Manfred Knof wird neuer Chef Staatsversagen Commerzbank

Der neue Commerzbank-Chef Manfred Knof gilt in der Branche nicht unbedingt als Sympathieträger. Quelle: dpa

Das Führungschaos bei der Commerzbank endet: Am Samstagabend hat der Aufsichtsrat den Deutsche-Bank-Manager Manfred Knof zum neuen Chef gekürt. Das ist gut so – kommt aber dramatisch zu spät.

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Ob es vorstellbar sei, dass Manfred Knof der neue Commerzbank-Chef wird? Es ist erst wenige Wochen her, dass hochrangige Deutschbanker den Kopf schüttelten, wenn man ihnen diese Frage stellte. Dass der Privatkundenchef Deutschland ihres eigenen Hauses zum ewigen Konkurrenten mit dem gelben Logo wechseln könnte, hielten sie für völlig abwegig, dafür stehe die Commerzbank viel zu grottig da – und außerdem sei Knof bei der Deutschen Bank doch glücklich.

Die Anekdote illustriert nicht nur das wiedererwachte, oftmals überbordende Selbstbewusstsein der Deutschen Bank, die sich unter ihrem Chef Christian Sewing ganz, ganz langsam wieder berappelt – es war auch eine Fehleinschätzung.

Am Samstagabend hat der Aufsichtsrat der Commerzbank Manfred Knof zum neuen Vorstandsvorsitzenden von Deutschlands zweitgrößter Privatbank gekürt. Er folgt zum 1. Januar 2021 auf Martin Zielke, der vor wenigen Monaten seinen Rücktritt erklärt hatte, nachdem ein Streit mit dem US-Großinvestor Cerberus eskaliert war. Der Fonds hatte Zielke – in Zusammenarbeit mit dem Bund als wichtigstem Commerzbank-Aktionär – aus dem Amt gedrängt. Zeitgleich mit Zielke hatte deshalb auch der Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann seinen Rücktritt angekündigt.

Knofs Wechsel ist sicherlich überraschend, weil er erst im vergangenen Jahr zur Deutschen Bank gekommen war. Aber es war auch keineswegs ausgeschlossen, die WirtschaftsWoche hatte in der vergangenen Woche berichtet, dass Knofs Name in Finanzkreisen kursiert. Für die Commerzbank ist es in jedem Fall gut, dass der Chef bald Manfred Knof heißt. Die Frage ist nur, was er noch bewirken kann.

Die Commerzbank hat einen neuen Aufsichtsratschef. Die Wahl ist eine Machtdemonstration des Bundes – der sich jetzt zum Wohle der Bürger zum härtesten Bankensanierer des Landes aufschwingen muss.
von Lukas Zdrzalek

Knof gilt nicht unbedingt als Sympathieträger, aber diese Qualität muss der neue Vorstandsvorsitzende auch nicht mitbringen. Vielmehr wird Knofs Aufgabe – gemeinsam mit dem Anfang August angetretenen neuen Aufsichtsratschef Hans-Jörg Vetter – darin bestehen, die Bank zu sanieren.

Das ist dringend notwendig, die Commerzbank schlägt sich seit ihrer Staatsrettung in der Finanzkrise so durch, die Gewinne – wenn es denn welche gibt – sind mau, die Aktie mit vier Euro nicht mal mehr so viel wert wie eine Zigarettenschachtel. Knofs Vorgänger Martin Zielke hatte sich mit einer Strategie verrannt, auf massives Kundenwachstum zu setzen und an der Zahl von 1000 Filialen festzuhalten.

Zudem galt Zielke bei Kostensenkungen als zu umambitioniert – ein Problem. Angesichts mauer Erträge durch die immer belastenderen Niedrigzinsen sind fallende Ausgaben für Banken beinahe der einzige Weg, profitabler und damit überlebensfähiger zu werden. Ergo war Zielkes Ziel einer Eigenkapitalrendite – der Goldstandard der Finanzbranche, um die Profitabilität zu beurteilen – von vier Prozent für die Investoren zu mickrig. Zuletzt wurde immer häufiger die Frage diskutiert, ob die Commerzbank eigenständig bleiben kann – oder ob sie zum Überleben nicht fusionieren muss. In Frankfurter Kreisen stellt man längst gar die Frage, ob es die Commerzbank überhaupt noch braucht.

Um eigenständig zu bleiben, müssen jetzt, darin sind sich Beobachter einig, vor allem die Kosten runter, was aller Wahrscheinlichkeit nach bedeutet, dass viele tausend Mitarbeiter ihren Job verlieren. Knof dürfte dafür der richtige Mann sein: Bevor er zur Deutschen Bank kam, wirkte er beim Versicherer Allianz und hatte sich den Ruf erworben, ein Spezialist für komplizierte Fälle zu sein – und gerne mal durchzuregieren. Zwar geriet sein Start bei der Deutschen Bank holprig. Bereits nach kurzer Zeit drang via Nachrichtenagentur Bloomberg nach draußen, er sei tief frustriert – und überlege sogar, den Job zu wechseln.

Allerdings gelangen ihm dann in seiner kurzen Amtszeit zumindest erste Erfolge. So lief die Integration der Deutsche-Bank-Privatkundentochter in den Mutterkonzern erstaunlich reibungslos – und obendrein gab er sich besonders fleißig. Die aufwendige IT-Eingliederung der Postbank in die Deutsche Bank etwa zog er mal eben ein Jahr vor. Die Frage ist nur, ob Knof noch genug Zeit hat, um die Commerzbank wieder in die Spur zu bringen – oder ob eine Fusion nicht unausweichlich ist. Die Coronakrise führt bei allen Banken zu steigenden Kreditausfällen, weil mehr Unternehmen und Privatkunden pleitegehen. Und sie trifft jene Institute wie die Commerzbank besonders, denen es schon vor der Epidemie miserabel ging.

Die Schuldigen für die Commerzbank-Misere sitzen nicht nur in Frankfurt, sondern auch im Berliner Regierungsviertel. Die Bundesregierung hält mehr als 15 Prozent der Commerzbank-Aktien und hat ein Jahrzehnt nur zugeschaut, wie sich das Institut durchwurschelt – mit dem Ergebnis, dass sich an der Lage nichts geändert hat und diese unverändert schlecht ist. Erst im Frühjahr dieses Jahr hat Berlin durchgegriffen, als der Bund half, Martin Zielke als Chef abzuservieren. Dabei hätte es einen wie Knof viel eher gebraucht. Sollte die Commerzbank bald in eine Notlage geraten und ein Zusammenschluss verbunden mit einem noch viel stärkeren Personalabbau notwendig werden, trüge Knof dafür wohl kaum Verantwortung. Vielmehr wäre das auch Ausdruck eines Staatsversagens und bewussten Wegschauens der Bundesregierung. Die Causa Commerzbank zeigt eindrucksvoll, dass der Staat keineswegs der bessere Eigentümer ist.

Knof kann nur noch retten, was zu retten ist – möge es möglichst viel sein.

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