sie laut Thomson Reuters so viel wie keine andere Bank in Deutschland ein – und stieß damit die Deutsche Bank vom Thron. Quelle: AP

Nur Spekulation

Solange nicht feststeht, ob und um wie viele Prozentpunkte die Großbanken den Libor manipuliert haben, lässt sich auch über konkrete Schäden für Anleger nur spekulieren. „Ohne die Höhe des Schadens zu beziffern, kann man nicht klagen“, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Den Schaden müssten Kläger wohl für jeden Tag der Manipulation einzeln ausrechnen. Und da bei der Meldung die höchsten und niedrigsten Angaben gestrichen werden, dürften jeden Tag andere Banken beigetragen haben.

Bei der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger haben vereinzelt Anleger Rat gesucht. Ein interner Anwalt verschafft sich einen Überblick, inwieweit eine Klage überhaupt Sinn ergibt. Die DSW beobachtet, was in den USA passiert. „Für betroffene Anleger werden die Ermittlungsergebnisse, die sich im Rahmen von aufsichtsrechtlichen und strafrechtlichen Verfahren ergeben, entscheidend sein“, sagt Tüngler.

Für Anleger besteht ohnehin kein Grund zur Eile: Von Kenntnis des Schadens an haben sie drei Jahre Zeit, Klage einzureichen.

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